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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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Willst du nicht hier essen?« Gerade, als sie gehen wollte, trat Isolde aus der Küche.
    Vanessa schüttelte den Kopf. »Ich habe heute Morgen einen Vogel beobachtet, der mir so ein Gefühl der Ruhe vermittelt hat, dass ich es noch eine Weile behalten möchte. Es ist so schön, von meiner Veranda in die Savanne hinauszuschauen.«
    »Ja, stimmt«, bestätigte Isolde. »Von deinem Rondavel aus hat man den besten Blick.«
    Sie wirkte unschlüssig, gleichzeitig aber strahlte sie etwas aus, das Vanessa irritierte. Zwar irritierte Isolde sie oft, aber diesmal war es anders.
    »Ich habe ein Foto von dem Vogel gemacht«, fuhr Vanessa fort. »Ich wollte dann jemand fragen, was für einer es ist. Kennt sich hier jemand damit aus?«
    Isolde lachte. »Jeder hier kennt sich damit aus. Selbst die Leute, die nicht als Tour Guides ausgebildet sind.« Ihr Gesicht strahlte ungewöhnlich fröhlich.
    »Er sieht so ein bisschen aus, als hätte er eine knielange, schwarze Hose an –«, begann Vanessa zu beschreiben.
    Isolde unterbrach sie. »Ein Sekretär.«
    »Was?« Vanessa runzelte die Stirn.
    »Der Vogel«, erklärte Isolde. »Das ist ein Sekretär. Wegen der Gänsekiele, die er im Kopf stecken hat.« Sie lachte erneut. Es schien heute ganz an der Oberfläche zu sitzen, dieses Lachen, und bei jeder Gelegenheit herauszukommen.
    »Ach so.« Vanessa lächelte unsicher. Was war das mit Isolde heute? »Ich habe mir vorgestellt, es wäre eine Art Krone.«
    »Das mit den Gänsekielen ist ja auch nur so eine Erfindung«, gab Isolde gutmütig zu. »In Wirklichkeit sind es seine Kopffedern. Es gibt keinen anderen Vogel wie den Sekretär. Er ist eine Art für sich. Ein Greifvogel, aber lange Storchenbeine. Deshalb kreist er nicht wie andere Greifvögel die meiste Zeit in der Luft, sondern läuft lieber.«
    Vanessa lachte. »Ja, den Eindruck hatte ich auch. Er ist kurz aufgeflogen, aber dann sofort wieder gelandet.«
    »War es nur einer?«, fragte Isolde. »Sie sind ihrem Partner ein Leben lang treu, und meistens ist der zweite in Sichtweite.«
    Vanessa schüttelte den Kopf. »Ich habe nur einen gesehen. Aber ich bin nicht rausgegangen. Ich habe nur den Ausschnitt aus meinem Fenster betrachtet.«
    »Dann wird der zweite irgendwo gewesen sein. Vielleicht haben sie hier in der Nähe ein Nest gebaut. Deshalb ist er nicht weit weggeflogen. Wenn sie keine Jungen aufziehen, wandern sie wie Nomaden herum, immer den Schlangen nach.«
    »Schlangen?« Vanessa zuckte zusammen und schaute auf ihre Füße.
    Isolde lachte erneut. »Gerade keine da. Schlangen sind ihre Lieblingsnahrung. Es ist interessant, einen Sekretär bei der Jagd zu beobachten. Sie schlagen wild mit ihren Flügeln, und wenn sie damit eine Schlange aufgescheucht haben, laufen sie so lange im Zickzack hinter ihr her, bis sie so verwirrt ist, dass der Vogel sie mit einem harten Tritt in die Wirbelsäule töten kann.«
    »Iihh!« Vanessa verzog das Gesicht.
    Isolde zuckte die Achseln. »Das ist der Lauf des Lebens. Fressen oder gefressen werden.« Merkwürdigerweise lächelte sie, als sie das sagte.
    »Aber es ist auch schrecklich. Selbst wenn ich keine besondere Sympathie für Schlangen empfinde.«
    »Schrecklich?« Isolde schien gar nicht gehört zu haben, was Vanessa gesagt hatte.
    »Na ja, irgendwie schon«, bestätigte Vanessa, erneut irritiert von Isoldes Verhalten.
    »Das liegt daran, weil du keine Kinder hast«, sagte Isolde.
    »Was?« Vanessa starrte sie an. »Was hat das denn damit zu tun?«
    »Du weißt nicht, wie es ist, Mutter zu werden. Der Lauf des Lebens . . .« Isolde wirkte fast ätherisch, nicht wie die bodenständige Farmerin, die Vanessa kannte.
    »Ach, du meinst das Nest.« Vanessa nickte. »Aber Eier legen ist trotzdem nicht dasselbe wie Kinder kriegen, oder?«
    »Ein Kind zu bekommen ist die schönste Sache auf der Welt«, behauptete Isolde schwärmerisch.
    Vanessa wurde wütend. »Ja, okay. Du bist die größte Mutter aller Zeiten. Dauert ja nie lange, bis du mir reindrückst, dass ich meine Bestimmung als Frau bis jetzt nicht erfüllt habe. Vielen Dank!« Wütend stampfte sie mit ihrem Tablett los.
    Isolde kam ihr überraschenderweise nach. »Entschuldige, Vanessa. Ich wollte gar nichts damit sagen. Ich habe nur eben erfahren«, sie strahlte noch mehr, als sie es ohnehin schon tat, »dass ich schwanger bin.«
    Vanessa stoppte abrupt, ihr Tablett fiel zu Boden. Während sich ihr Frühstück im Sand verteilte, stand sie da, als hätte sie plötzlich der Blitz

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