Naechtliches Schweigen
ihrer Pfeife, zurückzog.
Erst nach einer Woche dachte sie wieder an ihren Plan. Verschwommen erinnerte sie sich daran, besagten Brief geschrieben zu haben - ihre Versicherung. Sie hatte ihn versteckt, bloß - wo? Die Tatsache, dass sie das Versteck vergessen hatte, störte sie jedoch weit weniger als ihr schwindender Lebensmittel- und Drogenvorrat. Auch die letzte Flasche Gin war leer. Jane griff zum Telefon. In ein paar Stunden wären ihre Geldsorgen ein für allemal erledigt, dachte sie.
Der Hörer wurde nach dem dritten Klingeln abgehoben. »Hallo, Süßer. Jane hier.«
»Was willst du?«
»Spricht man so mit einer alten Freundin?«
Ein gottergebenes Seufzen ertönte. »Ich habe gefragt, was du willst.«
»Nur ein kleines Schwätzchen unter Freunden, mein Lieber.« Jane kicherte. Erpressung war doch ein Heidenspaß. »Ich bin im Moment ein bisschen knapp bei Kasse.«
»Ist das mein Problem?«
»Es könnte deines werden. Weißt du, wenn ich knapp bei Kasse bin, dann beginnt sich mein Gewissen zu regen. Und ausgerechnet in der letzten Woche musste ich viel an Brians armen kleinen Jungen denken. Das geht mir wirklich an die Nieren.«
»Der Junge war dir schon immer scheißegal.«
»Harte Worte, Süßer. Du sprichst immerhin mit einer Mutter. Immer wen ich an meine kleine Emma denke, die jetzt erwachsen und verheiratet ist, dann fällt mir der Kleine wieder ein. Der wäre jetzt auch schon erwachsen, wenn er noch leben würde.«
»Ich habe keine Zeit für deine Spielchen «
»Du solltest dir besser Zeit nehmen.« Janes Stimme wurde schärfer. »Ich hab' mir nämlich gedacht, dass ich diesem Cop in den Staaten vielleicht einen kleinen Tip geben sollte. Du erinnerst dich doch an ihn? Kesselring heißt er. Stell dir vor, nach all den Jahren weiß ich sogar noch seinen Namen.« Jane lächelte. Und dabei hielt sie jeder für hirnlos. Nun, nicht mehr lange.
Er verfluchte sich für sein langes Zögern. »Es gibt nichts, was du ihm erzählen könntest.«
»Nein? Wir werden sehen, nicht wahr? Ich dachte, ich könnte ihm schreiben. Sie werden den Fall wieder aufrollen, besonders wenn sie ein paar konkrete Namen haben. Deinen zum Beispiel.«
»Wenn du das alles wieder aufrührst, bist du selber dran.« Die Stimme des Mannes am anderen Ende der Leitung klang noch immer beherrscht, obwohl ihm der Schweiß über den Rücken lief. »Du hängst in der Sache genauso mit drin wie ich.«
»Nicht doch. Ich war ja gar nicht da, oder? Ich hab' dem Jungen kein Haar gekrümmt.« Wie hieß er doch gleich? Donald? Dennis? Na ja, das interessierte ja niemanden. »Nein, ich hab' den Jungen nicht angerührt. Aber du. Und das war Mord. Mord verjährt nicht so schnell.«
»Sie haben mir nie etwas nachweisen können, und das werden sie auch nie tun.«
»Mit etwas Unterstützung vielleicht doch. Willst du's drauf ankommen lassen?«
Nein, das wollte er nicht. Sie wusste genau, dass er kein Risiko eingehen würde. Er war dort angelangt, wo er immer hingewollt hatte, und er gedachte, dort zu bleiben. Um jeden Preis. »Wie viel?«
Sie lächelte. »Ich glaube, eine Million Pfund müsste reichen.«
»Du hast den Verstand verloren!«
»Ich hab's geplant«, kreischte Jane in den Hörer. »Das Ganze war meine Idee, und ich hab' keinen Penny gesehen. Zeit, die Konten auszugleichen, Süßer. Du bist ein reicher Mann, dir tut das Geld nicht weh.«
»Es wurde niemals ein Lösegeld gezahlt«, erinnerte er sie.
»Weil du die Sache vermasselt hast. Seit zwei Jahren hab' ich von Brian keinen Penny mehr bekommen. Emma ist erwachsen, und ich bin für ihn erledigt. Nennen wir die Million meine Altersversorgung. Mit dem Geld werde ich einige Zeit auskommen und muss dich nicht mehr belästigen. Wenn du es morgen abend herbringst, dann brauche ich mein Briefchen nicht abzuschicken.«
Stunden später wusste Jane nicht mehr, ob sie nun angerufen oder das Ganze nur geträumt hatte. Was war mit dem Brief? Wo hatte sie ihn versteckt? Um ihr Gedächtnis anzuregen, griff sie nach ihrer Pfeife. Das Beste wäre sicherlich, einen neuen Brief zu schreiben. Und wenn er nicht bald, sehr bald auftauchen würde, dann würde sie einen weiteren Anruf tätigen.
Jane setzte sich, um den neuen Brief zu beginnen, und nickte unmittelbar darauf ein.
Ein nicht enden wollendes Klingeln an der Tür weckte sie. Warum ging diese dämliche Putzfrau nicht hin und öffnete. Alles musste man selber tun. Keuchend quälte sich Jane die Treppe hinunter.
Sowie sie ihn sah, kam die
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