Namibia
Häuptling) und/oder ein ganzes Gremium (ein Stammesrat) ist. Somit unterscheiden sich die eigentlichen Stämme von anderen, eher „lose“ organisierten Gemeinschaften (etwa den früheren Damara), die kein derartiges Führungsorgan besitzen und im Folgenden allgemeiner als „Gruppe“ oder „Gemeinschaft“ bezeichnet werden.
Die Strukturen der Stämme und Gruppen sind meist in der Vergangenheitsform beschrieben, da sich viele der Traditionen nicht bis heute fortsetzen konnten.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass die Traditionen und Stammesgefüge komplett aufgelöst sind, einiges hat sich bis heute halten können.
Mit zunehmender Besiedlung, vor allem durch Europäer und Bantu sprechende Völker aus Nordostafrika, wurden die als Nomaden umherziehenden San in ihrem Lebensraum immer weiter eingeschränkt, bis ihnen schließlich nur die nahezu wasserlose Kalahari blieb. Heute leben sie in zerstreuten Gruppen hauptsächlich im Osten, Nordosten und Norden Namibias. Mit etwa 45 000 Menschen stellen die San etwa 3 % der Gesamtbevölkerung des Landes.
Die Sprache der San wird offiziell der Khoekhoegowab-Gruppe (Khoekhoe-Sprache) zugeordnet. Charakteristisch für diese Sprachgruppe sind Schnalz- und Klicklaute.
Es bestehen eine Anzahl unterschiedlicher San-Völker nebeneinander, von denen die !Xu die größte Gruppe sind (das „!“ ist hier übrigens kein Druckfehler, sondern das Zeichen für einen der Schnalzlaute dieser Sprache).
Neid und so etwas wie „Eigentumsrecht“ sind den San völlig fremd. Auch den Wunsch, Reichtümer zu horten, kennen sie nicht. Gegenseitiges Geben und Nehmen ist vielmehr eines der Hauptmerkmale ihrer Kultur. Gerade hier ist der moderne Begriff der „nachhaltigen Nutzung“
(sustainable use)
Realität. So wird beispielsweise nach der Jagd die Beute ganz selbstverständlich immer mit allen Mitgliedern einer Gruppe geteilt. Wegen ihrer Fähigkeit zu teilen hatten es die San nie nötig, sich untereinander zu streiten oder Krieg gegen andere Stämme zu führen.
Festgelegte Hierarchien und Führungsorgane gibt es bei den San nicht. Die San-Völker bestehen traditionell aus so genannten Jagdscharen, bei denen alle Gruppenmitglieder gleichberechtigt sind. Es gibt zwar einen Stammesführer, dessen einziges Privileg jedoch darin besteht, den besten Wohnplatz aussuchen zu dürfen. Seine Hauptaufgabe ist die Überwachung des Sammelns von
Veldkost
sowie des Wasserverbrauchs seiner Gruppe. Außerdem muss er Eindringlinge fern halten, die sich ohne Verwandtschaftsbeziehungen seiner Gruppe anschließen wollen. Entscheidungen trifft der Führer einer Jagdschar nicht im Alleingang; Probleme werden in der ganzen Gruppe so lange besprochen, bis ein Konsens erreicht ist.
Die Familie bildet die grundlegende soziale Einheit der San. Zu den traditionellen Pflichten eines jungen San-Mannes gehört es, sich um seine Eltern, Geschwister und sonstige Verwandte zu kümmern. Schließt er sich einer fremden Jagdschar an, wird er deshalb oftmals von seiner ganzen Familie in die neue Jagdschar begleitet.
Neben der „Blutsverwandtschaft“ verbindet auch die Namensverwandtschaft die San untereinander. Die Erbfolgeregeln in San-Gemeinschaften sind nicht strikt festgelegt.
Jede San-Gruppe hat ihr eigenes Territorium mit Wasserlöchern und
Veldkost-
Vorkommen.Die Grenzen der Jagdreviere dagegen sind weniger festgelegt: Das Wild gehört demjenigen, der es erlegt hat. Genau dieses ungeschriebene Gesetz der San war die Ursache fast aller Konflikte der San sowohl mit den anderen afrikanischen Völkern als auch mit den Europäern.
Die großen Zusammenkünfte, die jedes Jahr dort stattfinden, wo sich die San jahres- und wetterabhängig gerade aufhalten, garantieren den Fortbestand ihrer Gesetze auch außerhalb der eigenen Gruppen und Clansysteme.
Über Jahrhunderte haben die San bewiesen, wie man von der Natur leben kann, ohne sie zu zerstören. Die San sorgen als Jäger und Sammler für ihren Lebensunterhalt . Während die Frauen für das Sammeln zuständig sind, ist die Jagd die ausschließliche Aufgabe der Männer. Das Sammeln von
Veldkost
ist für die San wichtiger als die Jagd wilder Tiere, da die gesammelten Pflanzen die meisten ihrer Nahrungsbedürfnisse stillen und ihnen in den langen Trockenheitsperioden die lebensnotwendige Feuchtigkeit liefern. Wie sehr sich die San an ihre spezifische Umgebung angepasst haben, ist erstaunlich, leben sie doch in einer der wasserärmsten Regionen der Welt. Im riesigen Gebiet
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