Nächte am Nil
in Bir Assi wichtig ist, auf der Pfanne.«
»Himmel noch mal, das ist richtig. Halte sie fest, Hans! Ruf das Luder her.«
»Nachher. Dieser Brockmann wartet auf uns im Salon.« Ludwigs strich sich über die Stirn. »Also doch ein Deutscher. Ich habe so was geahnt. Und wegen Aisha keine Sorge, Josef! Solange ich hier bin, knallt's nicht.«
»Oder gerade.« Sie gingen in den Salon und sahen Brockmann, wie er an der Hausbar einen Cocktail aus Gin, Wermut und Sekt mixte. Brahms winkte ihm zu.
»Ich rieche kein Bier!« rief er krampfhaft fröhlich. »Sonst antwortet sofort meine Geruchsantenne.«
»Im Kühlschrank stehen sechs Flaschen.« Alf Brockmann reichte Brahms und Ludwigs die gefüllten Sektgläser und sah sie dann über den Rand seines Glases kritisch an. »Kann ich mit Ihnen anstoßen auf ›alte Kameradschaft‹?« fragte er leise.
Durch Brahms ging ein Ruck. »Auf jeden Fall.« Er hob das Glas. Hans Ludwigs zögerte, dann setzte er sein Glas zur Seite auf einen Tisch und sah Alf gerade ins Gesicht.
»Ich bin nach Bir Assi gekommen, um Sie zu töten!« sagte er ganz ruhig. Brahms rang nach Luft.
»Hans! Bist du total verrückt?!«
Brockmann winkte ab. »Lassen Sie ihn, Herr Brahms. Es redet sich besser miteinander, wenn man sich gut kennt.« Er sah sich um. Sie waren allein im Salon, die ägyptischen Offiziere standen noch draußen auf der Terrasse und ließen sich von Aisha unterhalten. »Auch ich habe Ihnen etwas zu sagen. Was Sie hier sehen, die Villa, das Schwimmbecken, die Fröhlichkeit – das ist alles Kulisse, sind potemkinsche Dörfer. Ich bin hier ein Gefangener, meine Herren, und ich muß nach dem Willen meiner Auftraggeber arbeiten, um nicht selbst liquidiert zu werden. Bis vor einigen Wochen war dieser Zwang für mich bindend. Ich hatte Frau und Kind. Aber dann verunglückte meine Frau tödlich. Nun habe ich nur noch an meinen Jungen zu denken, und deshalb möchte ich hier raus. Auf legalem Wege geht es nicht, also muß ich eine Flucht vorbereiten. Haben Sie die Möglichkeit, mir dabei zu helfen?«
Brahms und Ludwigs schwiegen betreten. Sie sahen sich an und wußten bei diesem Blick, daß es jetzt weder die eine noch die andere Seite gab, sondern ein drittes Kapitel ihres abenteuerlichen Lebens: die helfende Kameradschaft.
»Es kann mich meinen Kopf kosten«, sagte Brahms leise.
»Ich weiß. Kommen Sie mit, zurück nach Deutschland.«
»Das geht nicht.« Brahms schüttelte den Kopf. »Aus persönlichen Gründen«, fügte er steif hinzu. »Aber wir werden eine Möglichkeit ausknobeln, Brockmann. Eine einzelne Person ist nicht schwer hinauszuschmuggeln.«
»Zwei Personen!«
»Zwei?«
»Bitte, kommen Sie mit. Aber lassen Sie sich nichts anmerken … das Gehör registriert jede Stimmschwankung.«
Er führte Brahms und Ludwigs in einen anderen Raum, der hell erleuchtet war. Eine festlich gedeckte Tafel stand unter den leise sich drehenden Ventilatoren. Am Fenster, in einem weichen Sessel, saß Lore Hollerau. Sie trug ein weißes, langes Abendkleid, das ihre sportlich-schöne Figur betonte. Ihr Gesicht war zur Tür gerichtet, vor den Augen trug sie eine dunkle Sonnenbrille. Sie lächelte, als sie den Schritt Brockmanns vernahm und neigte etwas den Kopf zur Seite, als sehe sie ihn.
»Besuch aus Deutschland, Lorchen«, sagte Brockmann fröhlich. »Herr Brahms, Herr Ludwigs …«
Brahms küßte Lore die Hand. Ludwigs starrte auf die dunkle Brille und wußte, daß dahinter die toten Augen versteckt waren. Augen, die sich für Alf Brockmann geopfert hatten. Auch er beugte sich über Lores Hand und sagte mit mühsam fester Stimme: »Ich freue mich, den guten Geist im Hause Brockmann zu begrüßen.«
»In zehn Minuten hole ich dich, Lorchen.« Brockmann strich ihr über die noch bleichen Wangen. »Wir Deutschen flüchten uns erst zu einem kühlen Bier! Soll ich dir auch ein Glas bringen?«
»Danke, Chef.« Lore lächelte. Ihr Gesicht war wie von innen durchsonnt. »Ich trinke nachher ein Glas Sekt, ja?«
»Natürlich. Bis gleich, Lore.«
Im Salon wischte sich Brahms den Schweiß von der Stirn und kippte sein Glas in einem Zug hinunter.
»Furchtbar«, sagte er. »Eine so schöne Frau. Wird sie für immer blind bleiben?«
»Ja. Es gibt keinerlei Hoffnung. Der Sehnerv!« Brockmann sah Ludwigs groß an. »Ich will jetzt nicht fragen, wer dieses Paket abgeschickt hat. Es ist geschehen, aber nun gilt es, etwas gutzumachen, soweit man das überhaupt noch kann. Fräulein Hollerau und ich müssen
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