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Nahkampf der Giganten

Nahkampf der Giganten

Titel: Nahkampf der Giganten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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müssen, daß man uns keinen Nachschub geschickt hat.« Er beschattete die Augen mit der Hand und starrte zu den hohen Klippen hinüber. Dort unten hoben sich im stehenden Wasser die verkohlten Reste der
Märte
wie schwarze Knochen ab.
    »Und ohne günstigen Wind ist es vielleicht auch dann schon zu spät. Der Durst hat unseren Leuten mächtig zugesetzt.«
    »Hilfe ist vielleicht schon unterwegs, Sir.« Quarme folgte ihm mit den Augen bei seinem rastlosen Auf-undAb-Schreiten in der Kajüte. »Lord Hood
muß
Ihren Bericht ja erhalten haben.«
    »So? Muß er?« Bolitho blieb stehen, wütend über Quarmes leere Vertrauensseligkeit und sein eigenes Unvermögen, eine Lösung zu finden. »Das freut mich zu hören. Donnerwetter, Mann, die
Chanticleer
kann ja gesunken sein. Jetzt, in dieser Minute, kann sie Feuer oder eine Meuterei an Bord haben!«
    Quarme lächelte mü hsam. »Das halte ich für unwahrscheinlich…«
    Kalt starrte Bolitho ihn an. »Dann glauben Sie also, wir sollen weiter abwarten, wie?«
    Quarmes Lächeln gefror. »Ich wollte nur sagen: wir konnten ja nicht wissen, daß es so kommen würde; mehr kann schließlich niemand von uns verlangen, Sir. Wir haben die Insel befehlsgemäß eingenommen und unseren Auftrag nach besten Kräften erfüllt.«
    Bolitho gewann auf einmal seine Gelassenheit wieder. »Befehle auszuführen ist nicht immer die letzte Lösung, Mr. Quarme. Im Dienst des Königs mögen Sie noch so viele Siege und Triumphe erringen – aber machen Sie nur einen Fehler, dann sind alle Ihre Verdienste ausgelöscht.« Er zog sich das Hemd von der feuchten Haut ab. »Wenn man sein Bestes tut, dann ist das eben manchmal noch nicht gut genug.«
    Mißmutig setzte er sich. »Sehen Sie den Tatsachen ins Auge. Was wir noch an Wasser besitzen, ist nicht der Rede wert, aber wir haben ausreichend Wein und Branntwein. Früher oder später müssen ein paar Hitzköpfe wild werden, und dann werden wir noch mehr als diese verdammte Insel verlieren!« Er deutete zur Klippe hin. »Was bilden Sie sich ein, wie lange wir ohne Ashbys Seesoldaten an Bord eine Besatzung halbverdursteter Matrosen unter Kontrolle halten können?«
    Quarme starrte ihn entsetzt an. »Ich mache schon mehrere Jahre auf diesem Schiff Dienst, Sir, und kenne die meisten Leute gut. Sie würden niemals…«
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Bolitho mit einer heftigen Handbewegung, »ob ich Sie wegen Ihres Vertrauens bewundern oder wegen Ihrer Ahnungslosigkeit bemitleiden soll!« Ohne sich um Quarmes ärgerliches Erröten zu kümmern, sprach er weiter: »Ich habe eine Meuterei aus nächster Nähe erlebt. Eine häßliche, schreckliche Angelegenheit.« Er starrte auf das höhnisch glitzernde Wasser. »Auch da waren es ganz normale Matrosen. Nicht besser, nicht schlechter als unsere. Die Menschen ändern sich nicht, nur die Situationen.«
    Mühsam schluckte Quarme. »Wenn Sie meinen, Sir…«
    Bolitho fuhr auf seiner Bank herum, denn eben hatte Allday die Tür einen Spaltbreit geöffne t. »Ja?«
    Allday warf einen kurzen Blick auf den Ersten Offizier und sagte: »Entschuldigung, Captain, aber ein Seesoldat mit einer Meldung von Captain Ashby ist an Bord gekommen.« Er schob sich in die Kajüte. »Er läßt respektvoll anfragen, Sir, ob Sie dem dienstältesten französischen Offizier eine Unterredung gewähren wollen.«
    Bolitho riß seine Gedanken vom Bild der leeren Wasserbehälter los. »Aus welchem Grund, Allday?«
    Der Bootssteurer zuckte die breiten Schultern. »Private Gründe, Captain. Er möchte Sie bloß mal sprechen.«
    »Verdammte Unverschämtheit!« grollte Quarme. »Weil Sie die Dons daran gehindert haben, ihnen die Hälse abzuschneiden, bilden sich diese Franzosen anscheinend ein, Sie würden ihnen alles Mögliche bewilligen!«
    Bolitho blickte unbewegt über Quarme hinweg. »Mein Kompliment an Captain Ashby, und er möchte den Mann unverzüglich herüberschicken. Ich empfange ihn.«
    Quarme ballte die Fäuste. »Brauchen Sie mich, Sir?«
    Mit nachdenklichem Gesicht stand Bolitho auf. »Wenn ich Sie rufen lasse, Mr. Quarme.« Er sah ihm nach, als er steifbeinig zur Tür schritt, und fügte bedeutsam hinzu: »Im Krieg muß man die Segel nach dem Wind setzen, Mr. Quarme. Auch die kleinste Brise darf man nicht auslassen, wenn man auf eine Leeküste zutreibt.« Der dienstälteste überlebende Offizier der Garnison von Cozar war ein Artillerieleutnant namens Charlois, ein schwergebauter Mann, schon etwas bei Jahren, mit faltigem, melancholischem

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