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Nächte am Nil

Nächte am Nil

Titel: Nächte am Nil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schlucke Wasser und schloß dann die Augen. Regungslos ließ er es geschehen, daß Aisha ihm das Gesicht wusch, ihm das Hemd auszog und auch seinen Oberkörper mit dem lauwarmen Wasser abrieb. Es erfrischte wirklich, auch wenn er das Empfinden hatte, jetzt in der glühenden Sonne zu verdunsten. Dann warf Aisha ihm eine Decke über, daß er meinte, zu ersticken.
    »Du verbrennst, wenn du naß in der Glut sitzt«, sagte Aisha. »Ruh dich etwas aus, wir müssen noch weiterarbeiten.«
    Zwei Stunden brauchten sie später, um in den Wüstensand eine flache Grube zu schaufeln und das Kamel hineinzuzerren. Sie schaufelten es dann zu und stampften den Sand fest, so gut es ging.
    »Aus der Luft könnten es die Hubschrauber sehen, wenn sie wirklich hier suchen«, sagte Aisha. »Und ein Kamel in dieser Einsamkeit ist eine sichere Spur. Nichts darf von uns zurückbleiben. Gar nichts.«
    Noch vor dem Einbruch der Dunkelheit brachen sie wieder auf und ritten noch vier Stunden durch den Abend und die schnell einfallende Nacht. Lore Hollerau schlief. Alf ritt neben ihr und hielt sie in ihrem Sattel fest. Sie wird es nicht durchhalten, dachte er und sein Herz krampfte sich zusammen. Eines Tages wird sie im Wüstensand liegen wie das Kamel. Ob Aisha auch sie erschießen kann? Ich werde es nie, nie können … auch wenn es dann eine Erlösung bedeutete.
    Er sah zur Seite zu Aisha. Seit einem Tag ritten sie ohne den verwischenden Teppich und nicht mehr hintereinander. So ging es schneller, so trabten sie mehr Kilometer am Tag.
    Aisha ritt, als gäbe es keine Hitze, keine Erschöpfung, keine bedrückende Seelenangst. Ihr langes, schwarzes Haar flatterte, und ab und zu beugte sie sich zu dem Kamel vor und sprach mit ihm. Es klang wie zärtliche Worte in einer unbekannten Sprache.
    Welch ein Mädchen, dachte Brockmann. Ein schwarzer Engel mit der Kraft der Hölle. Ein neuer Beweis, welche Rätsel in einem Menschen wohnen.
    Erst als die Kühle der Nacht zu groß wurde, ließen sie in einer Sanddünensenke die Kamele niederknien und rasteten. Aisha kochte Kaffee und Nudeln mit Rindfleisch aus der Dose.
    Alf Brockmann ging hin und her, mit steifen, müden Beinen. Lore Hollerau lag auf ihrer Decke und schlief schon wieder. Es war, als habe die Sonne sie völlig apathisch gemacht. Der Duft des Kaffees zog über den toten Sand.
    Brockmann blieb stehen und sah hinauf in den Sternenhimmel. Er stand so eine ganze Zeit, bis sich ein nackter Arm um seinen Hals legte. Ein weicher Körper drängte sich von hinten an ihn.
    »Woran denkst du, Oulf?« fragte Aisha leise. Ihre Stimme bebte.
    »An morgen … an übermorgen … an alle kommenden Tage …« Brockmann wandte sich um und zog Aisha an sich. Ihr Körper drängte sich ihm entgegen, aber er griff nicht zu, nahm nicht, was sich ihm darbot. Er machte sich steif und strich Aisha nur die Haare aus dem zuckenden Gesicht. »Ich glaube nicht mehr, daß wir durch die Wüste kommen.«
    Aisha schwieg. Ihre schwarzen, großen Augen sahen ihn mit einem flimmernden Glanz an.
    »Aisha«, sagte Brockmann heiser. »Du sagst nichts. Du … du glaubst auch nicht mehr daran, nicht wahr?«
    »Ja, Oulf.« Ihr Kopf sank gegen seine Brust. »Ich glaube auch nicht mehr daran.«
    »Wenn es soweit ist …« Er schluckte. »… wirst du mich erschießen, wie das Kamel?«
    »Ja, Oulf.«
    »Und Lore auch?«
    »Ja.«
    »Und du?«
    »Ich werde dich in meine Arme nehmen und mich auch töten.«
    Ihr Kopf fuhr hoch. Ihre Augen flammten. »Im Tode werde ich dir gehören, ganz dir … und du mir, mir allein. Es wird ein schöner Tod sein …, fast sollte man ihn schnell herbeiwünschen.«
    »Aisha!«
    Sie riß sich los und sprang ein paar Schritte zurück, als müsse sie vor ihm flüchten. »Du wußtest gar nicht, wie sehr ich dich liebe«, sagte sie mit einer zitternden Wildheit. »Aber jetzt weißt du es. Oh … ich sehe es dir an … du schauderst davor, du findest es lächerlich, ich bin nur ein Mischling, ein dreckiges Fellachenkind … Du! Ich töte dich, ich töte dich sofort, wenn du mich weiter so ansiehst … so, so voll Mitleid.« Sie warf sich herum und rannte zurück zu den Kamelen. Langsam folgte ihr Brockmann. Lieben, hassen, sterben, das ist von unserem Leben übriggeblieben, dachte er und blieb stehen, als er vor sich die schlafende Lore Hollerau sah. Und Blindheit, dachte er. Aber sie war immer da – wir haben sie nur nicht bemerkt vor lauter Sehen. Sterben. Morgen oder übermorgen oder in drei Tagen. Irgendwo in

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