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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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wurden. Es war ein mehr als harter Tag gewesen. Sie schlief ein.
    Stimmen weckten sie, klappernde Geräusche. Im ersten Moment wusste sie nicht, wo sie war, wischte sich irritiert über die Augen. Dann sah sie, dass sie vor einem Krankenhauseingang standen. Kian wurde ausgeladen. Er schien immer noch ohnmächtig zu sein.
    Mittlerweile war es dunkel geworden, aber der Eingang war erleuchtet. Sie schoben Kian in einen Gang dahinter. Kaunadodo ging schnell an ihm vorbei und lief voraus. Nun erschien er nicht mehr so ruhig wie auf der Farm. Er hatte es sehr eilig.
    Vanessa stieg aus der Ambulanz und folgte ihnen hinein. Das Krankenhaus machte einen erstaunlich europäischen Eindruck, auch wenn alle Angestellten hell- bis dunkelbraun oder schwarz waren. Hier war nichts von Vaandas Zauberkräften zu spüren, von Heilkräuterrauch oder zusammengebrauten Tränken. Es war hell, große Neonleuchten an den Decken, Rollstühle, Krankentragen, Krankenschwestern und -pfleger, die alle aussahen wie Angestellte einer Fluggesellschaft in ihren Uniformen, eine Rezeptionstheke, hinter der Computer standen.
    Niemand kümmerte sich um Vanessa. Sie sah die Trage mit Kian und den Sanitätern gerade noch hinter einer großen Glastür verschwinden. Da sie wohl kaum mit in den Operationssaal konnte, setzte sie sich in einen der Stühle, die vor der Rezeptionstheke in einem kleinen, abgeteilten Bereich standen. Ein paar andere Leute warteten schon dort.
    Nach einer Weile kamen die Sanitäter aus dem Operationsbereich zurück. Der Mann kam auf Vanessa zu und sagte etwas auf Afrikaans zu ihr. Als sie ihn verständnislos ansah, wechselte er zu einem schwer verständlichen Englisch.
    »Doktor Kaunadodo sagt, Sie sollen sich keine Sorgen machen.«
    »Danke.« Vanessa wusste nicht, was sie nun tun sollte.
    »Sie sollen hier warten«, fuhr die Sanitäterin fort, als ihr Kollege verstummte. Ihr Englisch war besser. »Seine Frau kommt.«
    Vanessa hob die Augenbrauen. »Seine Frau?«
    »Die Operation dauert lange. Sie müssen schlafen, sagt der Doktor.«
    »Ich würde lieber hier warten.« Zwar fühlte sie sich müde und erschöpft, aber sie konnte jetzt bestimmt nicht schlafen. Nicht, solange Kians Schicksal auf Messers Schneide stand. Denn diesen Eindruck hatte Kaunadodo ihr vermittelt.
    Die Sanitäterin zuckte die Schultern, und die Beiden gingen davon, unterhielten sich und lachten.
    Weiterhin beachtete sie niemand, und obwohl der Stuhl nicht wirklich bequem war, konnte sie sich mit aller Gewalt nicht dagegen wehren, einzuschlafen, obwohl sie es nicht wollte. Sie war einfach zu erschöpft. In ihren Träumen mischten sich Erlebnisse der vergangenen Tage zu einem einzigen großen Chaos. Da war Isolde, die diabolisch lächelte, da war Kian mit Jock, N!xau, die aufgeschreckten Wildtiere, die auf sie zurasten, Steffen –
    Jemand schüttelte sie an der Schulter.
    Sie zuckte hoch. Verwirrt schaute sie in ein weißes Gesicht. Alle anderen um sie herum waren dunkel.
    »Hallo«, sagte die Frau, die ausnahmsweise nicht blond war. »Bist du mit Ndodo von der Farm gekommen?«
    Vanessa nickte unwillkürlich, auch wenn sie die Frau, die sie so vertraulich ansprach, nicht kannte.
    »Ich bin Andrea«, sagte die Frau. »Ndodos Frau.« Sie lächelte freundlich.
    »Vanessa.« Sie fühlte sich merkwürdig, als wäre dies alles noch ein Traum. Oder war es das vielleicht? »Ich warte auf Kian.«
    »Ich weiß«, sagte Andrea. »Aber es hat keinen Sinn, hier zu warten. Es dauert noch eine Weile. Es ist am besten, wenn du mit mir kommst.«
    »Ich möchte nicht –«
    Andreas Lächeln wurde noch freundlicher, verständnisvoller. »Es hat wirklich keinen Sinn, wenn du hierbleibst. Vor morgen kannst du nicht zu ihm.« Ihre Augen bekamen einen fast schelmischen Ausdruck. »Und glaub mir, bei uns in einem Bett schläft es sich viel besser als hier auf einem Stuhl.«
    Vanessa hatte sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, was passieren würde, wenn sie in Windhoek waren. Aber ganz klar konnte Kian nicht gleich wieder zur Farm zurückfahren. Sie musste irgendwo bleiben.
    »Ich kann in ein Hotel –«
    »Unsinn.« Andrea schnitt ihr das Wort ab.
    Im selben Moment fiel Vanessa ein, dass sie überhaupt nichts bei sich hatte. Sie war einfach in den Krankenwagen gestiegen, sie hatte kein Geld, gar nichts. Da war es wohl eine mehr als glückliche Fügung, dass Andrea ihr Asyl anbot.
    Vanessa lächelte schief. »Eben fällt mir auf, dass ich ohne alles losgefahren bin. Ich könnte gar

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