Naechte der Leidenschaft
durfte er einen Befehl des Königs nicht missachten, auch wenn er das jetzt am liebsten getan hätte. Er gehorchte, doch in ihm brannte ein Gefühl der Ohnmacht.
»Ihr wisst doch gar nicht, welche Richtung sie eingeschlagen haben«, erklärte Richard ruhig. »Ihr könnt nicht einfach so aufs
Geratewohl hinterherstürmen. Wir sollten erst einmal darüber nachdenken.«
»Da gibt es nichts nachzudenken. Sie sind in diese Richtung geritten. Ich kann sie einholen, ehe ihr Vorsprung zu groß wird ... wenn ich mich beeile.«
Mit diesen letzten Worten will er mir ganz entschieden etwas sagen, dachte König Richard amüsiert. »Was ist, wenn sie nicht auf diesem Weg bleiben? Wenn sie im Schutz der Bäume eine andere Richtung eingeschlagen haben? Meint Ihr nicht, sie hätten nicht bedacht, dass sie von jedem in der Burg gesehen werden konnten, der sich die Mühe gemacht hat, aus dem Fenster zu sehen? Glaubt Ihr nicht, dass sie wissen, dass sie als Erste in Verdacht geraten würden, wenn man Lady Emmalenes Verschwinden bemerkt?«
»Doch«, stimmte Amaury erbittert zu, weil ihm die Klugheit dieser Überlegungen einleuchtete und er ärgerlich war, weil er nicht selbst darauf gekommen war. Höchstwahrscheinlich wäre das auch der Fall gewesen, wäre er nicht so in Panik. Die Angst war es, die Männer tötete. Dass er keine Angst gehabt hatte war der Grund, warum er im harten Geschäft des Krieges so lange überlebt hatte. Seltsam, dass er in den mehr als zwanzig Jahren, in denen er für sich gelebt hatte, nie Angst um sein Leben gehabt hatte, aber jetzt, da Emma in Gefahr war, hatte ihn eine namenlose Furcht gepackt.
»Sie könnten zu seinem Landsitz wollen«, schlug Blake vor. »Es ist nicht weit von hier, obwohl es, wenn ich mich recht erinnere, in dieser Richtung liegt.« Er wies nach Norden.
»Ja, aber er kann einen anderen Weg eingeschlagen haben, sobald er die Bäume erreicht hatte«, bemerkte Richard nachdenklich.
»Ja«, entschied Amaury nach einem Moment des Überlegens. »Höchstwahrscheinlich will er dorthin. Es ist das einzige
Land, das ihm gehört, und er kann es nicht riskieren, Emma woanders hin zu bringen, da er sie gegen ihren Willen festhält.«
Der König wandte sich um, und auf seinen Wink hin kam einer der Soldaten sofort zu ihm geritten. »Kehrt zur Burg zurück und ruft hundert Männer zusammen. Nein, besser zweihundert. Dann folgt uns. Bringt auch Amaurys Männer mit.«
»Wenn wir uns beeilen, werden wir die Männer nicht brauchen«, murrte Amaury ungeduldig, als der Soldat sein Pferd herumgezogen und den Weg zur Burg eingeschlagen hatte.
»Bertrands Burg ist nur einen Tagesritt von hier entfernt und er könnte eine Abkürzung nehmen, die wir nicht kennen«, erklärte der König. »Falls es so ist, sind wir vorbereitet. Reitet los, de Aneford.«
Erleichtert gab Amaury seinem Pferd die Sporen und galoppierte hinter seiner Frau her.
14.
Emma erwachte und stellte fest, dass sie weder atmen noch sehen konnte. Ihr Kopf schmerzte schrecklich, sie fühlte sich heiß und verschwitzt an und jede Stelle ihres Körpers schien ihr wehzutun. Sie war in etwas eingewickelt, das ohne Zweifel alt und staubig war, und hing, wie sie aus ihrer baumelnden Lage schloss, quer über einem Pferderrücken.
Zehn Minuten später, sie schalt sich im Stillen noch immer dafür aus, sich in diesen Schlamassel gebracht zu haben, hörten die durchrüttelnden Bewegungen unter ihr unvermutet auf. Einen Augenblick darauf fühlte sie durch den dicken, festen Stoff hindurch, wie Hände sie packten. Sie wurde hochgehoben, gequetscht, geschleppt. Dann rollte man sie aus ihrer Umhüllung und sie stellte fest, dass sie auf einem Bett lag. In einer kleinen Kammer mit dicken Steinwänden.
»Ihr seid wach.«
Emma hatte einige Schwierigkeiten, nach dem plötzlichen Wechsel von Dunkelheit zu Helligkeit etwas zu sehen, aber sie brauchte ihre Augen auch nicht, um den Sprecher zu erkennen: Bertrand. Und er hörte sich verdammt selbstzufrieden an. Sie öffnete den Mund, um ihm ihre Meinung darüber kundzutun, wie es war, einen Schlag über den Schädel zu bekommen und entführt zu werden, brachte jedoch nur ein enttäuschendes Krächzen heraus. Ihre Kehle war so trocken, dass sie ihr den Dienst versagte.
»Eine Erfrischung.« Bertrand stand auf und ging zur Tür.
»Ich werde Euch etwas zu trinken holen. Ihr ruht Euch jetzt aus. Es war ein langer Ritt.«
Emma starrte auf seine entschwindende Gestalt und seufzte unglücklich, ehe sie sich
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