Naked - Hemmungslose Spiele (German Edition)
mir.
Ich war fasziniert.
Er steht nicht auf Frauen, ermahnte ich mich und nahm mir von dem Roastbeef. Scheiß auf die Diät. Als ich endlich von meinem Teller aufblickte, war Alex Kennedy verschwunden.
Es war eine gute Party. Eine von Patricks besten. Gegen Mitternacht hatte ich genug von den Leckereien und dem Klatsch und musste mein Gähnen hinter der Hand verbergen, damit keiner mich als alte Dame verspottete, obwohl ich mich manchmal schon so fühlte. Im Wohnzimmer wurde inzwischen Karaoke gesungen, und dazu tanzten so viele Leute, dass sowohl die Menora im Fenster als auch der Weihnachtsbaum in der Ecke wackelten.
War das etwa …? Oh nein. Es war. Ich bedeckte meine Augen mit der Hand und spähte zwischen den Fingern hindurch. Ein Mann hatte sich in die Mitte gedrängt und sang Beyoncés tolle Dance-Hymne, die vor ein paar Jahren der absolute Hit gewesen war. Die, in der es darum ging, einen Ring überzustreifen. Oh, und dazu tanzte er außerdem, und sein Timing war einfach perfekt. Kein Schritt ging daneben. Bestimmt hatte er das Ganze schon mal auf Video gebannt und bei YouTube hochgeladen. Alle klatschten und jubelten, aber ich schaute in die Zimmerecke neben dem Kamin, weil ich dort denjenigen vermutete, dem der Auftritt galt. Genau. Da stand Alex Kennedy.
Irgendwie konnte ich mir nicht vorstellen, dass er sich mal irgendwann einen Ring hatte überstreifen lassen. Höchstens über den Penis.
„Los, nicht schlappmachen“, rief Teddy und schenkte mir Wein nach, obwohl ich keinen mehr wollte. „Die Party ist noch nicht vorbei.“
Ich stöhnte und lehnte mich gegen ihn. „Vielleicht sollte ich lieber nach Hause fahren.“
Er schüttelte grinsend den Kopf und klopfte auf seine Tasche. „Ich hab deine Autoschlüssel.“
Ich hob mein Glas. „Wenn du nicht darauf bestanden hättest, mir dauernd nachzuschenken …“
Wir lachten. Ich hatte schon so viele Nächte bei den beiden im Gästezimmer verbracht, auch wenn ich nicht angetrunken war. Logisch, dass ich mich auch diesmal dafür entschieden hatte. Doch in diesem Moment, als ich durch den Türbogen in das Wohnzimmer-mit-Tanzfläche schaute, hätte ich einiges darum gegeben, nüchtern geblieben zu sein. Denn dann könnte ich jetzt einfach nach Hause fahren. Es war zu kalt und zu dunkel und zu weit, um zu Fuß gehen. Es wäre toll, wenn mich jemand mitnehmen könnte, aber obwohl ein paar Gäste sich schon verabschiedet hatten, waren die meisten noch in Partystimmung, und keiner von ihnen wohnte in meiner Richtung.
Ich verkniff mir das nächste Gähnen. „Ich glaube, ich brauch einen Kaffee.“
Teddy runzelte die Stirn. „Arme Livvy. Immer nur am Arbeiten.“
„Wenn ich’s nicht mache, macht’s keiner.“ Ich zuckte mit den Schultern.
„Ich bin jedenfalls beeindruckt. Du gehst beharrlich deinen Weg. Hast deinen Job aufgegeben, dich selbstständig gemacht. Patrick hat nicht geglaubt, dass du es durchziehst.“ Teddy guckte einen Moment lang etwas unbehaglich, als habe er ein Geheimnis ausgeplaudert.
„Ich weiß, dass er mir das nicht zugetraut hat.“
„Er ist auch sehr stolz auf dich, Liv.“
Ich war mir nicht sicher, ob Patrick überhaupt das Recht hatte, auf das stolz zu sein, was ich erreicht hatte. Aber ich sagte nichts. Stattdessen ließ ich mich von Teddy umarmen und ein bisschen streicheln. Er war wie eine kuschelige Version der Borg aus Raumschiff Enterprise: Widerstand ist zwecklos. Außerdem hatte ich einfach eine Schwäche für große Männer in Weihnachtsmann-Pullovern. Da konnte man nichts machen.
Ich gab ihm mein Weinglas. „Ich such mir Kaffee. Oder wenigstens eine Cola. Irgendwas.“
Ich hätte genauso gut ins Bett gehen können, aber solange dieParty noch im vollen Gange war, konnte ich wahrscheinlich sowieso nicht schlafen. Patricks Küche war total verkitscht. Es gab sogar eine Uhr in Form eines Kätzchens, das mit dem Schwanz wackelte, und Retro-Küchengeräte, die direkt den Fünfzigern entsprungen schienen. Einzige Ausnahme: eine Espressomaschine, die vermutlich der Weltraumforschung zu verdanken war. So ein modernes Ding, das Milch aufschäumte und mit Kapseln bestückt wurde. Ich habe nie begriffen, wie man damit umgeht, und eigentlich traute ich mich nicht, sie anzufassen, aus Angst, einen falschen Knopf zu drücken.
Ich wusste, dass hier irgendwo noch eine stinknormale Kaffeemaschine herumstehen musste. Patrick gab nie irgendwas weg. Und ich meine wirklich nie . Weder das alte Lieblings-T-Shirt noch die
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