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Namibische Nächte (German Edition)

Namibische Nächte (German Edition)

Titel: Namibische Nächte (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle van Hoop
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Hände auf ihrer Haut, seine Küsse auf ihren Lippen . . .
    Sie atmete tief durch. Sie durfte nicht daran denken, das machte alles nur noch schlimmer. Sie sollte lieber diesen wundervollen Tag unter dem Gummibaum genießen.
    Wieder kam ihr in den Sinn, dass es November war. Wie konnte es November sein, wenn die Luft so warm war, dass man die leichte Brise begrüßte, den Schatten der großen, herzförmigen Blätter?
    Sie nahm eines der Blätter, das über ihrem Tisch hing, in die Hand. Die Luftwurzeln unterhalb des Astes begannen leicht zu schaukeln, vom Wind wahrscheinlich, denn ihre Berührung konnte diesen Riesen wohl kaum erschüttert haben. Das Blatt fühlte sich glatt und kräftig an. Widerstandsfähig und trotzdem biegsam. Es konnte sich allen Bedingungen anpassen und sie überstehen, davon war sie überzeugt.
    Wenn es doch bei den Bedingungen, die das Leben einem auferlegte, genauso einfach wäre. Aber da ging es um Menschen. Und Menschen waren kompliziert.
    Sie schloss sich da selbst nicht aus. Wenn sie gewusst hätte, dass Kian von jetzt auf gleich verschwinden würde, hätte sie dann anders gehandelt? Hätte sie verstehen können, dass er nicht so war wie andere Männer, die sie vor ihm gekannt hatte?
    Sie hatte bemerkt, dass er anders war. Deshalb hatte sie sich in ihn verliebt. Aber erst hier in Namibia hatte sie begriffen, wie anders. Damals war es ihr unmöglich gewesen, das zu begreifen.
    Sie seufzte. Wie hatte ihre Großmutter immer gesagt? »Du musst nach vorn schauen, Kind, nicht zurück.«
    Sie blickte sich um. Das bunte Gewimmel auf dem Rasen war noch bunter geworden, es schienen immer mehr Menschen dort eine Pause einzulegen. Gegenüber, auf der anderen Seite der Straße, begann eine Fußgängerzone. Obwohl man sich in diesem Café fühlte, als wäre man mitten in der Natur, war man doch mitten in der Stadt.
    Schaute sie nach links, sah sie auf den Park. Schaute sie nach rechts, öffnete die Fußgängerzone den Blick auf Gebäude mit Beschriftungen von Versicherungen oder Bekleidungsgeschäften, Restaurants, einem Postamt.
    Sie konnte sich vorstellen, dass Windhoek alles bot, was man zum Leben brauchte.
    Mit Gewalt riss sie ihren Blick los. Sie würde hier nicht leben. Niemals. Sie brauchte keine Überlegungen darüber anzustellen, was Windhoek bot oder nicht. Es war überflüssig.
    Sie winkte der Kellnerin, um zu bezahlen. Sie musste aufhören zu träumen. Das hier war die Wirklichkeit. Es war warm, die sommerliche Brise streichelte ihr Gesicht, der Schatten unter dem Gummibaum ließ sie fast vergessen, dass es so etwas wie Frankfurt gab, aber sie sollte sich nicht zu sehr darauf einlassen, was hier war. All dieses Schöne konnte sie nicht behalten. Sie musste es zurücklassen, wenn sie wieder nach Deutschland flog.
    Sie bezahlte und verließ das Café. Eine Weile schlenderte sie durch die Fußgängerzone, in der neben den großen Geschäften überall Straßenverkäufer ihre Schnitzereien anboten, kunstvoll geflochtene Schalen oder auch Lederwaren, Portemonnaies, Handtaschen.
    Eine dieser Handtaschen erregte ihre Aufmerksamkeit. Sie war aus hellbraunem Leder, aber das Leder war nicht glatt, auch nicht einfach nur genarbt, es hatte Noppen. Sie hatte so etwas noch nie zuvor gesehen.
    Die Verkäufer hier hatten einen siebten Sinn dafür, wenn sich Interesse für ihre Waren zeigte. Diesmal war es eine Frau, die Vanessa die Tasche anbot.
    »Was für ein Leder ist das?«, fragte Vanessa.
    »Strauß«, erklärte die Frau, deren Haar noch viel kunstvoller geflochten war als die Schalen, die sie verkaufte. Lange, tiefschwarze Zöpfchen umrahmten ihr Gesicht.
    »Straußenleder.« Vanessa war beeindruckt. Sie hatte schon von Straußenfedern gehört, aber Straußenleder hatte sie noch nie gesehen. Sie nahm die Tasche in die Hand, und im selben Moment wusste sie, dass sie diesmal nicht nein sagen würde. Das Leder fühlte sich wunderbar weich und anschmiegsam an. Es war etwas ganz Besonderes.
    Sie fragte nach dem Preis der Tasche und bot Kians Rat folgend die Hälfte.
    Die Frau sah sie mit weit aufgerissenen Augen an, als hätte sie ihr Leben bedroht.
    Vanessa zog ein paar Scheine aus der Hosentasche. »Es tut mir leid, aber mehr habe ich nicht.« Sie steckte einen Schein für die Rückfahrt wieder in die Hosentasche zurück.
    Zweifelnd musterte die Frau sie, dann gab sie ihr die Tasche. Plötzlich begann sie zu lächeln. Anscheinend hatte Vanessa ihr mehr gegeben, als sie erwartet hatte. Sie musste das

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