Naechte der Leidenschaft
hochstemmte und auf die Bettkante setzte, um sich umzuschauen. Viel gab es nicht zu sehen. Das Bett, auf dem sie saß, war das einzige Möbelstück in der Kammer. Abgesehen davon rühmte sich ihre Gefängniszelle eines Fensters und eines kleinen Kamins. Emma verzog das Gesicht und kam unbeholfen und mühsam auf die Beine, dann wankte sie auf das Fenster zu. Es waren nur wenige Schritte, doch sie hatte das Gefühl, meilenweit gelaufen zu sein, als sie die kleine rechteckige Öffnung erreichte.
Sie sank gegen den Fenstersims atmete tief die süß duftende frische Luft ein und neigte das Gesicht dem Kuss der Nachmittagssonne entgegen. Diese beiden Segnungen der Natur belebten ihre Lebensgeister nach den Stunden, die sie in dem verbracht hatte, was sie jetzt als Teppich erkannte. Innerhalb von Augenblicken begann der Schmerz ihrer Blessuren zu vergehen, und Emma gelang es, sich auf das nächstliegende Problem zu konzentrieren.
Sie wurde in einer Burg von Menschen gefangen gehalten, die ihren Ehemann tot zu sehen wünschten. Und ihr Kind ebenfalls, wenn sie wirklich eines unter dem Herzen trug.
Emma strich mit der Hand über ihren Bauch und betastete ihn behutsam. Sie spürte keinen Schmerz, keine Empfindlichkeit. Sicherlich würde sie doch beides fühlen, wenn sie ein Kind trug und der Ritt eine Fehlgeburt ausgelöst haben sollte? Und dieser Ritt war ganz sicher schlimm genug gewesen, um auch dem höchst entschlossenen Kind den Garaus zu machen. Vielleicht war sie auch gar nicht schwanger. Sie seufzte laut, als sie diese Möglichkeit bedachte, und schüttelte dann den Kopf. Im Augenblick konnte sie sich weder des einen noch des anderen gewiss sein. Zurückblickend erkannte sie, dass sie ein paar der Symptome gehabt hatte, aber diese hatten ihre Ursache auch in den ausgestandenen Aufregungen haben können. Andererseits konnte sie aber auch nicht ausschließen, dass sie schwanger war. Wenn sie es war, dann hatte sie dieses Kind durch ihre Worte zu Bertrand in ernste Gefahr gebracht. Seine Mutter wollte, dass sie eine Fehlgeburt erlitt.
Ich muss hier raus, dachte Emma entschlossen und richtete den Blick auf die Landschaft, die sich unter dem Fenster ausbreitete. Es war eine alte Burg. Und viel kleiner als Eberhart Castle. Das Fenster ihrer Kammer lag an der Seite des Turmes.
Sie beugte sich hinaus und schaute nach rechts. Dort befand sich die Schmalseite der Mauer, die den Burghof umgab. Sie sah einen der Wehrtürme, der auf der einen Seite der Zugbrücke stand. Zwei Männer hielten darauf Wache. Emma zog ihren Kopf zurück, ehe man sie entdeckte. Nach einer Weile streckte sie den Kopf wieder vor und spähte nach unten.
Es war ein langer Weg in die Tiefe. Ein sehr langer. Direkt an der Mauer zog sich ein Streifen unbewachsener Erde hin, dann folgte der Burggraben, der vermutlich die gesamte Anlage umgab. Dahinter erstreckte sich über gut dreißig Meter offenes Gelände, ehe ein dichter Wald begann. Auf diesem Weg wäre keine Flucht möglich, sagte sie sich.
Seufzend zog Emma den Kopf zurück und schaute sich in ihrem Gefängnis um. Grobe Steinmauern, nackter Steinboden, das Bett und die Tür. Anscheinend waren die Tür und das Fenster die beiden einzigen Ausgänge. Wenn sie nicht durchs Fenster entkommen konnte, dann eben durch die Tür. Nur, sie wusste bereits, dass die Tür verriegelt war. Sie hatte gehört, wie Bertrand den Riegel vorgelegt hatte, als er gegangen war.
Dann muss ich ihn dazu kriegen, sie für mich zu öffnen, dachte sie entschlossen. Vielleicht konnte sie ihn sogar dazu überreden, sie die Treppe hinunterzubringen. Natürlich musste sie dazu als Erstes sein Vertrauen gewinnen. Der einfachste Weg war, ihn davon zu überzeugen, dass sie eine Ehe mit ihm der Ehe mit Amaury vorziehen würde. Das wird keine allzu schwere Aufgabe sein, dachte Emma. Bertrand schien, soweit sie das beurteilen konnte, eine ziemlich hohe Meinung von sich zu haben. Sie hatte das sowohl bei ihrer Hochzeit mit Fulk als auch bei Hofe bemerkt. Ja, er würde leicht zu überzeugen sein - wenn sie ertragen könnte, diese Überzeugungsarbeit zu leisten.
»Du wirst es müssen«, sagte sie laut. »Sonst töten sie meinen Mann und das Kind, das ich vielleicht in mir trage.«
Amaury zügelte sein Pferd und sah sich zu König Richard und Blake um, als diese neben ihm anhielten. »Sie können nicht zu ihrer Burg geritten sein. Bertrands Pferd trägt doppelte Last. Deshalb kann er nicht schneller sein als wir. Wären sie zu seinem
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