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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Bedien dich.«
    Jane grabschte mit beiden Händen so gierig nach der Plastiktüte, dass er einen Moment lang fürchtete, sie würde sie mit den Zähnen zerfetzen und den Inhalt wie Marzipan hinunterschlingen. Doch statt dessen watschelte sie, so schnell es ihr ihre Körperfülle erlaubte, zu ihrem Nachttisch und kramte nach ihren Utensilien.
    Abgestoßen und fasziniert zugleich, beobachtete er die Prozedur. Leise vor sich hin murmelnd, streute sie mit zitternden Händen eine kleine Prise auf einen Löffel, gab Zitronenessenz dazu und kochte die Mischung über einer Kerze auf, ehe sie die Spritze aufzog. Tränen traten ihr in die Augen, als sie versuchte, eine Vene zu treffen. Dann schloss sie die Augen, lehnte sich zurück und wartete auf den Flash.
    Irgend etwas stimmte nicht. Ihr war, als würde sie in Flammen stehen. Flüssiges Feuer rann durch ihre Adern, ihre Augen traten aus den Höhlen, und ihr ganzer Körper begann konvulsivisch zu zucken. Sie versuchte zu schreien, brachte aber keinen Ton mehr hervor.
    Er sah zu, wie sie starb, fand aber kein Vergnügen an dem unappetitlichen Vorgang. Jane Palmer besaß im Tod nicht mehr Würde als im Leben. Ihr Mörder drehte ihr den Rücken zu, entnahm seiner Tasche ein Paar Gummihandschuhe und streifte sie über. Der unvollendete Brief wanderte in die Aktentasche, ehe er begann, das Zimmer gründlich zu durchsuchen und sich zu vergewissern, dass er nichts Belastendes zurückgelassen hatte.
    Brian grunzte unwillig, als das Telefon ihn weckte. Versuchsweise setzte er sich auf, doch sofort begann es in seinem Kopf zu hämmern, als würde ihn jemand mit einem Schmiedehammer bearbeiten. Schützend legte er eine Hand über die Augen und langte nach dem Hörer.
    »Was ist?«
    »Bri? P. M. hier.«
    »Ruf wieder an, wenn ich sicher bin, dass ich noch lebe.«
    »Bri - wahrscheinlich hast du die Morgenzeitung noch nicht gesehen?«
    »Der Kandidat hat hundert Punkte. Ich werde die von morgen lesen, vorher wollte ich nämlich nicht aufwachen.«
    »Jane ist tot, Brian.«
    »Jane?« Es dauerte volle zehn Sekunden, ehe die Mitteilung angekommen war. »Tot? Sie ist tot? Wie ist denn das passiert?«
    »Überdosis. Letzte Nacht ist sie gefunden worden, von einem früheren Liebhaber oder Dealer oder beidem. Da hat sie aber schon ein paar Tage in der Wohnung gelegen.«
    Brian rieb sich die verklebten Augen. »O Gott.«
    »Ich dachte, du solltest es erfahren, ehe dir die Presse auf den Pelz rückt. Außerdem hab' ich angenommen, dass du es Emma selbst sagen willst.«
    »Emma?« Mühsam richtete Brian sich auf. »Ach so, ja. Ich ruf' sie an. Danke, dass du mir sofort Bescheid gesagt hast.«
    »Keine Ursache. Bri...« P. M. brach ab. Eigentlich hatte er Brian sein Beileid ausdrücken wollen, doch er bezweifelte, dass überhaupt jemand um Jane trauerte. »Ich sehe dich dann später.«
    »Okay.«
    Brian blieb einen Moment lang regungslos im Bett liegen. Er hatte Jane länger gekannt als irgend jemand sonst, ausgenommen Johnno. Einst hatte er sie geliebt, ehe die Liebe in Hass umgeschlagen war. Und nun war sie tot.
    Er stand auf und trat ans Fenster. Das Sonnenlicht blendete ihn dermaßen, dass sein Kater schlimmer wurde. Ohne nachzudenken, goss er sich einen Schluck Whisky ein und stürzte ihn hinunter. Fast bedauerte er, dass er außer den pochenden Kopfschmerzen, die der Whisky nur wenig linderte, nichts empfinden konnte.
    Sie war die erste Frau, mit der er geschlafen hatte.
    Brian drehte sich um und betrachtete die Brünette, die zwischen den zerknüllten Satinlaken in seinem Bett schlief. Für sie empfand er auch nichts. Er achtete immer sorgfältig darauf, nur mit solchen Frauen zu schlafen, die keinerlei Zuneigung erwarteten, sondern sich mit ein paar Liebesnächten zufriedengaben. Diese flüchtigen sexuellen Begegnungen erforderten keine persönlichen Gefühle.
    Einmal hatte er den Fehler begangen, sich mit einer Frau einzulassen, die mehr verlangte. Jane hatte ihn komplett vereinnahmen wollen und ihm nie die Freiheit gelassen, so zu leben, wie es ihm beliebte.
    Dann traf er Bev. Auch sie hatte mehr verlangt, aber bei ihr war er bereit gewesen zu geben. Alles zu geben. Auch sie hatte sein Leben unverhältnismäßig stark beeinflusst. Kein Tag war seither vergangen, an dem er nicht an sie gedacht hatte. Er begehrte sie immer noch.
    Jane hatte sich geweigert, aus seinem Leben zu verschwinden. Bev hatte sich geweigert, es mit ihm zu teilen.
    Ihm blieb seine Musik, mehr Geld, als er sich jemals

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