Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
Button gekauft mit dem blutigen Messer aus seinem Lieblingscomic Kawaii Not . Er hatte mich schon früh für die schrägen, abgedreht-witzigen Cartoons begeistert, und es war etwas, das wir noch heute teilten. Er teilte es sonst mit niemandem. Ich hatte den Button in Papier gewickelt und seinen Namen draufgekritzelt. Damit wollte ich ihm klarmachen, oh, so verdammt klarmachen, wie absolut nichtssagend und beiläufig dieses Geschenk war. Eine nachträgliche Idee. Nichts weiter. Nicht wichtig.
Doch als ich den Button jetzt spürte, die Rundung unter dem billigen Papier – da wusste ich, dass ich die Einzige war, die gedacht hatte, dieses kleine Ding könne wichtig sein.
Als ich draußen auf der Veranda stand, weinte ich. Meine Sicht verschwamm, und die Tränen gefroren auf meinen Wangen. Das brannte, und ich stolperte. Ich atmete erstickt ein, und mir wurde die Brust eng vor Herzschmerz. Ich schaffte es auf den Weg und vorbei an der frei stehenden Garage, ehe ich in heftige, hasserfüllte Schluchzer ausbrach. Ich blieb stehen, legte eine Hand auf das unbearbeitete Holz und wischte mit der anderen über meine Augen.
„Verdammte Scheiße!“, schrie ich, als ich sah, dass ich nicht allein war. „Woher kommst du denn jetzt?“
Alex stand unter dem Dachvorsprung. Er hatte sich gegen die Wand gelehnt, richtete sich aber jetzt auf. In einer Hand hielt er eine Zigarette, die nicht angezündet war.
„Ich bin vorne ums Haus gegangen. Olivia? Alles in Ordnung?“
„Sehe ich aus, als sei alles in Ordnung?“ Ich war mir sicher, dass ich ihm eigentlich ganz ruhig antworten wollte, aber die Worte schossen nur so aus mir heraus, und ich musste schon wieder heftig schluchzen. Ich hämmerte die Faust gegen die Garagenwand. „Nein! Nichts ist in Ordnung!“
Ich bedeckte das Gesicht mit beiden Händen und schluchzte in meine Handschuhe. Die Laute in meiner Kehle erinnerten eher an ein rostiges Getriebe, das so lange knirschte, bis die Maschine auseinanderbrach und verstummte. Ich spürte eine Hand, die sich fest auf meine Schulter legte. Dann eine noch festere Brust an meiner Wange. Ich hatte vorher nie bemerkt, wie groß er war. Erst jetzt, als ich meinen Kopf direkt unter Alex’ Kinn bettete, fiel mir das auf. Sein Mantel roch gut. Die Hand, in der er nicht die Zigarette hielt, streichelte meinen Rücken.
Ich bin ja in allen Belangen für die Gleichstellung der Frau und das alles. Aber ich wette, es gibt nur wenige Frauen, die sich nichtvon Alex trösten lassen würden. Starke Arme, eine männliche breite Brust. Ich wollte keine Worte, keine klugen Ratschläge. Ich wollte ihm nicht mal erzählen, was passiert war. Ich wollte mich einfach nicht länger so mies fühlen. Als ich mich schließlich von ihm löste, waren meine Schluchzer verstummt, aber ich fühlte mich nicht wirklich besser.
„Von wegen, das ist jetzt die schönste Zeit des Jahres.“ Alex steckte die Zigarette zwischen seine Lippen. „Die Feiertage sind der letzte Dreck.“
Ich steckte meine Hände in die Manteltaschen. „Ja.“
Er nickte. Das war’s. Keine Erklärung. Keine weiteren Versprechen.
Ich schaute ihn an. Im Licht der Straßenlaterne wirkten seine Augen dunkler, die Haut blasser. Ich beobachtete, wie seine Lippen die Zigarette umschlossen. Dann nahm er sie wieder heraus und atmete tief die eisige Nachtluft ein.
„Rauchst du die noch?“
„Nein“, sagte er. „Ich hab aufgehört.“
„Was zur Hölle tust du d…dann hier draußen?“ Ich klapperte vor Kälte mit den Zähnen. „Es ist verdammt kalt.“
„Ach, alte Gewohnheit. Du weißt schon, als das Rauchen vor allem eine Entschuldigung war, jederzeit irgendwo kurz verschwinden zu können, wenn einem danach war.“
„Das werde ich mir merken.“ Ich rieb mein Gesicht, um es zu wärmen. „Ich hätte einfach mit diesem Typen ausgehen sollen, den ich im Coffeeshop kennengelernt habe. Er wollte mich zu einer Silvesterfeier im Hotel Hershey ausführen. Dinner und anschließend Tanz mit Big Band. Ich bin sicher, da hätte es massig Schokolade gegeben, und ich hätte jemanden gehabt, den ich um Mitternacht küssen kann. Weißt du eigentlich, wie viele Jahre es her ist, seit ich jemanden hatte, den ich um Mitternacht küssen konnte?“
„Kann nicht so lange her sein.“
Mein Lachen klang ungefähr so rostig und knirschend wievorher mein Weinen. „Viel zu viele Jahre. Und es liegt nicht daran, dass es keine Angebote gab!“
„Das hätte mich auch verwundert.“
Surreal. Das
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