Naechtliches Schweigen
gottverdammter Partner, Mann. Wenn du darauf bestehst, ja, dann will ich dir Vorschriften machen. Wir müssen deine Arbeit mit erledigen, während du dich in diesen Fall verrennst, also mach mal halblang.«
Durch den Rauchschleier hindurch maß Michael seinen Partner mit einem langen Blick. Seine Stimme klang gefährlich sanft, als er meinte: »Ich weiß sehr gut, wie ich meinen Job zu machen habe.«
Er befand sich auf schlüpfrigem Boden. McCarthy wusste nur zu gut, wieviel Spott und Hänselei Michael in den ersten Jahren hatte einstecken müssen. »Aber ich bin außerdem noch dein Freund, und als solcher sage ich dir, dass du niemandem nützt, wenn du so weitermachst, deiner Herzensdame am allerwenigsten.«
Langsam beruhigte sich Michael wieder. »Ich bin ganz nah dran, das spüre ich. Es kommt mir nicht mehr so vor, als läge das alles zwanzig Jahre zurück, sondern so, als wäre es erst gestern geschehen und ich wäre unmittelbar dabeigewesen.«
»Du hörst dich an wie dein alter Herr.«
»Genau.« Michael stützte die Ellbogen auf den Tisch und rieb sich das Gesicht. »Ich glaube, ich werde verrückt.«
»Typischer Fall von Überarbeitung. Gönn dir ein paar freie Stunden. Sieh das Ganze lockerer.«
Michael starrte auf die Papiere, die sich auf seinem Schreibtisch häuften. »Ich geb' dir ein Steak aus, wenn du mir die Informationen über Blackpool besorgst.«
Emma hielt an und betrachtete durch die Nebelschwaden hindurch das Haus. Sie hatte sich gar nicht bewusst dazu entschlossen, hierherzufahren. Vor Jahren hatte sie schon einmal im Auto gesessen, mit Michael, und auf das Haus gestarrt, erinnerte sich Emma. Nur war damals ein sonniger Tag gewesen.
Die Fenster waren erleuchtet, doch Emma konnte keine Umrisse von den Bewohnern wahrnehmen. Sie fragte sich, wer nun dort leben mochte. Schlief ein Kind in ihrem ehemaligen Zimmer, oder dort, wo Darrens Bettchen einmal stand? Sie hoffte es jedenfalls. Die Tragödie sollte nicht ewig ihre Schatten werfen. Einst war dies ein fröhliches Haus gewesen, voller Leben und Gelächter. Emma hoffte, es würde heute wieder so sein.
Alles hatte sich verändert, sie selbst vielleicht am stärksten. Sie fühlte sich nicht länger als bloßer Schatten jener Männer, die ihr Leben so stark bestimmt hatten. Schließlich und endlich konnte sie sich als Ganzes akzeptieren und nicht nur als Teil derer, die sie liebte.
Hoffentlich würde sie heute nacht von dem Haus träumen. Und wenn das geschähe, dann würde sie die Tür öffnen. Sie würde stehenbleiben, in das Zimmer treten und ihr Weg würde sie endlich zum Licht führen.
Emma löste die Handbremse und fuhr langsam die enge Straße zurück. Vor sechs Monaten wäre sie noch nicht in der Lage gewesen, alleine hierherzukommen, sich all ihren Gefühlen zu stellen. Es tat so gut, keine Angst mehr zu haben.
Die Scheinwerfer tauchten so plötzlich in ihrem Rückspiegel auf und kamen so nahe, dass Emma geblendet wurde. Instinktiv legte sie eine Hand vor die Augen, um das grelle Licht zu dämpfen.
Vermutlich betrunken, dachte sie, während sie nach einer Möglichkeit suchte, den Wagen vorbeizulassen.
Als das Auto sie von hinten rammte, umklammerte sie automatisch das Steuerrad. Der kurze Moment des Schocks kostete sie wertvolle Sekunden, so dass sie gefährlich nah an die Leitplanke geriet. Die Reifen quietschten auf, als sie das Lenkrad herumriss, und das Herz schlug ihr bis zum Hals.
»Arschloch!« Mit zitternden Händen wischte sie sich einen Tropfen Blut von der Lippe, die sie vor Schreck aufgebissen hatte. Dann wurde sie erneut von den Lichtern geblendet, und der Sicherheitsgurt schnitt scharf in ihren Brustkorb, als ihr Verfolger sie zum zweiten mal erwischte.
Zum Nachdenken oder gar zur Panik war keine Zeit. Ihr hinterer Kotflügel schabte knirschend an der Leitplanke entlang. Der Wagen hinter ihr fiel etwas zurück, während sie haarscharf an einer riesigen Eiche vorbeischoss und mit überhöhter Geschwindigkeit eine S-Kurve nahm.
Da war er wieder! Ehe die Lichter ihr die Sicht raubten, konnte sie einen Blick auf den Wagen erhaschen; und dieses Bild brannte sich fest in ihr Gedächtnis ein.
Das war kein Betrunkener. In einem Winkel ihres Gehirns breitete sich nackte Panik aus. Jemand versuchte, sie zu töten, und das war eine Tatsache, keine Ausgeburt ihrer Fantasie und keine Wahnvorstellung. Sie konnte die Scheinwerfer ganz klar erkennen, hörte das Knirschen, wenn Metall auf Metall traf, spürte das Vibrieren
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