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Nächte des Schreckens

Nächte des Schreckens

Titel: Nächte des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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kann nicht die geringste Bewegung machen, er wüßte nicht einmal mehr zu sagen, wo sich sein Kopf, seine Arme oder seine Beine befinden. Und so kommt ihm die niederschmetternde Erkenntnis: »Ich bin tot!«
    Nach einigen Momenten der Panik gelingt es dem jungen Mann dennoch, sich wieder ein wenig zu fassen. Er kann sich zwar nicht mehr bewegen, aber vielleicht kann er zumindest noch laut schreien. Wenn er nur seine Stimme hören könnte, so würde ihn das sehr beruhigen. Die Stimme ist gleichbedeutend mit dem Lebendigsein, denn ein Toter schreit nicht. Also schreit er, und, o Wunder, er kann sich hören!
    Allerdings hört er etwas ganz Schreckliches, etwas Unbeschreibliches. Diesen Ton hat er zwar mit seiner eigenen Stimme hervorgebracht, doch sie klingt gräßlich entstellt und dumpf, als komme sie aus der Tiefe der Erde, als gehöre sie einem Gespenst oder gar einem Dämon...
    Olaf stößt weiterhin laute Schreie aus, und jetzt wird er doch von Panik übermannt. Wie lange mag er so verharren, allein mit seiner Stimme, deren dröhnender Widerhall ihn gleichsam einzuhüllen scheint, wie lange...?
    Frau Lindmaier, eine Witwe von Sechsundsechzig Jahren, lebt allein in der Wilhelmstraße 46. Sie wohnt hier nur gezwungenermaßen, denn seit dem Tod ihres Mannes ist sie praktisch mittellos. Von den gelegentlichen Näharbeiten, die sie zu Hause ausführt, kann sie gerade eben ihren Lebensunterhalt bestreiten und die Miete für ihre Drei-Zimmer-Mansardenwohnung bezahlen. Als Frau Lindmaier an diesem Morgen erwacht, hat sie ein seltsames Erlebnis. Sie vermeint ein Geräusch zu hören, genauer gesagt eine Stimme. Da sie ein wenig schwerhörig ist, lauscht sie angestrengt. Dann steht sie auf und geht ins Eßzimmer.
    Jetzt ist kein Zweifel mehr möglich: Der Ton ist klar zu vernehmen. Es klingt wie eine herzzerreißende Klage, eine Klage, die nichts Menschliches an sich hat.
    Frau Lindmaier ist kein Ausbund an Tapferkeit: Das kommt davon, wenn man in einer solchen Gegend wohnt! Und außerdem hatte sie schon immer Angst vor Geistern, obwohl sie sich das nicht eingestehen mag.
    Also greift Frau Lindmaier zum Telefon und ruft die Polizei an. Der Beamte am anderen Ende der Leitung scheint nicht sonderlich beeindruckt, doch immerhin verspricht er, jemanden vorbeizuschicken.
    Frau Lindmaier ist jetzt ein wenig beruhigt, obwohl das Geräusch weiterhin zu hören ist. Sie zieht sich an, geht ins Eßzimmer zurück und beschließt, sich erst einmal einen Kaffee zu machen. Da es nicht sehr warm ist, zündet sie ihren Kaminofen an und setzt Wasser auf.
     
    Olaf Kirksen schreit und schreit, während sein Verstand immer mehr zu der Gewißheit gelangt: »Ich bin tot!« Doch wo mag er sich nur befinden? Sicher nicht im Paradies. Ist er dann in der Hölle? Nein, in der Hölle gibt es Flammen... Und da spürt Olaf plötzlich, wie es in seiner Umgebung immer heißer wird, und die Hitze wird alsbald von einem charakteristischen Geruch begleitet, nämlich dem von brennendem Holz. Überall breitet sich jetzt heiße Luft aus, die ihn zu ersticken droht. Olaf kommt es vor, als koche alles um ihn herum, ja, als würde er selbst in dieser heißen Luft geschmort werden.
    Dennoch hat er inzwischen keine Angst mehr. Wovor sollte er noch Angst haben, wo er doch schon tot ist?
    Er fragt sich allerdings, weshalb er in der Hölle gelandet ist. Er hat aufgehört zu schreien, und während er sich in sein Schicksal ergibt, läßt er im Geiste sein Leben Revue passieren, wobei er sich immer wieder fragt, was ihm wohl die ewige Verdammnis eingebracht haben mag.
    Unterdessen erscheinen drei Polizeibeamte bei Frau Lindmaier. Der Wachtmeister, der die kleine Gruppe anführt, macht aus seiner Skepsis kein Hehl, zumal Frau Lindmaier jetzt selbst ein wenig verlegen wirkt.
    »Es ist nicht zu glauben, meine Herren, aber fünf Minuten nachdem ich sie angerufen hatte, hörte das Geräusch wie durch Zauberei plötzlich auf!«
    Während die beiden anderen Beamten eher widerwillig die Räume untersuchen, befragt der Wachtmeister Frau Lindmaier: »Nun, woher sollen diese Töne denn gekommen sein?«
    »Das ist schwer zu sagen. Von überallher und gleichzeitig auch von nirgendwoher. Es klang, als ob sie vom Himmel kamen oder aus der Hölle. Ja, eher aus der Hölle...«
    Der Wachtmeister betrachtet die kleine alte Dame mit dem routinierten Blick des Polizisten. Ganz offensichtlich handelt es sich nicht um eine Alkoholikerin. Sie ist lediglich ein bißchen verrückt wie so viele

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