Naios Begierde (Hüter der Elemente) (German Edition)
Gesicht wieder ihm zuzuwenden, zuckte sie leicht zusammen.
„Michelle. Ich würde nichts lieber tun, als Sie zu küssen. Aber Sie sind jetzt verwirrt und ich wäre genau das, was Sie mir vorgeworfen haben zu sein, wenn ich jetzt Ihre Schwäche für mich ausnutzen würde. Ich hoffe, dass wir gute Kollegen, vielleicht Freunde sein können. Und vielleicht können Sie mich irgendwann noch einmal bitten, Sie zu küssen, wenn Sie wirklich wissen, dass es das ist, was Sie wollen.“
Michelle errötete. Super! Jetzt hatte sie sich nicht nur wegen ihres dummen Ausbruchs und ihrer vollkommen irrationalen Bitte um einen Kuss blamiert, jetzt bekam sie auch noch einen Korb! Konnte dieser Tag noch schlimmer werden?
„Michelle? Bin ich Ihnen wieder zu nah getreten? Ich wollte Sie nicht verletzen. Es ist nicht, dass ich Sie nicht will. Im Gegenteil. Es ist nur ...“
Michelle beendete seine Erklärung, indem sie sich ein Herz fasste und ihre Lippen fest auf seine presste. Sie spürte, wie er sich versteifte, und wollte schon einen Rückzieher machen, als er plötzlich seine Arme um sie schlang und sie dicht an seinen trainierten Körper heranzog. Aufstöhnend öffnete sie ihren Mund und Naios nahm die Aufforderung sofort an. Erst neckte seine Zungenspitze ihre Zunge nur spielerisch, doch als sie ihm hungrig antwortete, wurde sein Kuss plötzlich wild und ungezügelt. Kein Mann hatte sie jemals so geküsst. Sie drängte sich verlangend an ihn, vergaß vollkommen, wo sie sich befanden und dass Kameras überall waren, die alles aufnahmen. Es war ihr in diesem Moment so egal, wie aller Ärger von zuvor. Jetzt zählte nur dieser Mann, der sie so wundervoll küsste und der ihren Körper zum Klingen brachte, wie kein anderer zuvor. Ihre Beziehung mit Brian war wenig sexuell gewesen. Schon allein, weil er die letzte Zeit gesundheitlich gar nicht in der Lage gewesen wäre, mehr zu tun, als ihre Hand zu halten.
Mit einem rauen Stöhnen löste sich Naios von ihr und schaute sie aus von Leidenschaft verdunkelten Augen an. Ihrer beider Atem ging schnell und unregelmäßig.
„Wir … wir sollten nicht … nicht hier ...“, keuchte Naios, seine Stirn gegen ihre Stirn lehnend.
„Ich weiß“, flüsterte sie. „Ich weiß gar nicht, was in mich gefahren ist. Ich … ich bin sonst nicht ...“
„Hey, du brauchst dich nicht entschuldigen. Es ist nicht so, dass ich es nicht auch gewollt hätte, okay? Ich will dich mehr, als du dir vorstellen kannst. Aber wir sollten es ein wenig langsamer angehen lassen. Wenn ich mit dir schlafe, dann wird das kein One-Night-Stand. Ich will mehr, verstehst du?“
Sie nickte. Er hatte recht und sie war froh, dass wenigstens einer von ihnen noch genug Verstand besaß, die Sache zu stoppen, ehe es zu weit ging. Sie schämte sich für ihr Verhalten und hatte keine Ahnung, wie sie damit umgehen sollte.
„Gut“, sagte er und gab ihr einen leichten Kuss auf die Stirn, ehe er sie losließ. „Lass uns erst einmal nach Drago sehen und wenn wir uns etwas abgekühlt haben, beginnen wir mit unserer Arbeit.“
„Ja, du hast recht“, stimmte sie zu und wandte sich hastig ab.
Abkühlen! Das ist genau das, was ich tun muss. Aber dafür brauche ich eine ganze Menge Abstand zu diesem Pulverfass von einem Mann. Verdammt, was ist nur los mit mir?
Abyssus
I n den Abgründen des Bösen saßen zwei Gestalten in einer Schenke über einem Glas
Bloody Surprise
und starrten auf die Bühne, wo eine vierbusige Sängerin in engem, grünen Kleid ein düster-melancholisches Lied sang. Einer der beiden war lang und schlank, mit einem hageren, aber auf eine düstere Weise gut aussehendem Gesicht, der andere war etwas kleiner, plumper mit einem abstoßenden Gesicht und großen Fischaugen. Die Atmosphäre in der Schenke war düster, wie man es in den Abgründen des Bösen nicht anders erwarten würde. Die Bewohner von Abyssus waren arme Seelen, die nichts zu lachen hatten. Finstere Gestalten trieben ihr Unwesen ungestraft. Es gab kein Gesetz in Abyssus, nur die Dunklen Mächte, die das Schicksal eines jeden entscheiden konnten, ganz nach ihrem Belieben und ihrer Laune.
„Der Mistkerl hat es viel zu einfach“, knurrte Invidus der Neider. Er war der lange, gut Aussehende. „Das Mädchen wirft sich ihm ja buchstäblich an den Hals. Wenn wir nichts unternehmen, hat er sie bald um den Finger gewickelt und dann geht uns das Wasser wieder einmal verloren.“
„Ja, du hast recht“, stimmte Luctifer der Tränenbringer düster zu.
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