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Nadelstiche

Nadelstiche

Titel: Nadelstiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baden & Kenney
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Pass auf, dass du nicht die Fakten verdrehst, damit sie in deine Theorie passen.«
    Jake trank den letzten Schluck einer Cola, die ihn davon abhielt, an seinem Schreibtisch einzuschlafen, dann quetschte er die Dose zusammen und warf sie in den Mülleimer. Er hatte schon etliche Wissenschaftler und jede Menge Polizisten erlebt, die sich in eine Theorie verrannt hatten und mit aller Macht versuchten, Beweise passend zurechtzustutzen. Machte er das auch gerade?, fragte er sich. Wieder fing er an, das Material durchzugehen, immer auf der Suche nach dem einen Hinweis, durch den sich alles andere nahtlos zusammenfügen würde. Bleib unvoreingenommen, lass die Fakten sprechen.
    »Opfer eins, zwei und drei und möglicherweise Opfer vier waren Kinder der Desaparecidos.« Dessen war Jake sich mittlerweile sicher. Er hatte noch einmal mit drei der ersten Opfer gesprochen. Nummer zwei und drei hatten bestätigt, dass sie adoptiert waren. Beide wussten nach eigenen Angaben nichts über ihre leiblichen Eltern und hatten auch nie versucht, Kontakt zu ihnen aufzunehmen. Sie gingen davon aus, dass ihre Geburtseltern Amerikaner waren, konnten es aber nicht mit Sicherheit sagen.
    Opfer Nummer eins, Lucinda Bettis, hatte wieder anders als die übrigen reagiert; sie hatte Jakes Frage, ob sie adoptiert sei, mit einem lauten »Nein!« beantwortet und den Hörer aufgeknallt. Für ihn hieß das so viel wie Ja. Und diese Entdeckung, dass nämlich mindestens drei der vier ersten Opfer die Gemeinsamkeit der Adoption aufwiesen, hatte Vito bewogen, sich erneut, wenn auch widerstrebend, mit Jake auf eine Diskussion des Falles einzulassen.
    Jake stand auf und machte Notizen in einer Ecke der Tafel, während er sprach. »Fiore, Hogaarth, Fortes und Slade können aufgrund ihres Alters keine Kinder von Desaparecidos sein. Die ersten drei sind zu alt, Deanie Slade ist zu jung. Aber drei von ihnen haben Verbindungen nach Argentinien.«
    Pasquarellis einzige Reaktion war, die Lippen zu einer dünnen Linie zusammenzupressen. Er war nicht bereit, den Sprung von den Adoptionen nach Argentinien mitzumachen, weil er sich innerlich noch nicht ganz von den islamischen Terroristen verabschiedet hatte.
    »Der Vampir nimmt ihnen allen Blut ab, foltert aber nur die letzten drei und tötet nur Hogaarth und Fortes«, sagte Jake. »Warum?«
    »Weil er ein irrer Scheißterrorist ist!«, schrie Pasquarelli. »Warum schnallen die sich Bomben um und sprengen sich in Bussen voll mit arglosen Menschen in die Luft? Die sind irre!«
    Jake schüttelte den Kopf. »Das ist kein Irrer. Die Eskalation der Gewalt könnte ein Anzeichen wachsender psychischer Instabilität sein, aber als er mit der Serie von Überfällen begann, verfolgte er damit eine ganz bestimmte Absicht, da bin ich sicher.«
    Der gequälte Ausdruck kehrte auf Pasquarellis Gesicht zurück, als wollte er ein launisches Kind beruhigen. »Nämlich …«
    Jake unterbrach seine Notizen auf der Tafel und kaute auf dem Endstück seines Filzmarkers. »Identifizierung. Er will die Kinder der Desaparecidos ihren Herkunftsfamilien zuordnen können.«
    »Gerade hast du gesagt, die letzten vier Opfer waren keine Des- Des- Des … perados. Warum hat er ihnen dann Blut abgezapft?«
    »Die Frage hab ich mir auch schon zigmal gestellt. Das ist die Unstimmigkeit, die ich mir nicht erklären kann. Trotzdem bleibt Identifizierung die wahrscheinlichste Erklärung«, sagte Jake.
    »Moment mal«, wandte Vito ein. »Warum macht er sich die ganze Mühe, betäubt sie und nimmt ihnen Blut ab, wenn er bloß beweisen will, dass sie mit irgendwem verwandt sind? Er hätte doch auch einfach bei ihnen einbrechen und eine Haarbürste oder Zahnbürste klauen können. Oder er hätte sie beschatten können, bis sie irgendwann einen Starbucks-Becher in den Müll schmeißen, und den dann rausfischen. Das wäre doch viel leichter, um sich ein bisschen DNS zu verschaffen.«
    »Du hast recht«, sagte Jake. »Aber vergiss nicht, DNS-Analysen sind erst seit 1989 gebräuchlich. Davor wurden Vaterschaftstests anhand von Blutgruppenfaktoren gemacht. Das war natürlich nicht hundertprozentig sicher, aber es war die beste verfügbare Methode. Unmittelbar bevor ich dich angerufen hab, bin ich in dem ganzen Material, das ich über den Schmutzigen Krieg gesammelt hab, auf das hier gestoßen. Sieh mal.«
    Jake warf Vito einen Zeitschriftenartikel in den Schoß. Die Augen des Detectives wurden glasig, als er die eng gedruckten Spalten überflog. »Fass mir das

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