Nahkampf der Giganten
seinen Augen zu tanzen begann. So mußte Pomfret hier gesessen und den Befehl gelesen haben. In Zukunft würde er der Mann sein, der die königstreuen Bürger von St. Clar ihrem Schicksal überlassen hatte, einer mörderischen Vergeltung, zu schrecklich, um sie sich auszudenken. Wieder wandte sich Bolitho um und blickte in des Admirals Gesicht. »Und er hatte keine Schuld«, sagte er laut. »Herrgott im Himmel, es war von Anfang an nur eine Finte und hatte übe rhaupt nichts zu bedeuten!« Mit einem Fluch knüllte er das Papier zusammen und schleuderte es durch den Raum.
Er erinnerte sich an Herricks Erstaunen, als Pomfret damals das Glas Wein abgelehnt hatte. Auch damit war es jetzt vorbei. In immer schrecklicherer Deutlichkeit sah er, wie unheilbar Pomfret ruiniert war.
Während dieser ganzen Zeit, als Menschen starben und Familien von den Trümmern ihrer Häuser zerschmettert wurden, hatten zwei Männer tatenlos zugesehen und sich geweigert zu handeln: Unten im Erdgeschoß hatte Dash auf einen Befehl gewartet, der ihm die Verantwortung abnahm; und was Cobban getan hatte, wußte Gott allein – vielleicht lebte er auch gar nicht mehr.
Beim Aufstehen erblickte sich Bolitho in einem goldgerahmten Spiegel. Seine Augen glühten, und tiefe Linien der Erschütterung zogen sich um seinen Mund. Er war sich selbst ganz fremd.
»Ich
habe das Ganze angefangen – nicht er«, murmelte er. Pomfret auf seinem Bett stöhnte, Speichel rann ihm über die Wange. Draußen stand Fanshawe müßig an einem Flurfenster. »Kommen Sie he rein!« Der Flaggleutnant fuhr herum, als hätte jemand auf ihn geschossen. Bolitho blickte ihn unbewegt an, und als er sprach, war seine Stimme eiskalt. »Kümmern Sie sich um den Admiral und lassen Sie das Zimmer saubermachen!«
Nervös blickte Fanshawe zur Tür. »Die Dienerschaft ist geflohen, Sir.«
Bolitho packte ihn beim Ärmel. »Dann machen Sie eben selbst sauber. Wenn ich zurückkomme, ist es in Ordnung! Ich schicke Ihnen meinen Bootsmann, der kann Ihnen helfen, aber sonst kriegt kein Mensch den Admiral so zu sehen,
verstanden
?« Heftig schü ttelte er den Leutnant am Arm, um seine Worte zu unterstreichen.
»Unsere Leute wissen davon nichts.« Er senkte die Stimme. »Und sie sind von uns abhängig, Gott helfe ihnen!«
Ohne ein weiteres Wort ging er die Treppe hinunter. Der Kopf wirbelte ihm; kaum vernahm er das Dröhnen der Geschütze rings um die Stadt.
Er trat ins Freie und machte eine Runde um das Haus, damit sich seine Gedanken sammeln konnten. Als er wieder in das getäfelte Arbeitszimmer trat, warteten die anderen bereits.
Labouret saß in einem Sessel, das Kinn war ihm auf die Brust gesunken; aber als Bolitho durch die Tür trat, sprang er auf und ergriff stumm seine beiden Hände.
Bolitho blickte ihn an; nur zu deutlich sah er den Schmerz und die Verzweiflung in den dunklen Augen des Bürgermeisters. »Ich weiß, Labouret«, sagte er leise. »Glauben Sie mir, ich verstehe alles.«
Trübe nickte Labouret. »Es hätte ein großer Sieg werden können,
m’sieur.«
Er senkte die Augen, aber Bolitho hatte schon gesehen, daß ihm die Tränen über die Wangen liefen.
Hauptmann Ashby grinste: »Es freut mich, daß Sie wieder hier sind, Sir, mehr, als ich sagen kann!«
Bolitho blickte sich im Zimmer um. »Wo ist Colonel Cobban?« Ein junger Infanterie-Hauptmann sagte rasch: »Er hat mich geschickt, Sir. Er, äh, konnte nicht kommen.«
»Spielt auch keine Rolle«, sagte Bolitho kalt. Der spanische Oberst saß in demselben Sessel wie damals; seine Uniform war so sauber und gepflegt, als käme er geradewegs von der Parade. Er nickte Bolitho kurz zu und starrte dann wieder auf seine Stiefel.
Mühsam sagte Kapitän Dash: »Äh – wenn Sie anfangen wollen, Bolitho?«
Bolitho wandte sich den anderen zu. Dash hatte noch nicht offiziell bekanntgegeben, daß er Bolitho die Befehlsgewalt übertragen hatte. »Viel Zeit bleibt nicht mehr«, sagte er gelassen. »Wir beginnen unverzüglich mit der totalen Räumung.« Sie sahen einander an.
Überrascht? Erleichtert? Schwer zu sagen. Er fuhr fort: »Wir geben ein generelles Signal an das gesamte Geschwader, damit es Boote schickt. Zuerst die Verwundeten – sind es viele?«
»Über vierhundert, Sir«, meldete ein Infanterist.
»Schön. Sie werden unverzüglich an Bord der
Erebus
und der
Weiland
geschafft. Captain Dash regelt den Einsatz unserer Matrosen, die bei der Einschiffung helfen.« Er blickte kurz zu Dash hinüber; halb und halb
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