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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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letzten Mal. Wie lange war das her? Tatsächlich erst vier Monate?
    Er begann zu sprechen. »Ihr geht jetzt auf die
Erebus,
ohne Wachen und Handschellen.« Durch die dichtgedrängten Gestalten fuhr ein Schauer der Erregung. »Captain Poole hat schriftliche Order von Admiral Pomfret, die er dem Standortkommandanten in Gibraltar überreichen wird.« Wie leicht ihm die Lüge von den Lippen kam! Die Order war zwar mit Pomfrets Petschaft gesiegelt, aber unterschrieben hatte Bolitho selbst. »Ich bin überzeugt, daß vielen von euch Straferlaß gewährt wird; obwohl manche vielleicht mit dem nächsten Konvoi nach Neu-Holland segeln wollen, um sich in einem neuen Land ein neues Leben aufzubauen.« Fast übermannte ihn die Erschöpfung, aber er fuhr fort: »Ihr habt euch anständig verhalten und nicht wenig Mut gezeigt. Das ist zumindest eine Belohnung wert.«
    Er wandte sich zum Gehen, doch da ertönte eine Stimme: »Augenblick, Captain!« Als er sich ihnen wieder zuwandte, starrten sie ihn alle an. Ihre Augen glitzerten im Lampenschein. Und wieder die Stimme: »Wir wissen, was Sie für uns getan haben, Captain.
    Nicht wahr, Jungs?« Zustimmendes Gemurmel. »Manche Leute hätten uns auf Cozar verfaulen lassen, aber Sie haben uns da we ggeholt. Wir möchten Ihnen bloß sagen, daß Sie uns mehr gegeben haben als die Hoffnung auf Freiheit: unsere Selbstachtung!«
    Noch halb geblendet schritt Bolitho in die Dunkelheit hinaus, und ihr Hurrageschrei verebbte hinter ihm. Poole grinste unverhohlen und sagte irgend etwas, aber seine Worte gingen im Lärm unter. Dann sah Bolitho Midshipman Seton an der Pier stehen. Seine eine Hand war verbunden; mit der anderen hielt er ein erschöpftes Pferd beim Zügel. »Darf ich wieder an Bord, Sir?« fragte der Junge.
    »Gott sei Dank, daß Sie in Sicherheit sind«, sagte Bolitho und faßte ihn bei der Schulter. »Ich habe Sie den ganzen Nachmittag gesucht.«
    Seton blickte verlegen drein. »Ich hatte mich verirrt, Sir. Das Pferd ist mir durchgegangen, und ich brauchte zwei Tage, um durch die feindlichen Linien zu kommen.«
    Bolitho lächelte müde. »Mr. Piper wird sich freuen, daß Sie wi eder da sind. Er dachte sich schon, daß Sie irgendwelche Dummheiten angestellt haben.«
    Er sah sich um. Die Sträflinge strömten die Stufen hinunter zu den eben angekommenen Booten. »Bleiben Sie erst mal hier und helfen Sie diesen Leuten, Mr. Seton. Wenn alle verladen sind, können Sie ins Admiralshauptquartier kommen. Ich werde dort sein.«
    »Ist es vorbei, Sir?« fragte der Midshipman.
    »So ziemlich«, erwiderte Bolitho; doch seine Worte hatten etwas Endgültiges. »Morgen früh bei Sonnenaufgang holen wir die letzten Soldaten an Bord.« Er zuckte die Achseln. »An diesen Tag werden Sie wahrscheinlich noch lange denken.«
    Mit plötzlichem Ernst nickte Seton. »Ich habe mit meiner Schwester gesprochen, bevor sie an Bord ging, Sir. Sie hat mir alles erzählt.« Verlegen trat er von einem Fuß auf den anderen. »A-alles, was passiert ist, S-Sir.«
    Bolitho sah, daß Ashby schon bei den Pferden wartete, und entgegnete leise: »Aber Mr. Seton, Sie stottern ja schon wieder!« Damit ging er, und der Junge starrte ihm nach.
    Der Marktplatz vor Pomfrets Hauptquartier war leer bis auf ein paar Marine-Infanteristen und einen stöbernden Hund. Das feindliche Bombardement hatte aufgehört, und tiefe Stille lag über der zerschlagenen Stadt, als hielte sie den Atem an vor dem kommenden Tageslicht und dem letzten Akt der Tragödie.
    Bolitho trat ins Haus und fand das getäfelte Arbeitszimmer verlassen; die Karte lag neben Pomfrets Schreibtisch am Boden. Als er sich in einen Sessel fallen ließ, sah er Allday in der offenen Tür stehen.
    »Der Admiral schläft, Captain. Ich habe ihn saubergemacht. Mr. Fashawe ist oben und paßt auf.« Dann wurde sein Ton persönlicher und bestimmter. »Aber Sie sollten auch ein bißchen schlafen, Captain. Sie sehen völlig erledigt aus, wenn ich so sagen darf.«
    »Sie dürfen nicht, Allday.« Aber als Allday sich bückte, um ihm die Stiefel auszuziehen und den Degengurt abzuhaken, ließ er ihn gewähren.
    »Ich bringe Ihnen Suppe, Captain, damit Sie was in den Leib kriegen.«
    Leise vor sich hin pfeifend ging er davon, und Bolitho ließ den Kopf gegen die Sessellehne sinken. Plötzlich fühlte er sich vollständig ausgehöhlt. Und es war noch so viel zu tun. Er hatte Cobban immer noch nicht gefunden und auch noch nicht die endgültige Zerstörung der wenigen noch intakten

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