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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sie den Paß zurückgaben und wünschten schöne Tage in Ägypten.
    So betrat Birgit Brockmann das weite, heiße Land, in dem irgendwo ihr Mann Alf verborgen leben sollte. Es war ihr, als betrete sie einen anderen Stern. Im Hafen war ein internationales Verkehrsbüro. Dorthin wandte sich Birgit. Eine ägyptische Stewardeß unter dem Schild ›Deutsch‹ empfing sie mit einem geschäftsmäßigen Lächeln.
    »Ich möchte gern ein Zimmer«, sagte Birgit. »Ein billiges Zimmer. Ich habe nicht viel Geld.«
    »In einem Hotel, einer Pension oder privat?« fragte die Stewardeß.
    »Das ist mir gleich. Es muß nur billig sein.« Birgit bekam einen Quartierzettel. In vier Sprachen stand darauf: Zimmer III. Kat., Lockwood-Street 15, Achmed Sibkir. Dann ein Stempel und eine Unterschrift vom ägyptischen Verkehrsdirektor.
    »Zeigen Sie den Schein einem Taxifahrer, er fährt Sie hin, meine Dame«, sagte die Stewardeß und wandte sich einem Herrn zu, der hinter Birgit stand.
    Birgit nickte und trat wieder hinaus auf die heiße Straße.
    Ich bin in Ägypten, dachte sie. Den ersten Schritt habe ich getan. Aber was nun? Wie soll ich jemals erfahren, wo Alf Brockmann ist? Wie kann ich jemals eine Spur finden? Ich habe nie gewußt, wo er lebt. Alle Briefe gingen an ein Postfach in Kairo.
    Sie winkte einem Taxifahrer, zeigte ihm den Zettel, stieg ein und ließ sich in rasanter Fahrt durch die Stadt fahren.
    Bis jetzt habe ich Glück gehabt, dachte sie und schloß die Augen. Franco Bertolli hatte für den Schmuck mehr erzielt, als der Paß kostete. Ich habe jetzt ein wenig Geld in der Tasche, nicht viel, ganze 22 ägyptische Pfund, aber ich stehe nicht mehr da wie eine Bettlerin. Ich habe einen Strohhalm, der mich über Wasser hält … ich bin ja so leicht geworden.
    Vor einem alten Haus hielt der Wagen. 15, Lockwood-Street.
    Eine enge, muffige Straße. Die heiße Luft stand darin wie zum Schneiden. Was kann man für ein halbes Pfund auch mehr verlangen?
    Birgit stieg aus und öffnete die nur lose angelehnte Tür. Ein Geruch von angebranntem Mais und Kuhdung quoll ihr entgegen. Kindergeschrei gellte durch das Haus.
    Birgit warf den Kopf in den Nacken und stieß die Tür weit auf.
    Ich bin in Ägypten, dachte sie. Und ich gebe nicht auf, jetzt nicht mehr. Ich werde mir dieses Land zwischen Märchen und Grauen erobern müssen und ihm das Geheimnis entreißen, das Alf Brockmann heißt.
    Alf, mein Mann …
    Vier Stunden früher hatte sich am Pier III eine kleine, kaum bemerkte andere Szene abgespielt.
    Als die stolze, weiße ›Cesare‹ anlegte und die Passagiere von Bord gingen, stand Hauptmann Brahms mit drei seiner Männer an der Gangway und musterte die fröhlichen Reisenden. Sie mußten lange warten, bis am Ausgang ein schwarzhaariges Mädchen und ein sportlicher junger Mann erschienen und fröhlich wie die anderen, winkend und lachend, an Land gingen. Vom Schiff her wedelte einer der ägyptischen Zollbeamten mit einem Taschentuch. Hauptmann Brahms nickte mehrmals.
    »Das sind sie. Jungs, ihr nehmt den Leutnant. Das Mädchen ist etwas für Papa. Und keinen Lärm. Wie geübt … Abteilung, marsch!«
    Leutnant Samuel Dobrah leistete keinen Widerstand, als sich vier Hände auf seine Schultern legten und jemand sagte: »Nicht umdrehen. Ruhig weitergehen. Es hat keinen Zweck, Spuk zu machen.«
    Hauptmann Brahms kleidete seine Verhaftungsaktion in einen galanten Rahmen. Er verbeugte sich vor Zuraida, und als sie ihn aus ihren großen, dunklen Augen fragend und mißtrauisch ansah, gab es ihm einen Stich ins Herz. Er bekam einen roten Kopf wie ein verliebter Primaner und ärgerte sich darüber, daß sein Herz bis zum Halse klopfte. O Himmel, dachte er. Welch eine Frau. Aisha ist schon ein weibliches Wunder … das hier ist eine körperliche Offenbarung.
    »Darf ich bitten, mir zu folgen, Fräulein Zuraida?« fragte er galant und bot ihr seinen Arm. »Bitte, keine Widerrede. Es ist besser, wir machen das alles mit einem kleinen Lächeln ab.«
    Zuraida lächelte zurück und hakte sich bei Brahms ein. »Wer sind Sie?« fragte sie unter der fröhlichen Maske.
    »Ein Mann der Abwehr, meine Liebe.« Brahms zog Zuraida mit sich fort vom Pier. Vor ihm ging bereits Leutnant Dobrah, flankiert von drei anderen Männern. »Auch wenn es schwer ist für einen Mann, eine Frau wie Sie, Zuraida, abzuwehren.«
    »Sie sind ein höflicher Tod«, sagte sie mit versteinertem Gesicht. »Ich bin auch Offizier, Leutnant. Ich bitte darum, nicht gehängt, sondern

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