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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Fußsohlen an den Glassplittern auf, aber er spürte es nicht in der Aufregung. Auf der Terrasse schälte sich Lore Hollerau aus einem Gewirr von Decken und Korbmöbeln. Die Explosionswelle hatte sie umgeworfen.
    »Das ist am neuen Meßstand!« schrie Brockmann. »Da muß ein Treibsatz vorzeitig hochgegangen sein. Um Himmels willen, die ganze Abteilung II kann ja in die Luft geflogen sein.«
    Die Oase Bir Assi war ein einziges Geschrei. Von der Straße her durch die Einfahrt lief der ägyptische Forscher Faruk in den Garten und rannte um das Schwimmbecken auf Brockmanns Haus zu.
    »Sabotage!« brüllte er, als er Alf am Fenster stehen sah. »Kommen Sie sofort!« Er blieb mit röchelndem Atem stehen und hielt die Hand auf das hämmernde Herz gepreßt. »Labor III hat man in die Luft gejagt. Alles ist hin! Das Feuer greift über auf die Sprengkammern mit dem Treibstoff. Wenn der hochgeht …«
    Faruk rannte weiter. Alf Brockmann stürzte zu seinen Kleidern. Mein Gott, dachte er, soll das die Lösung aller Probleme sein? Wenn das Feuer an die Treibstoffbehälter herankommt, gibt es keine Oase Bir Assi mehr. Dann wird es hier mitten in der Wüste aussehen wie in Hiroshima nach der ersten Atombombe. Dann gibt es keine Palmen mehr, keine Häuser, keine Gärten, keine Mauern, keine Menschen, keine Tiere. Selbst der Sand wird schmelzen und wie Glas erstarren.
    Und auch Aisha wird es nicht mehr geben. Nur ein verkohlter Klumpen wird übrigbleiben.
    Barfuß, weil er seine Stiefel nicht mehr über die zerschnittenen Füße ziehen konnte, rannte er aus dem Haus. Lore Hollerau folgte ihm. Er spürte die Schmerzen an den Füßen nur wie einen dumpfen Druck.
    Als er auf die Oasenstraße kam und sich zum Wadi wandte, dem breiten ausgetrockneten Flußbett, durch das seit Menschengedenken kein Tropfen Wasser mehr geflossen war, umbrandete ihn das wilde Geschrei der Araber und die Panik eines Weltunterganges. Von den Kasernen her hörte er das Heulen von Sirenen. Lastwagen rasten zur Oase, die ersten Truppeneinheiten sperrten bereits den Labordistrikt ab und drängten die schreienden Eingeborenen zurück.
    Jenseits der Mauern, die das Forschungsgebiet umgaben, lagen auf Decken die ersten Toten. Zerfetzte Leiber, unkenntlich zerrissene, blutige Fleischklumpen ohne Form. Unerträgliche Hitze schlug Brockmann entgegen, als er den Bereich des Labors III betrat. Hier standen zwei Feuerwehrwagen der Armee. Die Soldaten hielten die Schläuche und Spritzen fest, aber kein Tropfen Wasser kam heraus. Ein Offizier brüllte wie ein Irrer. Die Verschraubungen zwischen Schlauch und Tankwagen paßten nicht zusammen. Man hatte Wasser, aber man konnte es nicht in die Flammen spritzen. Die Feuerlohe erhellte den Nachthimmel. Wie riesige Fackeln standen brennende Palmen neben den auseinandergerissenen Gebäuden. Unter Lebensgefahr brachten Sanitäter immer neue Tote oder Verwundete aus den glühenden Trümmern und legten sie neben der Mauer in den Wüstensand.
    Vierzig Meter neben dem brennenden Labor III lag, durch die Explosion schwer beschädigt, Labor II. In seinem Keller lagerte unter einer meterdicken Betondecke der flüssige Treibstoff für die Raketenversuche.
    Und das Feuer kroch heran durch das ausgedörrte Gras, über die Palmen, durch die Nachtluft, getragen vom leichten Wüstenwind.
    Major Saduk Ibn Belachem stand mit zerrissener Uniform neben dem unnützen Tankwagen und raufte sich die Haare.
    »Diese Korruption!« schrie er. »Immer diese Korruption! Liefern die unpassenden Schläuche. Bestimmt sind sie billiger als die passenden.« Er sah Brockmann, der mit blutenden Fußsohlen durch den Sand rannte, und winkte mit beiden Armen. »Doktor! Doktor!« brüllte Major Saduk. »Wir sind ein Opfer der Geldgier geworden! Allah verfluche alle Kaufleute!«
    »Lassen Sie das Labor III brennen!« keuchte Brockmann. Er lehnte sich gegen den Feuerwehrwagen und starrte auf die Verwüstung. »Holen Sie Eimer, Fellsäcke, Töpfe, alle erreichbaren Gefäße! Labor II darf kein Feuer fangen, sonst geht hier die Welt unter! Das ist alles, was wir tun können!«
    Er rannte weiter und traf am Eingang des Betonstollens auf Jussuf. Hilflos stand der Ägypter in der glühenden Hitze des zu ihm herüberwehenden Brandes, als könne er mit seinem kleinen Leib das Übergreifen des Feuers auf die Treibstofflager verhindern. Und die Flammen krochen auf ihn zu, der Tod wälzte sich ihm zischend und qualmend entgegen.
    Alf Brockmann rannte zurück zu dem noch immer

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