Nadelstiche
der ganzen Aufregung vergessen, dir zu sagen. Anscheinend ist Freak bei Straßenkriminellen ein ziemlich beliebter Name. Die hatten drei in der Datenbank. Der eine war schwarz, und wir wissen ja, dass unser Mann weiß ist. Einer sitzt derzeit im Knast. Und einer hat bis vor Kurzem in Haft gesessen, weil er in Paterson Hundekämpfe veranstaltet hat.« Manny schauderte. »So ein Widerling. Die hätten ihn einsperren und den Schlüssel wegschmeißen sollen. Der könnte unser Mann sein.«
»Du wirst auf keinen Fall in den finsteren Vierteln von Paterson herumstreifen und nach Hundekämpfen suchen«, warnte Jake. »Das soll Sam machen. Und ehe er das tut, kann er noch den Brief von Pacos Computer übersetzen.«
»Sam spricht Spanisch?«
»Fließend. Hat er im Dschungel von Guatemala gelernt.«
»Was hat er denn da gemacht?«
Jake zuckte die Achseln. »Was du nicht weißt, macht dich nicht heiß.«
Für den Bruchteil einer Sekunde erging Manny sich in der Fantasie, dass Sam undercover für die CIA tätig war. »Hat er nicht heute Nacht hier geschlafen? Ich geh ihn wecken.«
»Nicht nötig, meine Liebe.« Sam kam ihn die Küche, gefolgt von Mycroft, der seine Leine hinter sich herschleifte. »Ich habe geträumt, ich würde von einer umwerfenden Rothaarigen wachgeküsst. Dann hab ich gemerkt, dass es kein Traum war, nur Mycroft mit einer randvollen Blase.«
»Danke, dass du mit ihm Gassi warst, Sam.« Manny musterte ihn prüfend. »Du bist doch hier in der Gegend geblieben, oder?«
»Klar, wieso?«
Manny wandte sich an Jake. »Das letzte Mal, als dein Bruder mit Mycroft spazieren war, hat er ihn als Kuppler missbraucht. Er ist mit ihm auf die 54. und hat vor dem Manolo-Blahnik-Laden gut betuchte Damen angebaggert. Aber ich weiß schon, wie er diese kleine Taktlosigkeit wiedergutmachen kann.«
Manny klopfte auffordernd auf den Stuhl neben sich, damit Sam sich setzte. »Ich hab für dich einen Übersetzungsjob. Jake, meine Handtasche, bitte.«
Jake wuchtete die große Fendi-Lederhandtasche von der Stelle neben der Tür, wo Manny sie am Vorabend fallen gelassen hatte. »Meine Güte, was ist denn da drin? Eine Bleiweste, falls du mal in die Nähe von Plutonium kommst?«
»Nur das Allernotwendigste.« Manny zog den Reiß verschluss auf und begann, nach den Seiten zu stöbern, die sie auf Pacos Computer ausgedruckt hatte. Die Tasche verfügte über etliche Fächer, aber sie war sicher, dass sie den Brief auf dem Weg aus der Wohnung der Sandovals hastig in das Hauptfach gestopft hatte. Im Verlauf des Tages musste er sich bis auf den Grund der Tasche gearbeitet haben. Aus den ledernen Tiefen tauchten ihr BlackBerry und ihr Portemonnaie auf, Schlüssel und Scheckbuch. Nachdem die größten Hindernisse aus dem Weg geräumt waren, spähte sie hinein. Da schimmerte etwas Weißes! Manny zog daran. Eine Quittung für die Chrome-Hearts-Sonnenbrille, die sie vor zwei Monaten erstanden hatte.
Jake beäugte die Summe. »Das Komma ist doch bestimmt an der falschen Stelle?«
»Ich bin zu gesetzestreu, um billige Imitationen zu kaufen.« Manny wühlte weiter. »Oh, Mist – ich hab vergessen, die Geburtstagskarte für Tante Joan abzuschicken.«
Jake schüttelte den Kopf, während er seinem Bruder Kaffee eingoss. »Mach dir doch schon mal ein paar Rühreier. Das kann noch ein Weilchen dauern.«
»Er muss im Seitenfach sein«, sagte Manny. Prompt erschienen ihr Schminktäschchen, die letzte Ausgabe der Vogue, eine Tüte mit getrockneten Aprikosen und eine Haarbürste von der Größe eines Tischtennisschlägers.
»Getrocknete Aprikosen?«, fragte Sam.
»Wenn schon was für zwischendurch, dann soll es wenigstens gesund sein. Die strotzen vor Antioxidantien.«
»Außerdem sind sie noch ungeöffnet.«
»Ha! Da ist er.« Manny grinste erleichtert, als sie ein weißes Blatt Papier auseinanderfaltete. Dann erstarb ihr Lächeln, als sie vorlas: »Bergdorf Goodman lädt Sie herzlichst zu einer Präsentation von Barry Kieselstein-Cord ein.«
»Das ist doch lächerlich. Er muss da drin sein.« Manny öffnete jeden Reißverschluss und jede Schnalle an der großen Tasche, drehte sie um und schüttelte. Sam griff hastig nach seiner Kaffeetasse, um sie vor der Kaskade zu schützen, die sich daraus ergoss.
Als sich der Staub gelegt hatte, betrachteten die beiden Männer den Küchentisch mit der Ehrfurcht von Archäologen, die ein frisch entdecktes Pharaonengrab betreten.
»Ein Steckschlüssel?«
»Ein Lacrosse-Ball?«
»Ich musste die
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