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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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gewaschenen Felsens entlang und starrte an der Klippe empor. »Ich glaube, hier sind wir richtig.« Sein Herz paukte ihm gegen die Rippen, und schweißnaß klebte ihm das Hemd am Körper.
    Es sah wirklich sehr steil aus, aber wenn er die Entfernung richtig geschätzt hatte, so mußten sie direkt unter der runden Kuppe des Vorgebirges sein, wo die Brustwehr bis auf ein paar Fuß an die Felskante heranreichte.
    »Mr. Tomlin, sind Sie bereit?« Tomlin war der Bootsmann der
Hyperion,
ein untersetzter, stark behaarter, ungewöhnlich kräftiger Mann. Aber trotz seines gewaltigen Körperbaus und seiner Muskelkraft hatte Bolitho niemals gesehen, daß er einen Matrosen, über den er sich ärgerte, geschlagen hätte.
    Jetzt stand er auf einem Felsbrocken und hielt einen schweren Wurfhaken in seiner mächtigen Hand. »Fertig, Sir.« Wenn er den Mund öffnete, sah man, daß ihm zwei Vorderzähne fehlten, was seiner schon furchterregenden Erscheinung beim Grinsen noch einen greulich irren Akzent aufsetzte.
    Bolitho musterte sein Detachement. Die Männer waren vom Sprühwasser der Brandung und vom klebrigen Schleim der Algen durchweicht und sahen wildäugig und desperat aus.
    Er sprach langsam, aber knapp. »Mr. Tomlin klettert als erster hoch und sichert den Haken. Dann ich; danach folgen die anderen, aber nie mehr als zwei auf einmal. Verstanden?« Wortlos nickten einige, und er fuhr fort: »Keiner gibt einen Laut von sich, ehe ich es befehle. Wenn wir gesehen werden, ehe wir oben und über der Mauer sind, können wir nicht wieder zurück.« Er blickte ihnen grimmig in die Gesichter.
    »Tut genau, was ich tue, und bleibt zusammen!«
    Er mußte das plötzliche Mitgefühl unterdrücken, das ihn angesichts dieser erschöpften, aber ihm blind vertrauenden Matrosen überkam. Doch sie mußten ihm vertrauen, anders ging es nicht. Also nickte er kurz. »Schön, Mr. Tomlin. Nun lassen Sie mal sehen, ob Sie Kraft in den Armen haben!«
    Wenn man Tomlin zusah, kam einem die Klippe gar nicht mehr so steil vor. Wie ein junger flotter Toppmatrose enterte er auf. Fünfzehn Fuß unter dem Klippenrand war ein schmaler Saum, und hier erst machte er Gebrauch von dem schweren Wurfhaken, den er tief und fest in einige Felsvorsprünge hineintrieb. Sein klobiger Körper stand wie der groteske Wasserspeier einer gotischen Kathedrale gegen den Himmel. Dann warf er die starke Leine hinunter und blickte in die zu ihm emporgewandten Gesichter.
    Bolitho prüfte die Leine und kletterte los. Der Felsen war rauher, als er gedacht hatte, die wenigen Vorsprünge und Vertiefungen waren schlüpfrig von Möwenkot, so daß er keuchend nach Atem rang, als Tomlin ihn ganz unzeremoniell packte und neben sich auf die Platte hievte. Dabei grinste er sein zahnlückiges Raubtiergrinsen.: »Ganz schön fix, Sir! Jetzt die anderen!« Und er winkte mit seinem riesigen Daumen.
    Bolitho war keines Wortes fähig. Er richtete sich mühsam auf und schätzte die nächste und letzte Etappe dieser Kletterei ab. Über dem Rand der Klippe konnte er jetzt die Mauerkrone der Brustwehr sehen, und darüber einen Streifen verwehenden Pulverqualm von der Batterie. Außerdem zwei Schießscharten, aber beide waren leer, und er nahm an, daß die Geschütze auf die andere Seite geschafft worden waren, um das Feuer auf die
Hyperion
zu verstärken.
    Unten splitterten ein paar Steine – die ersten Matrosen kletterten hoch. Aber er wagte nicht hinunterzublicken. Die mörderische Spannung und die körperliche Anstrengung forderten ihren Zoll.
    »Also gut, ich gehe jetzt nach oben.« Neidisch blickte er in To mlins häßliches Gesicht und fragte sich, wie dieser so ruhig und selbstsicher sein konnte. »Sorgen Sie mir dafür, daß sich die Leute still verhalten!«
    Tomlin grinste. »Den ersten Schweinehund, der auch nur flüstert, schmeiß’ ich persönlich die Klippe runter, Sir!« Und Bolitho wußte, daß es ihm damit ernst war.
    Er begann, sich den steilen Klippenhang hinanzuziehen. Unvermittelt spürte er die Sonne im Nacken und den stachligen Ginster unter seinen zupackenden Fingern. Seine ganze Welt bestand nur
    noch aus diesem kleinen Stück Felsen, und selbst die Zeit schien Sinn und Realität verloren zu haben.
    Aus dem Augenwinkel konnte er das Meer sehen, glasklar und blau, die Kimm glänzte so stark, daß es seinen Augen weh tat. Von seinem Schiff war nichts zu sehen, aber am Erzittern der Klippe unter den dumpfen Abschüssen der Batterie merkte er, daß es nicht weit weg sein konnte. Dann

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