Nächte am Nil
und gab das Neueste durch.
Eine Stunde später stand Ludwigs wieder vor Brahms.
»Umarme mich, mein Freund!« rief er. »In drei Tagen geht in Alexandrien ein Mädchen von Bord des Schiffes ›Cesare‹. Es heißt laut Paß Luisa Andrelli, in Wirklichkeit ist sie der Leutnant Zuraida. In ihrer Begleitung ist ein junger Mann, Alessandro Giubino. Normal heißt er Leutnant Samuel Dobrah. Willst du mehr wissen?«
»Nee.« Hauptmann Brahms kratzte sich den Kopf. »Das alles ist sicher?«
»Ganz sicher.«
»Und für dich habe ich auch noch einen Leckerbissen.« Brahms genoß das sekundenlange Schweigen, das er folgen ließ. »Heute abend sind wir bei diesem geheimnisvollen weißen Forscher eingeladen. Du kannst deinem Erzfeind ins Auge blicken, aber weiter nichts. Er steht unter meinem persönlichen Schutz. Er heißt Alf Brockmann.«
Ludwigs zog die Augenbrauen hoch. »Alf klingt nordisch.«
»Und Brockmann gut deutsch.«
»Ist er etwa ein Deutscher?«
»Ich weiß nicht.« Brahms hob die Schultern. »In drei Stunden wissen wir es. Und wenn er ein Deutscher ist, Junge, dann wird der Mist zur kompletten Scheiße. Daß wir aber auch überall die Hand drin haben müssen, wo's stinkt!«
*
Die kleine, weiße Villa hinter der hohen Mauer und den elektrischen Zäunen war hell erleuchtet. Auch das Schwimmbecken wurde von Scheinwerfern angestrahlt und reizte an diesem schwülen Abend dazu, sich kopfüber hineinzustürzen.
Auf der Terrasse war schon eine kleine Gesellschaft versammelt, stand mit Fruchtsaftgläsern in der Hand herum und unterhielt sich. Offiziere in Abenduniform, Herren im weißen Smoking, dazwischen eine junge, langhaarige Frau in einem engen, feuerroten Kleid, die Getränke herumreichte und deren Lachen hell durch die stille Nacht klang: Aisha.
Es war ein merkwürdiger Anblick, diese abendliche Eleganz mitten in der Wüste. Man fühlte sich zurückversetzt auf die Hotelterrasse des ›Sheppards‹ in Kairo. Sogar die leise Musik fehlte nicht. Von einem Tonband wurde sie über einen Lautsprecher im Salon übertragen.
»Aha, da kommen die letzten Gäste«, sagte General Assban und zeigte auf Brahms und Ludwigs, die von einer Ordonnanz durch den Garten geführt wurden. Während Brahms einen Smoking trug, hatte Ludwigs seinen weißen Leinenanzug an. Er war auf eine Party in der Wüste nicht vorbereitet gewesen. General Assban ging ihnen entgegen und drückte ihnen die Hand. Er trug sogar seine Orden, und jeder ahnte, daß der heutige Abend eine besondere Bedeutung hatte.
»Das sind zwei Landsleute von Ihnen, lieber Brockmann«, sagte Assban, als er Ludwigs und Brahms zu Alf führte. »Mr. Ludwigs von den Deutschen Edelstahlwerken – er wird Ihnen für das Triebwerk der Rakete einen besonders hitzefesten Stahl anbieten können – und Jussuf Ibn Darahn, ein wichtiger Mann im Ministerium. Was, da staunen Sie? Früher hieß er Josef Brahms.« Und zu den beiden, die Alf unverhohlen musterten: »Und das ist Mr. Brockmann. Unser Staatsgeheimnis. Meine Herren, Sie gehören nun zu den vielleicht dreißig Personen, die Mr. Brockmann persönlich kennen.«
»Sehr erfreut«, sagte Hans Ludwigs und gab Alf die Hand.
»Es freut mich auch.« Brahms verbeugte sich knapp. »Auch Offizier gewesen?«
»Nein.« Alf Brockmann lächelte. »Ich war unabkömmlich. Ich war technischer Assistent in Peenemünde.«
»Verstehe, verstehe.« Brahms wippte auf den Fußspitzen.
»Atombombe, V 1 und V 2. Wernher von Braun und so. Waren tolle Dinger, was? Nur zu spät, viel zu spät am Mann. Tja, und nun machen Sie hier weiter.«
»Ja –« Alf Brockmann sah zu Ludwigs. Er fühlte dessen Blick. »Hier trinkt alles Fruchtsaft, weil es Mohammedaner sind. Drinnen habe ich ein kühles Bier. Zwar kein deutsches, aber auch das englische Ale schmeckt, wenn's nichts anderes gibt. Bitte, kommen Sie doch herein, meine Herren.«
An ihnen vorbei ging mit wiegenden Hüften das Mädchen in dem feuerroten Kleid. Ihr schwarzes Haar strich an der Schulter von Brahms vorüber.
Brahms hielt Ludwigs am Ärmel fest. »Ein tolles Luder, Mensch. Hast du gesehen?«
»Ja. Es ist Aisha.« Ludwigs stieß Brahms leicht in die Seite. »Nichts anmerken lassen. Ich muß erst wissen, wie sie hierherkommt zu den geladenen Gästen. Wenn sie bloß keine Dummheit macht.«
Brahms starrte Aisha fasziniert nach. »Einer solchen Frau verzeiht man jede Dummheit.«
»Aber nicht, wenn wir in einer halben Stunde alle in den Wüstenhimmel fliegen. Sie hat jetzt alles, was
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