Naechtliches Schweigen
York eine Wohnung zu finden, und teuer und nervenaufreibend ist es außerdem noch. Wenn wir also zwischen London und hier hin- und herpendeln sollen, dann brauchen wir eine bessere Unterkunft. O Mann, ist das kalt hier.«
»Ich habe die Heizung abgedreht, während wir weg waren.« Emma beeilte sich, sie wieder aufzudrehen.
»Immer praktisch, was, Schatz?« Die Bemerkung klang höhnisch, doch er lächelte sie an. »Ich denke, wir werden uns die paar Wochen hier schon amüsieren. Schließlich braucht man in den Flitterwochen, wenn sie auch leicht verspätet stattfinden, nicht viel mehr als ein Bett.« Er lachte über ihr Erröten und nahm sie dann in die Arme, um sie lange und wollüstig zu küssen. »Wir haben doch ein Bett, Emma?«
»Ja.« Sie drückte ihn an sich. »Es müsste nur frisch bezogen werden.«
»Darum kümmern wir uns später.« Er schob sie durch die Tür, zerrte bereits an ihrem Pullover.
Sie wusste, es würde schnell gehen, nicht so wild und schmerzhaft wie in ihrer Hochzeitsnacht, aber zu schnell. Doch wie sollte sie ihm das begreiflich machen? Tief in ihrem Herzen wusste sie, dass es da mehr geben musste als eine rasche Fummelei im Dunkeln. Die Matratze war eiskalt. Doch als er in sie eindrang, lange bevor sie bereit war, fühlte sein Körper sich heiß an. Emma schlang die Arme um ihn, wärmte sich an ihm und wartete auf die Explosion, von der sie bislang nur gelesen hatte.
Als er von ihr abließ, erschauerte sie. Nur vor Kälte, sagte sie sich, und einen Augenblick später bestätigte Drew diese Vermutung.
»Hier ist es so kalt wie in der Antarktis.«
»Es wird nicht mehr lange dauern. In der Truhe sind ein paar Decken.«
Sie langte nach ihrem Pullover, doch Drew hielt sie zurück. »Ich sehe dich gerne nackt, Emma. Du brauchst dich doch vor mir nicht mehr zu schämen.«
»Nein.« Verlegen öffnete sie die Truhe. Er wühlte in den Taschen seiner Jacke nach Zigaretten.
»Vermutlich gibt's hier weder was Essbares noch irgendwas zu trinken, zur Vorbeugung gegen eine Lungenentzündung.«
»In der Küche ist noch Cognac. Aber ich hab' total vergessen, Lebensmittel einzukaufen. Weißt du was? Ich spring mal eben runter in den Laden und besorg' uns was. Du kannst ja inzwischen ein heißes Bad nehmen, und dann mach' ich uns was zu essen.«
»Prima.« Es kam ihm nicht in den Sinn, sie zu begleiten. »Bring mir noch ein paar Glimmstengel mit, ja?«
»Mach' ich.« Diesmal hinderte er sie nicht daran, sich anzuziehen. »Bin gleich wieder da.«
Als die Tür hinter ihr zugefallen war, stand er auf, schlüpfte in seine Jeans und schenkte sich einen Cognac ein, obwohl es ihn verstimmte, dass keine Cognacschwenker im Haus waren.
Sie hatte doch tatsächlich angenommen, er würde von diesem Stall begeistert sein! Miese Gegend, dachte er und trank einen weiteren Schluck. Er hatte nicht die Absicht, hier zu leben. Sein ganzes Leben lang hatte er hoch hinausgewollt, und nun, da er es geschafft hatte, war das Beste gerade gut genug. Lächerlich, daran zu zweifeln.
Er war in armseligen Verhältnissen aufgewachsen. An seinem Cognac nippend, studierte Drew Emmas Portrait an der Wand und überlegte, wo er herkam und wo er hinwollte. Zwar konnte er für sich nicht in Anspruch nehmen, seine Kindheit in bitterer Armut in den Slums verbracht zu haben, aber viel hatte nicht gefehlt.
Ein schäbiges Mietshaus, ein schmutziger Hinterhof, geflickte Jeans. Drew verabscheute seine Herkunft, die Arbeiterklasse, der er entstammte. Er hasste seinen Vater, der ihm dieses Leben aufgezwungen hatte, da ihm jeglicher Ehrgeiz abging. Kein Rückgrat hatte der Alte gehabt, dachte Drew verächtlich. Keinen Mumm in den Eiern. Kein Wunder, dass seine Frau ihm davongelaufen war und ihn mit den drei Kindern hatte sitzenlassen.
Zweifellos erwartete sie mehr vom Leben, als ständig am Rande des Existenzminimums dahinzuvegetieren. Wie konnte er ihr das verübeln. Sie widerte ihn an.
Jetzt würde er seinen Weg machen, nach ganz oben. Er prostete Emmas Portrait zu. Wenn seine naive kleine Frau ihm dabei unter die Arme greifen würde, könnten sie glücklich und in Frieden leben.
Aber die Hosen würde er anhaben!
Ein, zwei Wochen würde er es hier aushalten. Doch dann würden sie umziehen, in eine dieser großen, eleganten und teuren Wohnungen am Central Park. Fürs erste jedenfalls. Er hatte nichts dagegen, einen Teil des Jahres in New York zu verbringen. New York gefiel ihm. Noch besser gefielen ihm die Beziehungen, die Emma hier
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