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Nadelstiche

Nadelstiche

Titel: Nadelstiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baden & Kenney
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seiner Geschichte zur Polizei gehen musste? Denn so verlockend diese neuen Informationen auch waren, sie würden die Ermittlungen im Vampir-Fall nicht voranbringen, solange Manny die einzige Person war, die davon wusste. Klar, sie könnte damit zu Pasquarelli gehen, und er würde ihr höchstwahrscheinlich glauben, schon aufgrund seiner Freundschaft zu Jake. Aber wie sollte er dann weiter vorgehen?
    Es gab Fälle, in denen die diplomatische Immunität aufgehoben werden konnte, in denen die Polizei einen Diplomaten zwingen konnte, im Rahmen einer Ermittlung mit ihr zu kooperieren, aber ein Hörensagen-Beweis, den die Verteidigerin eines geflohenen Terrorverdächtigen lieferte, zählte nicht dazu. Nicht mal annähernd. Wenn Pasquarelli mit diesen Informationen etwas anfangen wollte, dann musste er sie aus dem Mund von Paco hören.

39
    Manny spielte, ohne mit der Wimper zu zucken, die Schuldgefühl-Karte.
    Klar, in der hohen Kunst, anderen ein schlechtes Gewissen zu machen, waren jüdische Mütter unübertroffen, aber auch italienische Mütter verstanden sich bestens darauf, und Manny war bei einer Meisterin in die Schule gegangen.
    »Muss ich dich daran erinnern, dass dein Freund wegen deines Verhaltens jetzt in den Händen eines vielfachen Mörders und Folterers ist?«
    Jetzt wurde Paco bockig, genau wie sie es jedes Mal wurde, wenn ihre Mutter ihr wieder mit dem alten Spruch kam, »Nach allem, was ich für dich getan habe, kannst du mir nicht mal diesen kleinen Gefallen tun?«
    »Travis hat gesagt, ich soll nichts sagen«, widersprach er.
    »Er hat Todesangst, Paco!«, rief Manny ihm in Erinnerung. »Und jetzt wird er von Leuten gefangen gehalten, die skrupellos getötet und gefoltert haben. Natürlich sagt er da alles, was die ihm in den Mund legen.«
    Sie ergriff Pacos Hände und sprach langsam und nachdrücklich, wie mit einem Kind. »Das geht schon viel zu lange. Du musst endlich das Richtige tun. Komm jetzt mit mir und sprich mit Detective Pasquarelli. Er ist ein guter Mann. Er kann dir helfen.«
    Paco riss seine Hände frei. »So einfach ist das nicht! Die können nicht mit mir und meinem Vater reden, ohne dass meine Mutter alles erfährt. Seit der Sache mit der Bombe ist sie ein Nervenwrack. Sie möchte mich am liebsten gar nicht mehr aus dem Haus lassen. Überhaupt« – er sah auf seine Armbanduhr – »jetzt komm ich zu spät nach Hause. Sie wird mich bald anrufen.«
    Manny gab sich redlich Mühe, nicht die Augen zu verdrehen. Sie vermutete, dass Mrs Sandoval um einiges belastbarer war, als ihr Sohn ihr zutraute. »Paco, deine Mutter wird das alles früher oder später ohnehin erfahren. Die Adoption wirft kein schlechtes Licht auf sie. Im Gegenteil, sie hat Esteban wunderbar großgezogen. Ein Arzt, noch dazu einer, der sich freiwillig engagiert – sie muss sehr stolz auf ihn sein.« Manny zog jetzt alle Register. »Jetzt mach du sie auch stolz auf dich. Du weißt, sie würde niemals wollen, dass noch mehr Menschen etwas zustößt. Komm mit, sprich mit der Polizei und mach diesen Überfällen ein Ende.«
    »Nein!«
    Und noch ehe Manny auch nur seinen Ärmel zu fassen bekam, war Paco aus der Kutsche gesprungen und verschwand zwischen den Bäumen. Manny sah ihm nach. Sie war nicht so verrückt, ihm zu folgen, nicht in Stöckelschuhen und mit einem Pudel an der Leine.
    Kurz darauf lenkte der Kutscher sein Gefährt aus dem Park und hielt am Bordstein. Er streckte Manny die offene Hand hin. »Ende der Fahrt. Vierzig Dollar, bitte.«

40
    BLUT.
    Jake hatte das Wort in Blockbuchstaben auf die Weißwandtafel in seinem Büro geschrieben, jeden Buchstaben mit rotem Marker nachgezogen, einen Kasten drum herum gemalt, Pfeile gezeichnet, die davon abgingen. Dennoch, das Wort verweigerte die Mitarbeit.
    Es war wie die »Senkrecht«-Antwort in einem Kreuzworträtsel, die genau in die dafür vorgesehenen Kästchen passte, sich aber nicht in die »Waagerecht«-Antworten einfügte.
    Er versuchte es erneut. »Hör mir einfach zu, Vito. Gib mir einen kleinen Vertrauensbonus, während ich mich durch das Beweismaterial arbeite.« Er hatte Manny den ganzen Tag nicht gesehen oder gesprochen. Sie war seine bevorzugte Zuhörerin und Ideenlieferantin, aber in ihrer Abwesenheit würde er sich mit Vito behelfen müssen.
    Vito Pasquarelli hatte sich schon halb aus dem Sessel in Jakes Büro gewuchtet, doch der flehende Tonfall in der Stimme seines Freundes ließ ihn wieder zurücksinken. »Du bist alles schon zwanzigmal durchgegangen.

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