Naechtliches Schweigen
raus.«
»Leider. Ich hoffe nur, später.«
Nicht viel später.
Emma saß auf der Terasse ihres Hotelzimmers in Rom und genoss die Morgensonne. Obwohl die Frühstückszeit längst vorbei war, saß sie im Morgenmantel am Tisch und überprüfte ihre neuesten Aufnahmen, während der Kaffee kalt wurde. Die Fotos waren nicht allein für Pete bestimmt, sie plante, einige für ein eigenes Buch zu verwenden.
Lächelnd betrachtete sie ihr Lieblingsfoto von Drew. Sie hatte es im Bois de Boulogne aufgenommen, einen Moment, ehe er sie geküsst hatte. Und ihr gesagt hatte, dass er sie liebte.
Er liebte sie. Emma schloss die Augen und reckte die Arme gen Himmel. Sie hatte sich nach diesen Worten gesehnt, aber keine Ahnung gehabt, wie glücklich sie sie machten, bevor er sie ausgesprochen hatte. Nun konnte sie sich ihren Zukunftsträumen hingeben, sich vorstellen, wie es wohl wäre, mit ihm zu leben, mit ihm zu schlafen, ihn zu heiraten und eine Familie zu gründen.
Bislang hatte sie nicht erkannt, wie sehr sie sich dies wünschte. Einen Mann, der sie liebte, ein eigenes Heim, Kinder. Sie könnten so glücklich miteinander sein. Wer würde die Probleme im Leben eines Musikers wohl besser verstehen als eine Frau, die bei einem aufgewachsen war? Sie könnte ihn bei seiner Arbeit unterstützen, und er würde das gleiche für sie tun.
Nach der Tournee, dachte sie. Nach der Tournee würden sie Zukunftspläne schmieden.
Das Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Träumen. Sie hoffte, es wäre Drew, der mit ihr frühstücken wollte wie schon ein-, zweimal zuvor. Doch es war ihr Vater.
»Papa, so eine Überraschung! Seit wann bist du denn so früh auf den Beinen?«
»Manchmal bin ich eben unberechenbar.« Brian, der eine zusammengefaltete Zeitung in der Hand hielt, betrat das Zimmer, blickte zuerst zum Bett und dann zu seiner Tochter. »Bist du allein?«
»Ja.« Verwirrt sah sie ihn an. »Warum? Ist was nicht in Ordnung?«
»Das sollst du mir sagen.« Er drückte ihr die Zeitung in die Hand. Das Foto war nicht zu übersehen, das Foto von ihr und Drew. Man musste nicht unbedingt Italienisch verstehen, um die Botschaft zu erfassen. Sie hielten sich eng umschlungen, ihr Gesicht war ihm zugeneigt, und in ihren Augen lag der verzückte Ausdruck einer Frau, die soeben von ihrem Geliebten geküsst worden war.
Sie konnte nicht sagen, wo das Foto entstanden war. Es interessierte sie auch nicht. Für sie zählte nur, dass jemand einen zutiefst privaten Augenblick gestört und diese Privatangelegenheit auch noch in der Presse breitgetreten hatte.
Emma feuerte das Blatt quer durch den Raum und ging steifbeinig auf den Balkon. Sie brauchte frische Luft. »Hol sie doch der Teufel«, knurrte sie wütend. »Warum können sie uns nicht in Ruhe lassen?«
»Wie lange triffst du dich schon mit ihm, Emma?«
Sie blickte sich um. Der Wind trieb ihr hellblonde Haarsträhnen ins Gesicht. »Seit Beginn der Tournee.«
Brian schlug sich an die Stirn. »Also schon seit Wochen! Und du hast es nicht für nötig befunden, mir davon zu erzählen?«
Emma warf den Kopf zurück. »Ich bin über einundzwanzig, Papa. Ich muss meinen Vater nicht erst um Erlaubnis bitten, wenn ich mich mit jemandem verabrede.«
»Du wolltest es vor mir Geheimhalten. Komm gefälligst rein!« bellte er. »Die verfluchten Reporter haben das Hotel ständig im Visier.«
»Na und?« verteidigte sie sich. »Alles, was wir tun und lassen, wird irgendwann publik. Das ist der Preis des Ruhms.« Emma wies auf die Berge von Aufnahmen auf dem Tisch. »Ich tue ja selbst nichts anderes.«
»Das ist nicht dasselbe, und du weißt das.« Zornig fuhr Brian sich durchs Haar. »Aber die Frage ist im Moment zweitrangig. Ich will wissen, was zwischen dir und Drew vorgeht.«
»Willst du wissen, ob ich mit ihm ins Bett gehe? Da kann ich dich beruhigen. Die Antwort lautet nein. Aber das geht dich nichts an, Papa. Genau wie du mir vor Jahren gesagt hast, dass mich dein Sexualleben nicht zu interessieren hat.«
»Ich bin dein Vater, verdammt.« Er konnte sich selber hören. Irgendwie war er zum Vater einer erwachsenen Frau geworden. Und er hatte keine Ahnung, wie er damit umgehen sollte. Als seine Stimme wieder ruhiger klang, sagte er: »Emma, ich liebe dich. Nur deswegen mache ich mir Sorgen.«
»Dafür gibt es keinen Grund. Ich weiß, was ich tue. Ich liebe Drew, und er liebt mich.«
Ihm fehlten die Worte. Um die Pause zu überbrücken, griff er nach ihrer Kaffeetasse und goß die kalte Brühe
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