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Naechtliches Schweigen

Naechtliches Schweigen

Titel: Naechtliches Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
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Fenster geschlossen zu haben, nachdem sie den Jungen ins Bett gebracht hatte. Sie war gleichfalls sicher, dass das Fenster verriegelt gewesen war. Und trotzdem waren keine Anzeichen eines gewaltsamen Eindringens zu sehen.
    Unter dem Fenster hatten sie Fußabdrücke gefunden. Größe 11, schmunzelte Lou. Im Boden waren jedoch keine Spuren zu finden, die auf eine Leiter schließen ließen, und am Fensterbrett gab es keinerlei Hinweis auf ein Seil.
    Das Kindermädchen war keine große Hilfe. Sie war wach geworden, als sich eine Hand über ihren Mund legte, dann hatte man sie gefesselt, geknebelt und ihr die Augen verbunden. Im Verlauf zweier Verhöre war ihre Einschätzung der Tatdauer von dreißig Minuten auf zwei Stunden gestiegen. Zwar stand sie auf seiner Liste der Verdächtigen ganz unten, aber Lou hatte dennoch einen Hintergrundbericht angefordert.
    Doch nun musste er mit Beverly McAvoy sprechen. Diese Vernehmung hatte er so lange wie möglich hinausgezögert.
    »Fassen Sie sich so kurz wie möglich.« Der Arzt stand mit Lou vor Bevs Tür. »Wir haben ihr ein leichtes Beruhigungsmittel verabreicht, aber sie ist bei klarem Bewusstsein. Vielleicht zu klar.«
    »Ich werde es ihr nicht noch schwerer machen, als es ohnehin schon ist.« Wie wäre das auch möglich, fragte er sich. Das Bild des kleinen Jungen hatte sich in sein Hirn eingebrannt. »Ich muss das Mädchen auch noch befragen. Ist das möglich?«
    »Sie ist bei Bewusstsein. Ich weiß aber nicht, ob sie mit Ihnen sprechen wird. Sie hat bislang nur zu ihrem Vater ein paar Worte gesagt.«
    Nickend betrat Lou den Raum. Die Frau saß aufrecht im Bett. Obwohl ihre Augen offen standen, richteten sie sich nicht auf ihn. Sie wirkte sehr schmal und kaum alt genug, um ein Kind zu haben. Geschweige denn eines zu verlieren. Sie war in eine hellblaue Bettjacke gehüllt, und ihre Hände lagen unbeweglich auf den weißen Laken.
    Auf dem Stuhl neben ihr saß Brian, dessen unrasiertes Gesicht eine ungesunde graue Färbung zeigte. Seine Augen schienen älter, von Tränen und zu wenig Schlaf rot und verquollen, von Kummer umwölkt. Doch als er aufsah, las Lou noch etwas anderes in ihnen. Wut.
    »Es tut mir leid, Sie zu stören.«
    »Der Doktor hat Sie schon angekündigt.« Weder erhob Brian sich, noch deutete er auf einen Stuhl. Er starrte einfach weiter vor sich hin. »Wissen Sie schon, wer es getan hat?«
    »Noch nicht. Ich würde gerne mit Ihrer Frau sprechen.«
    »Bev.« Brian legte eine Hand über ihre, ohne dass sie reagierte. »Das ist der Polizeibeamte, der den Fall untersucht... der versucht herauszufinden, was eigentlich passiert ist. Entschuldigung«, er blickte zu Lou. »Ich habe Ihren Namen vergessen.«
    »Kesselring. Lieutenant Kesselring.«
    »Der Lieutenant muss dir einige Fragen stellen.« Sie rührte sich nicht, kaum dass sie atmete. »Bev, bitte.«
    Vielleicht lag es an der Verzweiflung in seiner Stimme, dass er sie tief dort erreichte, wo sie sich in sich selbst zurückgezogen hatte. Ihre Hand bewegte sich unruhig in der seinen. Für einen Augenblick schloss sie die Augen und hielt sie geschlossen, wünschte sich mit aller Kraft, tot zu sein, nichts mehr zu empfinden. Dann öffnete sie die Augen wieder und sah Lou ins Gesicht.
    »Was möchten Sie wissen?«
    »Alles, was Sie mir über diese Nacht sagen können.«
    »Mein Sohn ist tot«, antwortete sie tonlos. »Was könnte jetzt noch wichtig sein.«
    »Irgend etwas, was Sie mir erzählen können, könnte mir helfen, den Mörder Ihres Sohnes zu finden, Mrs. McAvoy.«
    »Bringt mir das Darren zurück?«
    »Nein.«
    »Ich fühle gar nichts mehr.« Bev starrte ihn aus riesigen, übermüdeten Augen an. »Ich spüre weder meine Beine noch meine Arme noch meinen Kopf. Wenn ich es versuche, kommen die Schmerzen. Also versuche ich es am besten erst gar nicht, oder?«
    »Eine Weile mag das helfen.« Lou zog sich einen Stuhl heran. »Bitte erzählen Sie mir alles, woran Sie sich erinnern.«
    Ihr Kopf sank nach hinten, und sie blickte zur Decke. Ihre monotone Beschreibung der Party stimmte mit der ihres Mannes und der einiger anderer Gäste, die Lou verhört hatte, überein. Bekannte Gesichter, fremde Gesichter, Leute, die kamen und gingen. Irgendwer hatte über das Küchentelefon Pizza bestellt.
    Das war neu, und Lou machte sich eine Notiz.
    Mit Brian reden, Emma schreien hören - und sie dann am Fuß der Treppe finden.
    »Da waren so viele Leute um uns herum«, murmelte sie. »Irgend jemand, wer, weiß ich nicht, hat

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