Naios Begierde (Hüter der Elemente) (German Edition)
habt?“, fragte sie erstaunt.
„Wir haben keine Sonne, wie die eure. Wir haben Sonnenkristalle. So nennen wir die Kristalle, die an der Decke unserer Höhle hängen. Sie spenden sowohl Licht, als auch Wärme.“
Michelle blieb stehen und blickte nach oben. Tatsächlich. Hoch oben hing der „Himmel“ voller leuchtender Kristalle.
„Wird es denn nie Nacht bei euch?“
„Nicht in dem Sinne, wie du das kennst. Unsere Tage gehen etwas länger als eure Tage. Etwa zweieinhalb Mal so lang. Wenn es Nacht wird, dann leuchten die Kristalle schwach bläulich und es wird etwas dunkler, aber nicht so dunkel, wie bei euch. Die Nacht dauert ungefähr fünfzehn eurer Stunden.“
„Puh, das ist ein verdammt langer Tag bei euch. Werdet ihr da gar nicht müde?“
„Das Licht der Kristalle spendet eine große Menge Energie. Hier unten kennen wir keine Krankheit oder Trägheit. Wir fühlen uns immer voller Energie. Erst, wenn das Licht wechselt, werden wir ein wenig müde.“
„Warum hast du mich hierher gebracht?“
„Ich wollte mit dir zusammen sein. Aber jetzt ist es an der Zeit für dich, zurückzukehren. Komm. Ich bringe dich wieder an die Oberfläche.“
„Muss ich wirklich gehen? Es gefällt mir hier.“
Naios fasste sie sanft unter das Kinn und zwang sie, ihn anzusehen.
„Du wirst wiederkommen“, versprach er. „Doch jetzt ist es Zeit, zu gehen. Wach auf, Michelle. Wach auf. Wach auf ...“
***
Wach auf! Wach auf!
Der Wecker piepte und Michelle hangelte blind nach dem verdammten Ding. Stöhnend rollte sie sich auf die Seite, als das nervige Piepen endlich verstummte. Sie hatte geträumt! Was für ein Traum! Das war vollkommen verrückt. Naios Dominari eine männliche Meerjungfrau. Michelle schüttelte den Kopf. Aber es war schön gewesen dort unten. Und der Traum war ihr so real erschienen. Sie meinte, noch jetzt den Geruch des Meeres in der Nase zu haben.
Du wirst langsam bekloppt!
, ermahnte sie sich selbst.
Unwillig schlug sie die Augen auf. Ihr war heute nicht nach Aufstehen zumute. Sie wollte viel lieber weiterträumen. Es war einfacher, Naios in ihren Träumen zu begegnen, als in der Realität. Und sie war wirklich alles andere, als erpicht darauf, ihm nach der peinlichen Aktion gestern Abend, heute im Institut gegenüberzutreten. Vielleicht sollte sie sich krankmelden? Nein! Das war feige und außerdem wollte sie ihre Untersuchungen an Drago weiterführen.
„Also raus aus den Federn“, murmelte sie und schlug die Bettdecke zurück.
Herzhaft gähnend schwang sie die Beine aus dem Bett und blieb erst einmal sitzen. Ihr Magen rumorte unangenehm bei dem Gedanken, in einer Stunde auf ihren neuen Kollegen zu treffen. Was mochte er jetzt von ihr denken? Vielleicht würde er auch noch rumerzählen, dass er sie geküsst hatte. Manche Männer pflegten ja, mit so etwas anzugeben. Es könnte sogar sein, dass er die Geschichte noch ein wenig ausschmückte und behauptete, er hätte mit ihr …
Nein! Das würde er nicht tun!
, entschied sie.
Oder würde er?
Langsam stand sie auf und schlurfte ins Bad. Als ihre nackten Füße den Fliesenboden berührten, stutzte sie. Etwas fühlte sich merkwürdig an. Sie blickte an sich hinab, konnte aber nichts Ungewöhnliches entdecken. Sie machte einen weiteren Schritt und blieb stehen.
„Verdammt! Was ist das?“
Sie hielt sich mit einer Hand am Waschbecken fest und hob einen Fuß. Vorsichtig tastete sie mit der freien Hand und stutzte.
„Das ist doch? Sand? Ich hab Sand unter den Füßen?“
Ihr fiel ihr Traum wieder ein, wie sie am Strand von Naios Welt entlang gelaufen war, ehe sie in ihre Welt zurückgekehrt war. Kopfschüttelnd verwarf sie die Idee wieder, die sich in ihrem Kopf geformt hatte. Nein! Das war unmöglich. Es musste eine andere, logische Erklärung dafür geben. Vielleicht hatte sie gestern am Strand Sand in die Schuhe bekommen. Sie hatte nach der überstürzten Flucht aus dem Institut nicht geduscht, sondern hatte sich gleich ins Bett geworfen. Es konnte doch sein, dass ihre Füße da schon sandig gewesen waren. Sie hatte es nur nicht gemerkt. Ja, das musste es sein. Nie und nimmer konnte sie so einen Unsinn glauben, dass ihr nächtlicher Trip mehr gewesen sein könnte, als nur ein Traum.
Zufrieden mit ihrer Erklärung stieg sie in die Duschkabine und zog den Vorhang zu. Sie stellte das Wasser an und ließ es über ihr Gesicht laufen. Sie war normalerweise eine bodenständige Person. Sie durfte nicht zulassen, dass dieser Naios sie ihn ein
Weitere Kostenlose Bücher