Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
besuchen. Und meine Brüder haben auch gefragt.“
„Und du fährst hin?“
„Ich glaube, schon. Ich sehe sie nicht so oft.“ Meine Brüder hatten mich auch in der Vergangenheit schon oft über die Feiertage eingeladen, und ich hatte immer abgelehnt, weil ich keine Lust hatte, im tiefsten Winter nach Wyoming oder Illinois zu fahren. Ich glaubte ihnen schon, wenn sie beteuerten, dass sie mich vermissen würden, aber ich war mir auch sicher, dass ich mit meinem Fernbleiben keinem wirklich das Herz brach. Wir waren schließlich alle erwachsen. Sie hatten ihre Familien. Kinder. In unserer Familie hatten wir uns nie besonders nahgestanden, aber wir waren uns auch nie wirklich fremd geworden. Was wir hatten, funktionierte für uns.
„Was ist mit deiner Mom?“
„Meine Mutter feiert nicht Weihnachten, hast du das etwa vergessen?“Ich starrte ihn finster an. Immerhin war diese Tatsache durchaus problematisch gewesen, als wir frisch verliebt waren und die ersten gemeinsamen Familientermine machten. Zwar nicht so problematisch wie die Eröffnung, dass er lieber Würstchen als Tacos mochte, aber es hatte doch zu gewissen zwischenmenschlichen Spannungen geführt.
„Ich kann einfach nicht glauben, dass du mir wegen eines anderen Mannes einen Korb gibst!“
„Verschwinde.“ Ich zeigte auf die Tür. Patrick tänzelte auf mich zu. Als er gerade noch außerhalb meine Reichweite war, sprang er vor und gab mir einen schnellen Schmatzer. Ich musste wider Willen lächeln. „Raus jetzt! Ich muss hier arbeiten. Wartet Teddy nicht auf dich?“
„Teddy wartet immer auf mich.“
„Und er hat garantiert schon das Abendessen auf dem Tisch stehen, wenn du nach Hause kommst. Das solltest du echt nicht verpassen. Na los, geh schon.“ Ich scheuchte ihn weg. Patrick griff nach meiner wedelnden Hand, verfehlte sie aber.
Ich mochte es, wenn er so war. So albern wie früher. Wie ganz früher, ehe uns der Sex ins Gehege kam und er dachte, er müsste für mich etwas sein, was er nicht war. Er war heute anders. Das waren wir beide. Aber Patrick hatte sich wirklich grundlegend verändert. Er hatte viele neue Freunde und einen neuen Partner. Und wahrscheinlich war das jetzt endlich der „echte“ Patrick, aber die Albernheiten gehörten immer noch zu ihm. In vielen Belangen waren wir uns jetzt näher, als wir es als Paar je gewesen waren. Ich wusste mit jeder Faser meines Herzens, dass wir, wenn wir weitergemacht und tatsächlich geheiratet hätten, spätestens ein Jahr später unglücklich und geschiedene Leute gewesen wären. Oder schlimmer noch: unglücklich und nicht geschieden. Ich war jetzt glücklich, denn mein Patrick hatte seinen Platz in der Welt gefunden – und jemanden, der ihn so liebte, wie er es verdiente. Und der so zurückgeliebt wurde, wie er es verdiente. Und ich hockte auch keineswegs daheim, blies Trübsalund sehnte mich nach meinem Traumprinzen. Zumindest versuchte ich es nicht zu tun.
Aber ich war öfter mal melancholisch. Das hasste ich. Zum Teil lag es an der Jahreszeit, denn ich fühlte mich um Weihnachten herum immer zwischen meinen beiden Welten gefangen. Aber zum Teil war es immer noch wegen Patrick …
„Vergiss mich einfach nicht, ja?“, bat er.
„Oh Patrick! Als könnte ich das je.“ Ich stand auf, umarmte ihn und gab ihm einen Kuss. „Und jetzt: Raus hier. Ich hab zu tun.“
„Ruf mich an!“, sagte er.
„Mach ich, mach ich! Jetzt geh schon!“
„Liv …“
„Ja, Liebster?“ Die Worte klangen süß, doch meine Stimme war leicht verbittert.
„Ach nichts. Schon okay.“ Dann war er verschwunden, und die Tür fiel hinter ihm ins Schloss.
Ich wandte mich wieder dem Computer zu und verlor mich in der Arbeit. Das war jedenfalls besser, als sich woanders zu verlieren.
Ich bin nicht wahnsinnig behütet aufgewachsen.
Im Gegenteil. Meine beiden Eltern gehörten zur Generation Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll. Sie waren Fans der Grateful Dead. Ich hatte zwei Brüder, die beide viel älter waren als ich und keinen Gedanken daran verschwendeten, ihre kleine Schwester von den Filmen oder der Musik abzuschirmen, die sie konsumierten. Ich wusste früh über Sex Bescheid.
Nachdem meine Eltern sich scheiden ließen, heiratete mein Dad ziemlich schnell wieder. Seine neue Frau Marjorie war eine enthusiastische Anhängerin der katholischen Kirche und brachte zwei Stiefschwestern mit in die Ehe. Cindy und Stacy waren beide ungefähr ein Jahr älter als ich. Meine Mom blieb alleinund ging auch nur
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