Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
Ich-kenne-alle-Heiligen-beim-Namen-Katholik. Ich war verknallt.
Ich stelle mir gern vor, dass das Leben ein unendlich großes Puzzle mit so vielen Teilen ist, dass das Bild nie fertig wird, egal wie viele Teile man zusammenfügt. Patrick zu begegnen war das Ergebnis von hunderttausend Entscheidungen gewesen. Nur ein einziger Weg führte zu ihm, aber es war der Weg, den ich eingeschlagen hatte. Wie immer es endete, ich hatte mich für ihn entschieden, und ich wollte es niemals bereuen. Auch wenn ich inzwischen manchmal denke, dass ich es vielleicht bereuen sollte.
Ich glaubte damals zu wissen, wie sich Liebe anfühlt. Ich hatte einen attraktiven Freund, der auch noch sehr gut küssten konnte. Ich glaubte zu wissen, warum wir drei College-Jahre lang warteten, während alle meine Freundinnen es wie die Karnickel trieben. Liebe ist geduldig und freundlich, nicht wahr? Liebe vergibt alles?
Daran hatte ich damals geglaubt. Heute bin ich mir da nicht mehr so sicher.
In unserem letzten Jahr am College fiel Patrick vor mir auf die Knie und bat mich, ihn zu heiraten. Er hatte einen Diamantring mit Prinzess-Schliff in der einen Hand und ein Dutzend rote Rosen in der anderen. Wir setzten einen Termin fest. Wir planten eine Hochzeit.
Und zwei Wochen bevor wir in der Kirche meines Vaters vor den Altar treten sollten, fand ich heraus, dass Patrick mich all die Jahre angelogen hatte.
Ich bin nicht wahnsinnig behütet aufgewachsen. Aber damals hatte ich doch das Gefühl, zumindest wahnsinnig blöd zu sein.
Die Woche verging. Ich hörte Stimmen, wenn ich auf dem Weg nach oben an Alex’ Apartment vorbeikam, und ich sah sein Auto ankommen und wegfahren. Ihn selbst sah ich aber nicht. Schließlich guckte ich allein Stolz und Vorurteil , und irgendwie machte ich Patrick dafür verantwortlich.
Die Woche vor Weihnachten ist für die meisten Leute hektisch. Selbst für diejenigen, die gar nicht groß feiern. Auch meine To-do-Liste war ellenlang. Ich hatte mir zwar keinen Baum geholt, aber ich kaufte Geschenke. Weihnachten würde ich mit meinem Dad und seiner Familie verbringen, obwohl meine Brüder und ihre Frauen und Kinder nicht kommen konnten. Außerdem nahm ich viele Eilaufträge für die Ausverkäufe nach Weihnachten an, und es gab ein paar Freunde, die in letzter Minute noch Porträtaufnahmen wollten, um sie ihren Freunden und Verwandten zu schenken.
Das kleine Mädchen im Sucher meiner Kamera hatte keine Flügel, aber ein Engel war es trotzdem. Vier Jahre alt, ein wilder Schopf schwarzer Locken und eine kleine trotzige Rosenblütenschnute. Mit verschränkten Armen stand die Kleine vor mir. Eine frechere Miniausgabe von Shirley Temple, inklusive Kleidchen mit Schleife am Bauch.
„Nein! Nein, nein, nein!“ Sie stampfte mit dem Fuß auf. Sie schmollte. Sie guckte mich böse an.
„Pippa, Süße. Lächelst du bitte fürs Foto?“
Pippa schaute ihren Vater Steven an und stampfte wieder auf. „Ich mag das Kleid nicht! Ich mag das Haarband auch nicht!“
Sie riss sich die Schleife aus dem Haar und warf sie auf den Boden. Und damit wir auch ja mitkriegten, wie sehr sie die Schleife hasste, stampfte sie mit ihren Lackschühchen drauf.
„Das ist deine Schuld, Liv“, erklärte Devon, Pippas anderer Daddy.
Ich hob eine Augenbraue. „Na, vielen Dank auch.“
Steven hob die Schleife auf und versuchte zu retten, was zu retten war. Devon lachte. „Sie ist dickköpfig, das ist alles. Halt so wie du.“
„Pippa, meine kleine Prinzessin. Bitte …“, bettelte Steven.
„Ach, und ihr Daddy, der sie nach Strich und Faden verwöhnt, hat nichts damit zu tun?“, murmelte ich und konzentrierte mich wieder auf die Szene, die sich vor meinen Augen abspielte. Draufhalten, fokussieren, abdrücken. Mit einer einzigen Fingerbewegung fing ich das Kämpfchen zwischen Vater und Kind ein.
„Mach davon bloß keine Fotos!“, japste Steven.
Pippa entkam lachend seinem Griff und rannte im Studio herum. Ihre Schuhe klackerten auf den alten Holzdielen. Der Klang der Freiheit. Die Kleine lief ganz schön schnell. Wie ich früher.
Devon lehnte sich zurück und schüttelte amüsiert den Kopf. Ich machte ein Foto nach dem anderen. Pippa laufend. Steven, wie er sie hochhob, sie mit dem Kopf nach unten herunterhängen ließ und ihr hübsches Kleid nach oben flog und man die Unterhose sehen konnte. Ihre Locken wischten über den Fußboden. Daddy und Tochter, wie sie sich aneinanderkuschelten. Dann beide Daddys mit ihrem kleinen Mädchen. Die Liebe
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