Naechte der Leidenschaft
den Schluss gezogen, dass es das nicht wert war, nach der Audienz noch länger dort zu bleiben. Sie hatte Rolfe weder Schande machen noch mitansehen wollen, wie sehr er sich über das Benehmen dieser unbedeutenden Leute ärgerte. Und jetzt musste sie auch an ihren Gatten denken. Sie wollte nicht, dass er sich ihrer schämte ... oder dass man ihn herabsetzt und kränkt, dachte Emma plötzlich, als ihr Aldens Bemerkung einfiel, dass sein Herr nur zwei Tuniken besaß. Die eine hatte er am Tag der Hochzeit getragen, die andere, ein altes schäbiges Stück, am Tag des Überfalls. Durch den Riss im Ärmel sah sie jetzt natürlich noch mitgenommener aus.
Amaury war jetzt ein Herzog, und der Herzog von Eberhart darf nicht so schlecht gekleidet sein, entschied sie. Abgesehen davon machte sie sich Sorgen, er würde gewiss an der Kälte sterben, wenn er nachts ohne Hemd schlief.
»Rechne lieber einen Monat«, sagte Emma jetzt zu Rolfe. »Und bitte, tust du mir einen kleinen Gefallen, wenn du in London bist?«
Ihr Cousin zog fragend die Augenbrauen hoch.
»Treib den besten Schneider der Stadt auf und schick ihn her. Sag ihm, seine Mühe wird sich lohnen, und sag ihm auch, er soll seine besten und schönsten Stoffe mitbringen.«
»Das ist Fulks Werk, Amaury. Dank seiner Vernachlässigung hat das arme Mädchen überhaupt kein Selbstvertrauen. Sie denkt, sie ist hässlich. Wusstest du das? Ich habe mit Rolfe, ihrem Cousin, darüber gesprochen. Er gefällt mir immer mehr -scheint ein feiner Kerl zu sein. Er hat mir erzählt, dass ihr Leben sehr behütet war. Es kamen nur wenige Besucher nach Kenwick. Sein Onkel, Lady Emmas Vater, hatte nach dem Tod seiner Frau wenig Freude an Gesellschaft, wie es scheint. Von da an hat sich sein ganzes Leben nur um Lady Emma und ihren Cousin gedreht.«
Amaury runzelte die Stirn, während er Blake beobachtete, der neben dem Bett auf und ab ging. So aufgeregt erlebte er den Freund selten. Amaury hatte nicht übel Lust, ihn aufzufordern, still zu sein und sich hinzusetzen. Es störte ihn zu sehen, wie sehr Blake sich über seine Frau echauffierte, wenn auch nur aus Empörung über deren verletzte Gefühle. Es störte Amaury, weil er daran dachte, wie viele Frauen er schon hatte sagen hören, Blake sei so schön wie ein Engel.
Verstimmt richtete sich Amaury auf und strich mit einer ge-reizten Geste die Falten aus der Bettdecke. Seine Frau hatte darauf bestanden, dass er heute im Bett blieb, um sich auszuruhen. Er hatte deswegen gegrummelt und gepoltert, am Ende aber doch nachgegeben, weil er sich in der Tat schrecklich müde fühlte. In der unruhig verbrachten Nacht hatte er sich hin und her gewälzt und dabei sorgsam vermieden, seine Frau zu berühren, die neben ihm lag. Eigentlich hatte sie, nachdem sie endlich dem allgemeinen Drängen sich auszuruhen nachgegeben hatte, in der kleinen Kammer schlafen wollen, die Gästen Vorbehalten war. Doch das hatte er verboten und ihr befohlen, bei ihm zu schlafen. Ergeben hatte seine Frau sich dem Befehl gefügt und sich, nachdem alle aus dem Zimmer gegangen waren, hinter dem Wandschirm rasch umgekleidet und dieses schreckliche schwarze Nachtgewand angezogen, ehe sie zu ihm ins Bett geschlüpft war.
Seine Frau war schon eingeschlafen, kaum dass ihr Kopf das Kissen berührt hatte, und das war ihm Beweis genug, dass sie erschöpft gewesen war. Er hingegen war nicht so glücklich dran gewesen. Trotz der Müdigkeit, die ihn rasch überfallen hatte, nachdem ihre kleinen Schnarcher durch die Stille des Zimmers drangen, war es Amaury nicht gelungen, den Kopf frei zu bekommen und einzuschlafen. Es waren seine Gedanken, die ihn wachhielten - natürlich. Wäre er in der Lage gewesen, deren lüsterne Verirrungen zu beherrschen, hätte er etwas Ruhe finden können. Stattdessen jedoch hatte er dagelegen, auf ihre schlafende Gestalt gestarrt und sich vorgestellt, wie es wäre, mit ihr Liebe zu machen ... so, wie es sein sollte ... ohne zwei oder drei Dutzend Leute vor der Tür, die sie dabei anfeuerten, als ginge es um ein Wettrennen.
Kurz vor dem Einsetzen der Dämmerung war Amaury schließlich in einen unruhigen Schlaf gefallen, aus dem er kurz darauf wieder aufgeschreckt war, als er gehörte hatte, dass die
Zimmertür leise geschlossen wurde. Seine Frau hatte das Zimmer verlassen. Kurze Zeit darauf war sie zurückgekommen, gerade rechtzeitig, um ihren Mann aufzufangen, der unsicher schwankend dastand, nachdem er versucht hatte, seine Kleidung zu nehmen und sich
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