Naechte der Leidenschaft
Schwächen, dachte Emma und versuchte, irgendwie ihr Haar zu ordnen. Es hatte sich gelöst und hing ihr in wirren Locken um das Gesicht. Auch das Kleid hat gelitten, stellte sie verärgert fest und blickte auf dessen unzählige Knitterfalten. Der vordem goldfarbene Stoff hatte jetzt eher die Farbe von Senf. Ohne Zweifel sieht mein Gesicht genauso aus, dachte sie gereizt. Wenn sie mit ihrem Plan Erfolg haben wollte, dann musste sie anziehend auf Bertrand wirken.
Bertrand sah Emma mit Wohlgefallen zu, als diese ihre Erscheinung richtete. Er nahm an, dass sie es für ihn tat. Die Frauen zupften immer an sich herum, wenn er in ihrer Nähe war. Meistens störte ihn das, aber jetzt hatte es die genau entgegengesetzte Wirkung. Sein Herz machte einen hohen Freudensprung. Lady Emmalene begehrte ihn! Er hatte sich schon gedacht, dass es so war, schließlich taten das die meisten Frauen, aber zu erleben, wie seine Hoffnungen sich jetzt bewahrheiteten, war geradezu ... ein Wunder. Er wollte ... er wollte ... sie.
Emma fühlte sich völlig überrumpelt, als Bertrand sich unvermutet auf sie stürzte. Sie war so unvorbereitet, dass alles, was sie zustande brachte, ein kläglicher Protestschrei war, bevor er sie auf den Rücken niederdrückte und ihr den Becher dabei aus der Hand schlug.
Im Dämmerlicht beobachteten sie aus dem Schutz des Waldes heraus die Burg.
»Sie halten sie dort fest.«
»Ja«, stimmte Blake dem König zu. »Seht, sie haben die Zugbrücke hochgezogen. Und der Turm ist verschnürt wie eine Trommel.«
Amaury wollte sein Pferd antreiben und auf die Burg zupreschen, doch Richard und Blake fassten ihm in die Zügel und hielten ihn zurück. »Nein, Amaury. Warte«, bat Blake ihn eindringlich.
»Warten!? Sie halten meine Frau gefangen!«
»Was willst du denn tun? Hinreiten und ans Tor klopfen?«, fragte Blake grimmig.
»Blake hat Recht. Wir müssen auf unsere Männer warten. Deren Stärke wird uns helfen. Kommt.« Richard zog sein Pferd um die Hand, blieb stehen und schaute zurück zu Amaury, als dieser zögerte. »Wir werden Rast machen und uns eine Strategie zurechtlegen, während wir warten.«
Amaury ließ die Schultern sinken und nickte. So war es am besten. Man ritt nicht unvorbereitet in eine Schlacht. Man plante und überlegte und gewann am Ende. Er wusste das. Deshalb hatte er nie eine Schlacht verloren ... und doch hätte er sich fast voreilig in diese gestürzt. Es machte ihn fast krank. Er hätte dabei sein Leben verlieren können oder, noch schlimmer, Emma könnte getötet werden. Seit er ihren Schuh aus dem Teppich hatte herausfallen sehen, war er wie kopflos drauflosgestürmt. Er hatte gewusst, dass der Schuh seiner Frau gehörte, noch ehe er ihn sich genauer angesehen hatte. Amaury hatte niemals zuvor solche Vorahnungen gehabt, aber schließlich war auch noch nie zuvor jemand in Gefahr gewesen, den er liebte.
Er schluckte schwer, als er seine Gedanken in sich widerhallen hörte. Liebe. Verdammt! Da war es wieder, dieses Wort. So ein kleines Wort für ein so starkes und quälendes Gefühl. Liebte er seine Frau tatsächlich? Sicherlich begehrte er sie. Seit Wochen schien sein Blut auf dem Siedepunkt, drohte vor Ver-langen nach ihr überzukochen. Vielleicht mochte er sie sogar. Sie war ziemlich klug. Und das gefiel ihm. Sie war auch charmant. Sie hatte ihn in den letzten Wochen oft zum Lachen gebracht, manchmal sogar ungewollt. Es war schwer, sich an das Leben zu erinnern, das er vor seiner Heirat geführt hatte. Es schien ihm eine Aneinanderreihung grauer Tage gewesen zu sein.
Und genau so wird meine Zukunft sein, wenn sie stirbt, dachte er plötzlich und fühlte einen Schmerz, der ihn wie ein Schwert durchbohrte. Nein, er durfte Emma nicht verlieren. Liebe oder nicht, er hatte sie gern um sich. Um die Wahrheit zu sagen, vielleicht brauchte er sie sogar. Er würde sein Leben hergeben, könnte er sie dadurch retten, aber er würde es vorziehen, das nicht tun zu müssen. Er freute sich auf viele lange Jahre mit dieser temperamentvollen Frauensperson. Sie durfte nicht sterben.
Amaury spähte wieder zum Turm hinüber. Wo war Emma? Und was geschah gerade mit ihr? Wenn Bertrand und diese alte Hexe von seiner Mutter ihr etwas antaten, würde er sie beide töten. Langsam.
»De Aneford!«
Seufzend zog Amaury sein Pferd herum und folgte dem König. Er musste versuchen, sich zu beruhigen. Sich so weit beruhigen, dass er sich einen Plan zurechtlegen konnte. Seine Frau würde nicht sterben. Er würde
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