Nächte am Nil
Eingang geschwankt. Hinter ihm tastete sich an der Felswand Lore Hollerau heran. Auch sie wußte, daß die Hubschrauber das Ende ihrer Flucht bedeuteten. So grausam die Zukunft werden würde – fast war sie froh, daß die Hetze durch Sand und Sonnenglut ein Ende hatte. Sie werden Alf nichts tun, dachte sie. Sie brauchen ihn und seine Forschungen. Ich bin eine blinde Frau, ich bin mitgeschleppt worden wie ein Wassersack oder ein Sattel. Aber Aisha werden sie verurteilen, erschießen und verscharren. Sie wird die Verliererin sein in diesem Abenteuer.
»Das ist kein Hubschrauber«, sagte Aisha vom Eingang her. »Das ist ein normales Flugzeug mit einem merkwürdigen Zeichen unter den Tragflächen und am Rumpf. Es sieht wie ein schwarzes Kreuz aus.«
»Wie ein schwarzes Kreuz?« Alf Brockmann wischte sich über das Gesicht. Staub und Schweiß bedeckten ihn. Am Tage waren auch die Höhlen heiß, und der Flugsand machte einen Umweg um sie. »So etwas gibt es ja gar nicht mehr«, sagte er schwach.
»Doch. Doch. Es ist ein Kreuz.«
Brockmann stolperte zu Aisha. Er stützte sich auf ihre Schulter, trat einen Schritt ins Freie und starrte in den Himmel.
Dieser Fieseler Storch zog wieder seine Kreise. Das Balkenkreuz der alten deutschen Luftwaffe glänzte in der Abendsonne.
»Ein deutsches Flugzeug …«, stammelte Brockmann und rang nach Luft. »Ein deutsches … aus dem letzten Krieg … ein Storch … Aisha … Aisha … die suchen uns … es sind Freunde …«
Ehe Aisha ihn festhalten konnte, war er in die Schlucht hinausgestürzt. Schwankend stand er auf den Steinen, riß sich sein Hemd vom Körper und schwenkte es hoch durch die Luft. Und dann schrie er … die ganze Qual der vergangenen Tage löste sich in einem sinnlosen Schrei und in einem noch sinnloseren Wort von ihm. Er brüllte: »Hurra! Hurra! Hurra!« und warf das Hemd in die Luft, fing es wieder auf, schwenkte es und lief taumelnd hin und her. Entsetzt, aber wie gelähmt stand Aisha am Höhleneingang und ließ ihn gewähren. Es hat keinen Sinn mehr, dachte sie. Es ist zuviel für uns alle. Wir haben uns überschätzt.
Allah schütze uns jetzt.
»Da!« brüllte Hauptmann Brahms nach einer langen Schleife und stieß mit dem Zeigefinger gegen das Glas der Kabine. »Da. In dem Einschnitt! Da winkt einer! Das ist er! Das ist er!«
»Wo landen wir?« Der Pilot zog den Storch wieder hoch und überflog den Felsenkamm. Jenseits der Schlucht, wo die Unendlichkeit begann, die drei schwache Menschen überwunden hatten, schaukelten wie zwei Hornissen zwei Hubschrauber heran.
»Mist!« sagte Brahms, als der Pilot wortlos mit dem Daumen nach vorn zeigte. »Jetzt wird es doch krachen. Junge, lande irgendwo auf freiem Feld. Wir müssen uns den Rückflug doch freischießen. Es ist zum Kotzen!« Er wandte den Kopf zu Baraf, der wie unbeteiligt in der engen Kabine hockte. »Baraf?«
»Herr?«
»Du kümmerst dich um die Gefundenen. Du rennst sofort in die Schlucht. Alles andere wird sich finden. So, und jetzt runter, mein Junge. Von mir aus lande auf den Köpfen der Ägypter.«
Der Fieseler Storch schwebte noch einmal in einem Bogen über der Schlucht. Unten in den Felsen schwenkte Alf Brockmann noch immer sein heruntergerissenes Hemd. Dann zog das Flugzeug tief über die Grate und setzte in einer riesigen Staubwolke im Sand der Wüste auf.
»O Jammer«, sagte der Pilot, als die Maschine ausrollte und sich der Staub langsam verzog. »So etwas hätten wir auf der Kampffliegerschule lernen müssen. Aber da hatten wir nur Betonpisten. Auf jeden Fall – der Kasten steht. Nur, wie wir hier wieder hoch sollen, ist mir 'n Rätsel.«
»Mir auch, mein Junge.« Brahms schob die Glaskanzel auf. An der Seite kippte die Tür der Kabine herunter. Mit einem Tigersatz sprang Baraf in den Wüstensand. Vereinzelte, ferne Schüsse empfingen ihn. Von der Seite, von den Felsen her, näherte sich eine Schützenkette von Soldaten. Oberfeldwebel Franz war der nächste, der in den Sand rollte und hinter den Flugzeugrädern in Deckung ging.
»Das erinnert mich an Marsa Matruk«, sagte Hauptmann Brahms und drückte den Sicherungsflügel der Maschinenpistole herum. »Da griffen die Tommies auch in Schützenkette an, und wir saßen in einem Erdbunker, sieben Mann hoch, und hatten seit drei Tagen nichts mehr gefressen. Bis auf dreißig Meter ließen wir sie heranmarschieren und dann …« Er wischte sich über die Augen. »Also denn, Leute – es muß sein.«
Als Brahms in den Sand fiel und
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