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Nahe Null: [gangsta Fiction]

Nahe Null: [gangsta Fiction]

Titel: Nahe Null: [gangsta Fiction] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nathan Dubowitzki
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worden sein, mit Drohungen oder Psychopharmaka; sie würde nicht aus freien Stücken bei so etwas mitmachen, du kennst sie«, beharrte Jegor.
    »Selbst wenn es so wäre, willst du sie etwa retten?«, zweifelte Chief. »Wer ist sie denn für dich? Sie hat ihr eigenes Leben. Sie hat dich - nimm's mir bitte nicht übel - aber sie hat dich nie für voll genommen, sie hat dich mit jedem Möchtegern-Oligarchen und jedem Filmgauner betrogen. Mach dir lieber Gedanken um Folgendes: In die Literatur drängen neue Koryphäen, jung, unverbraucht und vielversprechend. Die holen wir uns jetzt zum Nulltarif, und in drei Jahren, wenn wir sie berühmt gemacht haben, verdienen wir einen Haufen Geld und haben obendrein noch ein paar öffentliche Meinungsmacher auf unserer Seite. Molotko, Dranzew, Pljozkaja - schon mal gehört? Sie stehen gerade erst am Anfang, die richtige Zeit, sie uns zu holen. Darum solltest du dich kümmern, Jegor. Mit deiner Erfahrung, mit deiner Hartnäckigkeit. Der Gewinn nicht wie früher siebzig-dreißig, sondern fifty-fifty. Wir können schließlich nicht ewig von Tschechow, Matsuo Basho und dem falschen Sergei'tsch leben. Bald wird man nur noch diese Molotkos lesen, mit Tschechow und Takamura werden sich nur noch gelehrte Hypotoniker befassen.«
    »Ich denk drüber nach«, wandte sich Jegor ab.
    »Nachdenken? Musst du nicht, schon gut, war nur so gesagt«, zürnte Igor Fjodorowitsch. »Du denkst nach, du wirst alt. Als du Fjodor Iwanowitsch hier an dieser Stelle erschossen hast, da hast du bestimmt nicht nachgedacht.«
    »War das etwa in diesem Zimmer?«, staunte Jegor.
    »Dostojewski, Quevedo, Tschechow, Takamura ...«, sagte Chief wie zu sich selbst. »Wenn sie wüssten, all diese Dostojewski-und Tschechow-Spezialisten, diese Brillenträger, die Kenner des Eleganten, die Freunde des Geplappers über Erhabenes, die seligen Intelligenzbestien, wenn sie wüssten, auf welchen Wegen wir ihnen das Vernünftige, Gute und Ewige beschaffen. In diesem Moment sitzt vielleicht gerade ein kleiner Junge an seinen Hausaufgaben, büffelt in seinem Botaniklehrbuch einen Abschnitt wie >Moose und Flechtem, >Schachtelhalme< oder >Farne<. Der Knirps hat keine Ahnung, dass die Krokodealer damals unseren Pascha umgelegt haben, um an den Staatsauftrag ranzukommen, erinnerst du dich? Und dass sie Goga Hugenotte von den Jasnopoljanern entführt, drei Tage lang in einer Garage gefoltert und dann im Neskutschny-Garten erhängt haben. Und dass sie selber Walt und Tralschtschik verloren haben und unzählige Gorillas. Und der Krieg um den Nabokov-Absatz in Südmoskau, weißt du noch? Sieben Leichen. Und um den Tjuttschew-Vertrieb im Einzelhandel? Zwischen den Jasnopoljanern und den Jungs von Solnzewo, die sich andauernd überall eingemischt haben. Na, damals war die Sache mit zwei Sprengstoffanschlägen in Buchläden erledigt, nachts, ohne Opfer. Aber als wir uns mit den Krokodealern wegen des Großhandels mit den Oberiuten in der Wolle hatten! Charms und Wwedenski gingen damals so gut weg wie Sprit Royal. Elf Leichen! Ein Rekord! Da habt ihr das Schöne, da habt ihr das Vernünftige, Ewige, und so läuft es überall - ob Religion, Politik oder Rübenhandel; aber du, hab ich gehört, willst jetzt wie ein Gerechter leben, ohne Schießereien. Ich hab gedacht, das ist Quatsch, aber nun sehe ich, es ist wahr. Ja, ist das wahr?« »Ja«, sagte Jegor leise.
    »Hast du das Geheimnis des Schwarzen Buches vergessen?«
    »Hab ich nicht. Im Schwarzen Buch stehen nur fünf Worte: >Gold wird aus Blei gemacht<.«
    »Du erinnerst dich also. Richtig«, lobte ihn Chief. »Und woraus willst du Geld machen, wenn du nicht mehr schießen willst?«
    »Ich verdiene schon seit einem halben Jahr welches ohne Schießereien«, flüsterte Jegor.
    »O nein, Bruder. Du verdienst welches, weil andere für dich schießen. Ich zum Beispiel.«
    »Willst du andeuten, dass ich dir etwas schuldig bin?« Jegor sah Chief herausfordernd an.
    »Du bist ein Dummkopf, Bruder. Und jetzt geh, die Audienz ist beendet; ich sehe zu, was ich über diesen Film und über Plaksa herausfinden kann. Obwohl ich nicht begreife, was du damit willst. Gib mir zwei Wochen. Ich ruf dich an. Bleib erreichbar.«
     

30
    Zwei Tage vergingen. Es gibt zwei Sorten von Menschen, dachte Jegor, User und Loser. Die User konsumieren, die Loser vegetieren. User gibt es wenige, Loser haufenweise. Bin ich ein elender Loser oder ein königlicher User? Ob Plaksa ermordet wurde oder bald ermordet wird, ob sie

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