Naechte der Leidenschaft
gewesen war. Dass sie die Überzahl seiner Gegner dadurch reduziert hatte, dass sie den einen durch ihr Pferd hatte niedertrampeln lassen und sich dem anderen dann entgegengeschleudert hatte. Die Szene noch einmal vor seinem geistigen Augen ablaufend lassend, erkannte Amaury, dass es seine Blindheit gewesen war, die ihn nur das hatte sehen lassen, was er hatte sehen wollen.
Emmas Miene versteinerte bei seinem fortwährenden Schweigen. »Ohne Zweifel werdet Ihr Euch jetzt von mir abwenden - wie Fulk es getan hat, als er von meinen undamenhaften Fähigkeiten erfuhr. Aber so viel verlöre ich eigentlich nicht damit, nicht wahr? Schließlich habt Ihr mir gestern gesagt, dass Ihr mir meine Rechte als Ehefrau künftig verweigern werdet.«
Mit dieser Bemerkung ließ sie ihn stehen und ging über den Burghof davon.
»Das hast du wirklich gesagt?«, fragte Blake konsterniert.
Amaurys erstaunter Blick wandte sich schließlich dem Freund zu, und endlich rief er sich auch die Notwendigkeit in Erinnerung, den Mund wieder zu schließen und zu schlucken.
»Ich glaube«, sagte Little George plötzlich, »es wird ein bisschen mehr nötig sein als die neuen Gewänder, tim ihren Zorn zu besänftigen.«
In Emma tobte noch immer der Zorn, als sie in die Große Halle zurückkehrte. Sie hatte vorgehabt, in ihr Zimmer zurückzugehen und die Tür wieder zu verriegeln. Sie war sich mehr als sicher, dass Amaury, wenn er seinen Schock erst einmal überwunden hatte, seiner Meinung über ihr riskantes Tun Ausdruck zu verleihen wünschte. Doch als sie auf die Treppe zuging, wurde sie von Sebert aufgehalten, der um die Schlüssel bat, um den Vorrat an Gewürzen überprüfen zu können. Sie hatte ihm die Schlüssel kaum ausgehändigt und sich zum Gehen gewandt, als Maude ihr in den Weg trat.
»Ich dachte, Ihr würdet gern einen Happen essen - jetzt, da Euer Zorn verraucht ist. Ihr habt heute Morgen nichts gegessen, Mylady, und der Koch hat extra für Euch Pasteten gebacken. Ein kleiner süßer Imbiss wird Euch gut tun.«
Maude wirkte bedrückt, während sie sprach. Emma vermutete, dass ihre Zofe sich auf diese Weise für die verräterischen Gedanken entschuldigen wollte - welche auch immer sie heute Morgen gehabt haben mochte. Und der Koch ebenfalls. Der Mann hasste es, Pasteten zu backen. Ehe Emma das Friedensangebot annehmen oder ablehnen konnte, wurden die Türen der Großen Halle krachend aufgestoßen. Widerstrebend wandte sie sich um.
»Bringt den Schneider und seine Näherinnen zu mir!«
Emma verzog das Gesicht, als sie die Wut auf dem Gesicht ihres Mannes sah, während Little George fortging, um seinen Befehl auszuführen. Amaury traf Anstalten, auf Emma zuzugehen.
Im Stillen die Verzögerung verfluchend, die dazu geführt hatte, dass sie noch immer in der Halle war, wappnete sich Emma gegen seine zu erwartende Zornesrede. Dann fiel ihr der seltsame gestelzte Gang auf, mit dem ihr Mann eilig auf sie zukam. Den Blick auf seine Füße gerichtet, starrte sie entgeistert auf die merkwürdigen Vorrichtungen, die bei jedem Schritt auf und nieder wippten.
»Frau?«
Emma hob sofort den Blick. Ihr Mann trug wieder diesen lä-cherlichen Hut. Sie hatte das groteske Ding vorhin schon bemerkt, bevor sie es ihm vom Kopf geschossen hatte. Jetzt hatte er es wieder aufgesetzt, und es thronte bedenklich schwankend auf seinem dunklen Haar. Mit dem Loch mittendurch und der abgeknickten Feder sah der Hut noch absurder aus. Schließlich richtete Emma ihr Augenmerk auf Amaurys zornrotes Gesicht, und trotz ihrer Empörung über ihn konnte sie das Lachen nicht unterdrücken, das in ihr aufstieg und sich Luft machte.
Als sie in lautes Lachen ausbrach, wurde Amaury knallrot, und seine mürrische Miene wurde noch mürrischer. Was jedoch nur bewirkte, dass er noch komischer aussah. Ein zorniger Hofnarr. Emma begann zu zittern, als sie versuchte, das Lachen zurückzuhalten, das dem ersten zu folgen wünschte. Angestrengt bemühte sie sich um ihre Fassung und wollte sich ablenken, indem sie den Blick senkte. Doch dadurch sah sie wieder auf seine Füße und auf die an seinen Knien befestigten Kettchen, die seine Schuhspitzen hoch hielten. Unwillkürlich tauchte bei Emma die Frage auf, wie viel von diesen Schuhen von seinen Füßen ausgefüllt wurde und wie viel davon wohl Luft war. Sicherlich war es doch zum größten Teil Luft? Andererseits wären ihr seine großen Füße wohl aufgefallen. Sie hätten die Bettdecke wie ein Zelt aufragen lassen, davon war sie
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