Nana - der Tod traegt Pink
ist es!« Kann eine kahle Puppe, die in Modegeschäften Kaufreize setzen soll, auch haarlos Schönheit ausstrahlen? Nana und die Puppe wirken auf dem Foto fast wie Figuren, zart, blass, geradezu wie aus Marmor. Antiken Statuen gleich.
Wird auch Nana bald kalt und starr sein? Nur noch als Abbild vorhanden? Nanas Porträt, festgehalten für die Ewigkeit. Lebendig – und doch todgeweiht.
Facebooking
Im Internet findet ein reger Austausch von Models und Fotografen statt. Man kommentiert, empfiehlt, recherchiert. Nana fällt auf unter all den anderen Frauen dort. Auch dem Fotografen Ron Maass:
Nana war am Anfang ein Mysterium für mich. Irgendwann stellte sie Fotos online, die ihre Mama gemacht hatte – die mit den coolen Stoppelhaaren. Kurzhaarige Frauen bekommen einen Charakterkopf, und Nana sah fantastisch aus. In mir wuchs schnell der Gedanke: Die muss ich fotografieren! Wir haben immer wieder mal gemailt, und im August 2011 habe ich sie dann ganz direkt gefragt, was ihr denn fehle. Da erst rückte sie raus mit der Sprache.
Dass sie Krebs hat. Wobei ich es mir bereits gedacht hatte. Welches Mädchen rasiert sich schon eine Glatze? Die stehen ja eigentlich alle auf lange Haare.«
Nana muss ihre geplante Zusammenarbeit mit den Fotografen immer wieder verschieben. Doch im September 2011 sprüht sie vor Energie. Obwohl sie parallel – teilweise am gleichen Tag – ambulant zur Chemotherapie geht, absolviert sie im Schnitt alle drei Tage einen Job vor der Kamera. In diesem Monat entstehen alle Shootings mit den Fotografen Frank Jagow, Michael Brik und Ron Maass, die unterschiedlicher nicht sein könnten.
Frank Jagow, der Nana und Barbara bereits bei einem Fotoworkshop im August kennengelernt hat, wählt als Location eine alte Werkstatt. Nana im karierten Hemd, Nana in schlichtem Schwarz, Nana im blauen Satinkleid, Nana zwischen Werkzeugen und verstaubten Motorhauben.
Ohne Perücke, mit ihrem raspelkurzen Haar. Eine stille, nachdenkliche Nana. Das findet auch Frank Jagow:
Ich glaube, sie hatte eine Vorahnung, viel früher als alle anderen. Nana war tough und hat viel Lebenskraft ausgestrahlt. Dennoch: Die Fotokamera friert den Moment ein. Da erkennt man schnell, wenn die Person trauriger ist, als sie offensichtlich erscheint. Es gab zwar Momente, in denen auch ihre Augen mitgelacht haben, aber oft waren sie traurig. Sie hat sich das nie großartig anmerken lassen. Nana war höchst professionell.«
Beim erneuten Fotoshooting mit Frank Jagow knappe drei Wochen später ist bei Nana von Melancholie nichts zu spüren. Voller Vorfreude plant sie den Tag mit Kostümen, Perücken, Requisiten. Unter dem Motto »Welcome to the Tea Party« nach »Alice im Wunderland« entstehen opulente, knallige, lustige Fotos. Barbara besorgt beim Konditor eine echte Torte; ein Grammofon und eine Schubkarre werden organisiert. Es ist eine ihrer lebendigsten Fotostrecken überhaupt. Und trotz der Anstrengung eines langen Shootingtages läuft alles sehr routiniert. Frank erinnert sich:
Bild 10
2.9.2011. Schwarze Nana, rote Motorhaube. Barbara, die am Set assistiert hatte, bekam zu hören: »Mama, du hast da nicht richtig staubgewischt. Hast du das etwa nicht gesehen?!«
Bild 11
25.9.2011. Eine von Nanas lebendigsten Fotostrecken. Als wolle sie allen zeigen: Ich habe Krebs. Seit Monaten bekämpfe ich ihn. Aber ich lebe. Ich habe Pläne. Ich lache den Krebs aus!
Nana war wahnsinnig gut drauf und sehr engagiert. Aufgrund ihrer Rückenproblematik waren schon allein die vielen Stunden im Sitzen beim Fotografieren beschwerlich. Dazu dieses Riesenhaarteil, unter dem es entsprechend warm war und das auch immer wieder verrutscht ist. Für das zweite Set mit der Grinsekatze, auch aus ›Alice im Wunderland‹, hat allein das Make-up zweieinhalb Stunden gedauert. Nana hat es klar durchgezogen, wo andere gejammert hätten: Mir ist kalt, ich bin müde. Das hätte man von ihr nie gehört.«
Während Nana bei Frank Jagow mit großer Begeisterung in eine Rolle mit aufwendiger Verkleidung schlüpft, zeigt das Shooting bei Michael Brik Nana sexy, stark, unbeugsam. Auf ihre Frage »Welche Perücke soll ich mitbringen?« hatte Michael geantwortet: »Überhaupt keine. Sei so, wie du bist, ich möchte dich fotografieren – und nicht irgendeine Maske. Selbstverständlich kannst du eine mitbringen, wenn du willst. Meine Lieblingsfarbe ist blau.«
Bild 2
Barbara und Michael auf Facebook zum Foto: »Wild child!« »Yap ... die Kleine ist echt
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