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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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sie. »Er ist angeschossen worden!«
    »Was?« Isolde starrte sie an.
    »Draußen.« Vanessa kam langsam wieder zu Atem. »Er liegt auf dem Wagen. Er blutet stark.«
    Isolde rannte hinaus, Vanessa ihr hinterher. Mittlerweile hatten sich mehrere Leute um den Bakkie versammelt.
    Isolde sprang auf die Ladefläche, beugte sich über Kian, untersuchte ihn. »Wir müssen einen Arzt holen«, sagte sie, auf eine Art ruhig, die Vanessa erschreckte. »Und Vaanda.« Sie nickte einem Angestellten zu, und der lief los.
    Dann gab sie einige Befehle in einer Sprache, die Vanessa nicht verstand, und mehrere der Umstehenden hoben Kian vom Wagen, trugen ihn ins Haus.
    Vanessa lief neben ihnen her, warf immer wieder einen Blick auf sein unter der Bräune jetzt so erschreckend bleiches Gesicht, hielt seine Hand und hoffte, dass er die Augen aufschlagen würde. Aber das tat er nicht.
    Als sie ihn auf dieselbe Couch in der Diele legten, auf der Vanessa mit ihrem Sonnenstich gelegen hatte, sah sie, dass eine Angestellte telefonierte. Vermutlich war sie angewiesen worden, den Arzt zu rufen. Isolde hatte alles im Griff. Sie schien überhaupt nicht aufgeregt. Da lag ihr Ehemann in seinem Blut, kaum noch lebendig, und sie gab ruhig und gelassen Anordnungen, organisierte das Ganze wie ein Frühstück oder Abendessen.
    »Was ist los mit dir, Isolde?«, brüllte Vanessa sie an. Ihre Nerven gingen mit ihr durch, und sie begann zu zittern. »Hast du denn gar keine Angst um ihn?« Sie schlug die Hände vors Gesicht und schluchzte hart auf. Ihre Kehle war so trocken, dass es mehr wie ein Krächzen klang.
    Isolde betrachtete sie ungerührt. »Du gehst jetzt besser in deine Hütte. Du musst dich waschen.«
    »Vanessa!« Steffen kam auf sie zu gerannt. »Wo warst du? Was hast du gemacht?«
    Aber Vanessa schluchzte nur. Sie hatte sich aufrecht gehalten, bis sie Kian sicher auf der Farm wusste, aber sie hatte keine Kraft mehr, sich nun immer noch aufrecht zu halten. Die Gefühle, die Angst, die Verzweiflung überwältigten sie. Und die körperliche Schwäche, die sie plötzlich spürte, tat ein Übriges.
    »Komm«, sagte Steffen und zeigte eine überraschende Fürsorglichkeit, während er einen Arm behutsam um ihre Schultern legte und sie aus dem Haus führte.
    Er brachte sie in seine Hütte, wo sie völlig erschöpft aufs Bett fiel und mit leeren Augen an die Decke starrte.
    Nach einer stummen Minute wandte er sich zum Minikühlschrank, nahm eine kleine Wasserflasche heraus und hielt sie ihr hin. »Du bist ja ganz ausgetrocknet.«
    Sie bemerkte es gar nicht, also setzte er sich auf die Bettkante und stellte die Flasche auf den Nachttisch. »Was ist passiert? Hast du einen Kampf mit einem Löwen ausgefochten?« Er starrte auf ihr blutverschmiertes Kleid, als würde er es jetzt erst richtig wahrnehmen.
    Sie atmete schwer. Das Schluchzen war versiegt. »Ja«, wisperte sie schwach. »So ähnlich.«
    Sie sah Kians Gesicht vor sich, den roten Fleck auf seiner Brust, der immer größer wurde, während die Farbe seiner Haut sich unter den Blutspritzern in ein lebloses Grau verwandelte.
    »Nein!« Sie schrie auf, presste die Augenlider zusammen, als ob sie dadurch das Bild vertreiben könnte.
    »Willst du duschen?«, fragte Steffen. »Du siehst furchtbar aus.«
    »Danke«, erwiderte Vanessa trocken. »Ich liebe Komplimente.« Steffens Gegenwart war selbst wie eine kalte Dusche. Sie brachte sie unvermittelt in die Realität zurück.
    Sie griff nach der Wasserflasche und trank gierig die Hälfte mit einem Schluck aus. Ja, sie war durstig. Sie hatte nichts mehr getrunken seit dem Kaffee am Morgen, weil sie auf der Rückfahrt an nichts anderes denken konnte, als Kian heil nach Hause zu bringen. Ein weiterer Schluck leerte die Flasche vollends. Sie hielt sie Steffen hin. »Hast du noch eine?«
    Steffen ging zum Kühlschrank und brachte ihr Wasser, das sie ebenso schnell wie die erste Flasche ihrem ausgetrockneten Körper zuführte.
    »Ich fühle mich, als könnte ich einen ganzen See austrinken«, sagte sie. »Wenn es hier so etwas gäbe.« Sie ließ die leere Flasche fallen und stand auf. »Ich glaube, ich muss jetzt wirklich erst mal duschen.«
    Ohne darüber nachzudenken, öffnete sie den Reißverschluss ihres Kleides und ließ es achtlos zu Boden fallen, während sie in das angeschlossene Bad hinüberging. Steffens Rondavel war genauso wie ihres, nur lag es näher am Haus.
    Als sie unter dem Wasserstrahl stand, erfasste sie ein kaltes Zittern. Sie lehnte sich

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