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Nächte des Schreckens

Nächte des Schreckens

Titel: Nächte des Schreckens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pierre Bellemare
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hätte seinen Besitz tatsächlich zurückerhalten: Wollte er in dem Fall seine Kinder enterben?«
    Die Antwort des Juristen ist klar und eindeutig: »Ja, das stand für ihn absolut fest. Er hatte mich sogar schon damit beauftragt, hier in der Gegend eine geeignete karitative Einrichtung zu suchen, der er sein Vermögen hinterlassen konnte.«
    Kommissar Blanchard stellt eine letzte Frage: »Werden die Kinder jetzt trotzdem erben?«
    »Nein, denn es gehört ihnen bereits alles. Als Joséph Pernel starb, besaß er rein juristisch betrachtet überhaupt nichts mehr. Es tritt also auch keine Erbfolge ein.«
    Der Kommissar kehrt in sehr alarmiertem Zustand nach Corvilliers zurück. Was zunächst wie ein gewöhnlicher Raubmord erschien, ist womöglich ein gemeinsamer Vatermord...
    Im Dorf wartet noch ein letzter Zeuge auf ihn. Es ist Grégoire Bosselot, der das Verbrechen entdeckt hatte.
    »Ich muß Ihnen etwas sagen, Herr Kommissar. Natürlich sind das keine Beweise, aber...«
    »Es ist an mir, darüber zu entscheiden, ob es sich um Beweise handelt oder nicht«, unterbricht ihn der Beamte ein wenig schroff. »Also, ich höre...«
    »Nun, das war so: Da Joséph Pernel nicht zu Hause war, ging ich zu Philippe und zu Honorine, um sie zu fragen, ob sie etwas über sein Verbleiben wüßten. Sie reagierten beide sehr unwillig auf meinen Besuch. Besonders Philippe wurde sehr ärgerlich, als ich davon sprach, die Gendarmen verständigen zu wollen, und Honorine wiederum fragte mich gleich, ob ich schon im Keller nachgesehen habe. Finden Sie das nicht auch seltsam?«
    Der Kommissar hütet sich zu antworten, aber selbstverständlich findet auch er das äußerst seltsam. Er läßt daher Philippe Pernel und Honorine Mercadier, geborene Pernel, in sein Büro kommen und verhört sie lange, da sie als >Hauptzeugen< gelten, wie es so schön heißt.
    Tatsächlich aber stellt sich für den Kommissar die Frage: War es er Sohn, war es die Tochter, oder waren es beide zusammen? Er beschließt, Bruder und Schwester zu vernehmen, und läßt Philippe Pernel als ersten in sein Büro treten. Dieser ist ein großer, blonder Mann, und für jemanden, der auf dem Lande lebt, wirkt er eher schwächlich. Die Tragödie scheint ihn sehr mitgenommen zu haben. Kommissar Blanchard will ihn daher nicht allzu hart angehen und beginnt mit den Worten: »Ich muß Sie fragen, wie Sie sich mit Ihrem Vater verstanden haben.«
    Seufzend erwidert Philippe Pernel: »Ich nehme an, daß die Leute im Dorf Ihnen schon alles darüber erzählt haben.
    Mein Vater warf meiner Schwester und mir vor, wir seien undankbar und wollten ihn ins Elend stürzen. Doch das stimmte nicht. Ich glaube, in Wirklichkeit bereute er, daß er uns schon alles überlassen hatte.«
    »Wissen Sie, daß er vorhatte, Sie beide zu enterben?«
    »Damit hat er uns gedroht, als er das letzte Mal bei uns war, aber so etwas hätte er niemals getan!«
    Pernel erscheint aufrichtig. Der Kommissar muß zugeben, daß er ein guter Schauspieler sein muß, falls er gelogen hat.
    »Sie irren sich. Das waren keine leeren Drohungen. Er hatte bei seinem Anwalt bereits ein Verfahren angestrengt.« Philippe Pernel öffnet den Mund, ohne auch nur ein einziges Wort hervorbringen zu können, und birgt dann den Kopf in den Händen. Ist es der Schmerz darüber, daß sein Vater ihn tatsächlich enterben wollte, oder begreift er plötzlich, welcher Verdacht über ihm schwebt?
    Zweifellos ist es beides zusammen, denn einen Moment später stößt er mühsam hervor: »Mein Vater war zuletzt nicht mehr derselbe. Aber Honorine und ich haben ihn trotzdem nach wie vor geliebt. Mir ist klar, was Sie jetzt denken, Herr Kommissar, und dennoch: Ich war es nicht. Etwas anderes kann ich Ihnen nicht sagen!«
    Kommissar Blanchard will es dabei vorerst belassen und bittet jetzt Honorine Mercadier herein. Auch sie ist nicht der Typ Frau, wie man ihn auf dem Lande anzutreffen erwartet. Sie ist eine hübsche, zarte Person und mit zurückhaltender Eleganz gekleidet. Sie wartet nicht, bis der Polizist das Verhör beginnt, sondern packt den Stier gleich bei den Hörnern. Offensichtlich ist sie wesentlich energischer als ihr Bruder.
    »Da niemand unsere Trauer respektiert und man uns schon einen Tag nach dem Tode unseres Vaters vorlädt, lege ich Wert auf folgende Feststellung: Wir können nichts dafür, wenn wir von diesem Verbrechen in materieller Hinsicht profitieren. Weder mein Bruder noch ich haben unseren Vater getötet. Falls Sie das Gegenteil

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