Namibische Nächte (German Edition)
Isoldes Schwangerschaft vom Sockel. Aber es konnte ja auch mehr als einen Grund gegeben haben, warum Kian in seine Heimat zurückgekehrt war. »Tut mir sehr leid«, wiederholte sie. »Warum hast du mir nichts gesagt?«
»Das war«, er räusperte sich, »nach unserem Streit.«
Der Streit, in dem er ihr gesagt hatte, wie selbstsüchtig und egoistisch sie war. Wie sie nur an sich dachte und an ihre eigenen Wünsche und Bedürfnisse. Und noch vieles mehr. Sie schloss kurz die Augen. Es hatte sie so sehr verletzt, dass sie selbst heute noch Tränen aufsteigen fühlte, wenn sie daran dachte. »Du hättest es mir später sagen können«, flüsterte sie erstickt.
»Was hätte es geändert?« Er musterte ihr Gesicht.
Sie riss sich zusammen. »Es hätte nichts geändert, du hast Recht.« Später, da war er schon mit Isolde verheiratet gewesen. Da warteten sie schon auf die Geburt ihres ersten Sohnes. Was für eine Rolle hätte Vanessa da noch spielen können? Die nette Tante aus Deutschland?
»Nessa.« Er legte seine Hand auf ihre. »Danke, dass du mich nach Hause gebracht hast. N!xau kann ungeheuer viel, aber leider nicht Auto fahren.«
»Er hätte eine andere Möglichkeit gefunden«, wehrte Vanessa ab. Sie wollte seine Dankbarkeit nicht, sie wollte seine Liebe. Aber die gehörte seiner Familie. Isolde.
»Er hätte ein paar Nashörner vor den Wagen spannen können, meinst du?« Kian lächelte.
»Das traue ich ihm zu.« Vanessa musste unwillkürlich ebenfalls lächeln.
»Ich auch«, sagte er, »aber ich denke, du warst doch die bessere Lösung.«
Vanessa schluckte. Wenn sie nur eine Lösung für ihn war, was sollte sie dann noch hier? Sie versuchte, ihr Herz vor all dem anderen zu verschließen, was sie gern für ihn sein wollte. Was er für sie war. »Freut mich«, sagte sie.
»Hat Ndodo noch irgendetwas gesagt, außer dass ich einen Tag hierbleiben muss?«, fragte er.
»Nein.« Sie schüttelte den Kopf. »Er hat wohl mit Andrea heute Morgen einiges besprochen, aber mit mir nicht.«
»Du warst heute Nacht bei ihnen?«
Sie nickte.
»Das ist gut«, sagte er.
Sie schwiegen. Es hing etwas im Raum, das sie beide nicht aussprechen wollten.
Vanessa räusperte sich. »Ich denke, du solltest noch etwas schlafen, dich erholen. Ich kann in die Stadt gehen. Auch wenn ich nichts einkaufen kann, weil ich kein Geld mitgenommen habe.« Sie versuchte, ganz entspannt zu lächeln. »War ein bisschen überstürzt, die Abfahrt.«
Am liebsten hätte sie an seinem Bett gesessen, seine Hand gehalten, in seine Augen geschaut, gespürt, dass er alles gut überstanden hatte, aber wohin sollte das führen? Sobald Kaunadodo es erlaubte, würde Kian auf die Farm zurückkehren, zu Isolde. Und Vanessa würde in ein paar Tagen nach Deutschland zurückfliegen. Es hatte alles keinen Sinn.
Kaunadodo trat plötzlich herein. Sie erwachte wie aus einem Traum.
»Na«, fragte Kaunadodo. »Was macht deine Herzfrequenz? Hat der Besuch sie sehr in die Höhe getrieben?« Er schaute auf die Monitore.
Vanessa fühlte Wärme in ihr Gesicht steigen. Hoffentlich wurde sie nicht rot. »Wir haben uns nur unterhalten«, sagte sie.
»Gib Vanessa ein paar hundert Rand, damit sie sich Windhoek ein bisschen anschauen kann«, sagte Kian. »Es hat keinen Sinn, wenn sie die ganze Zeit hier im Krankenhaus herumsitzt. Ich darf ja wohl leider noch nicht aufstehen.« Er blickte Kaunadodo vorwurfsvoll an.
»Nein, darfst du nicht.« Kaunadodo grinste. »Einmal musst du tun, was ich sage.«
»Bitte, mach dir einen schönen Tag, Nessa«, wandte Kian sich jetzt wieder an sie. »Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich dir deinen Urlaub verderbe. Du hast ihn dir schwer verdient.«
Was für ein Urlaub wäre das gewesen, wenn sie ihn mit ihm hätte verbringen können, Tag für Tag, Stunde für Stunde? Aber er konnte sich wohl nicht vorstellen, wie sehr sie sich danach sehnte. Und es war auch besser so. Sie hatte schon genug Probleme damit, ihre eigenen Gefühle im Zaum zu halten.
Sie atmete tief durch. »Das stimmt«, sagte sie. »Wie kann ich dir das Geld dann zurückgeben?« Sie schaute Kaunadodo fragend an.
»Wir setzen das mit auf die Krankenhausrechnung.« Kaunadodo grinste.
Kian warf einen kopfschüttelnden Blick auf ihn. »Mach dir darüber jetzt keine Gedanken. Bitte, nimm dir ein Taxi, fahr ins Zentrum und guck dir alles an.«
»Na gut.« Sie atmete tief durch. »Es stimmt wohl, dass ich hier nichts tun kann. Ich bin keine Krankenschwester.«
»Und das
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