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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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vor diesem ätzenden Kretschmer, vor dir . . . »Fährst du immer einfach so los?«, fragte sie angriffslustig zurück. »Könnte ja auch ein Löwe sein, der dahinten Mittagsschlaf hält.«
    »Dann hätte Jock mir schon Bescheid gesagt.« Er sah immer noch aus wie ein drohendes Gewitter. »Außerdem streunen Löwen nur äußerst selten zwischen Häusern herum.«
    »Ich bin nicht herumgestreunt !« Vanessa fuhr auf. »Ich wollte zu meinem Rondavel zurück.«
    »Und stattdessen bist du auf dem Bakkie gelandet?«
    »Ich wollte mich nur kurz hinsetzen.«
    Er starrte sie an. »Da hast du mir ja was eingebrockt. Was soll ich jetzt mit dir anfangen?«
    Da wüsste ich schon was . . . »Du fährst doch irgendwann mal wieder zurück«, erwiderte sie.
    »Irgendwann . . .«, wiederholte er. »Das kann Tage dauern.«
    »Tage?« Nun war Vanessa allerdings tatsächlich etwas aus der Bahn geworfen. Damit hatte sie nicht gerechnet.
    »Wenn Jock eine Spur findet«, erwiderte Kian. »Hast du nicht gesehen, dass ich Zelt, Benzin- und Wasservorräte auf dem Wagen habe?«
    Vanessa schaute sich um. Neben dem Zelt, hinter dem sie sich versteckt hatte, standen mehrere große Kanister, die an der Reling der Ladefläche verzurrt waren. Gesehen hatte sie das schon, aber nicht darüber nachgedacht, was es bedeutete. »Dann hättest du eben alles noch einmal überprüfen sollen, bevor du losfährst«, wehrte sie sich.
    Er atmete tief durch, wie um sich zu beruhigen, dann winkte er. »Komm da runter. Du kannst vorn mitfahren.«
    »Oh, wie gnädig von dir.« Vanessa sprang von der Ladefläche. »Ich weiß gar nicht, wie ich dir für so viel Güte danken soll.«
    »Du kannst auch hierbleiben«, sagte er, ging nach vorn und stieg ein.
    Vanessa beeilte sich, schnell auf den Beifahrersitz zu rutschen. Was auch immer Kian im Moment zu ihr sagte, sie war auf ihn angewiesen. Auch wenn sie das ärgerte.
    Kian fuhr los und sprach kein Wort mehr.
    Während Vanessa stumm neben ihm saß, betrachtete sie sein Profil. Sein Gesicht wirkte ausdruckslos, und obwohl sie vermutete, dass er über die Situation nachdachte, sah man es nicht.
    Wie hatte sie das immer gehasst. Wenn er nicht mit ihr sprach. Wenn er so tat, als wäre nichts geschehen. Wenn er wirkte wie eine Statue, die nichts erschüttern konnte, während in ihr Gefühle tobten, die herauswollten, über die sie mit ihm reden wollte. Wenn sie dann explodierte, hatte er sie verständnislos angesehen, als ob er gar nicht wüsste, worüber sie sich so aufregte.
    Seine kräftigen Hände lagen auf dem Lenkrad, das wild ausschlug, weil sie quer über die Savanne fuhren, keine ebene Oberfläche, keine Straße, nicht mal ein Pfad. Es musste schwierig sein, das Lenkrad hier in einer Richtung zu halten, und sie sah, wie seine Armmuskeln bei jeder Bewegung unter der braunen Haut spielten, sich anspannten, dem Wagen seinen Willen aufzwangen.
    Sie wusste, wie zärtlich seine Hände sein konnten, und während sie seine sehnigen Finger beobachtete, schwirrten ihr Gedanken davon durch den Kopf, was diese Finger alles bewerkstelligen konnten, wenn sie nicht gerade mit der Wildnis kämpften.
    Ihr war schon heiß, aber nun wurde ihr noch heißer. Seinen Körper so nah neben ihrem zu spüren machte es nicht leichter.
    Mit Gewalt wandte sie sich ab und schaute in den Busch hinaus. Sie fragte sich, wie man sich hier zurechtfinden konnte. Irgendwie sah alles gleich aus. Wie auf den Bildern, die das typische Afrika zeigten: einzeln stehende, große Bäume mit weit ausladenden Kronen, die wie Schirme den sandigen Boden darunter beschatteten. Dazwischen so gut wie nichts.
    Allerdings ein sehr unbequemes Nichts. Es ruckelte dermaßen, wenn sie darüberfuhren, dass sie sich an der Tür festhalten musste. Jetzt war sie ganz froh, dass sie nicht gefrühstückt hatte. Ihr Magen zeigte eine unangenehme Tendenz nach oben.
    Kian fuhr langsamer und hielt an, stieg aus. Er gab Jock ein Zeichen, und der sprang von der Ladefläche, kam aufgeregt nach vorn. Kian ging in die Hocke, betrachtete gemeinsam mit dem Hund etwas, von dem Vanessa nicht wusste, was es war, wies Jock an, daran zu schnuppern.
    Jocks bislang leicht wedelnde Rute wurde plötzlich starr. Er blickte nach vorn. Sein ganzer Körper war wie ein Bogen gespannt und bewegte sich nicht mehr.
    »Los«, sagte Kian. »Such sie.« Er sprach nicht besonders laut.
    Die Nase auf den Boden gepresst, als wäre sie daran festgeschweißt, lief Jock los.
    Kian stieg wieder ein und fuhr weiter,

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