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Nana - der Tod traegt Pink

Titel: Nana - der Tod traegt Pink Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Staecker , Dorothea Seitz
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*bomb*!«
    Bild 3
    Nana zum Foto: »Mama, da hast du mich echt plattgemacht!«
    Das auffällige Porträt mit dem durchdringenden Blick und dem knalligen Haar wird lange Nanas Profilbild auf Facebook sein. Ein anderes Bild aus dieser Serie entsteht aus einer Spielerei heraus. Michael erzählt dazu:

    Barbarba und Nana hatten gemeinsam die Idee mit dem schwarzen Klebeband. Ich habe es herausgekramt, Barbara hat Nana damit eingewickelt, und wir sind nach draußen in eine Unterführung gegangen. Mal hat Barbara sie fotografiert, mal ich. Nana musste also für uns beide modeln. Die Zielsetzung war, möglichst coole, stylishe Fotos zu schießen. Es war übrigens zu keiner Sekunde auch nur ein Hauch von Erotik in der Luft – dafür war es viel zu lustig.«

    Auf den unbeteiligten Betrachter wirkt das allerdings anders. Daher gehört für manche das Foto mit dem schwarzen Tape zu den irritierendsten Nana-Porträts: Die junge Frau hat Krebs. Sieht man da sexy aus? Michaels Begeisterung für das
Model Nana beschränkt sich allerdings nicht nur auf ihre Wandlungsfähigkeit vor der Kamera:

    Nana hat sich selbst geschminkt, und das in einer unglaublichen Perfektion. Ich muss sagen, das Make-up hätte nicht besser sein können; sie war eine absolute Naturbegabung. Wir haben uns anschließend über ihren Traum, Visagistin zu werden, unterhalten. Genauer: Wir haben lange, ausführlich und ernsthaft über Nanas Zukunft gesprochen, sogar konkret über die Möglichkeit, wie sie einen überwiegend stehend ausgeübten Beruf krankheitsbedingt auch im Sitzen durchführen könnte. Es war überhaupt kein Thema, dass da noch irgendetwas schieflaufen könnte.«

    Nana steckt voller Pläne, voller Tatendrang. Doch das ist nur die eine Seite ihres Innenlebens. Die andere wird sie fünf Tage danach in erschütternder Weise sichtbar werden lassen.
    Das Sterbebild

    Der Brauch des Totenzettels oder auch Sterbebildes ist eine überwiegend in katholischen Gegenden verbreitete Form des Gedenkens. Einst mit dem Kon terfei eines Heiligen und den knappen biografischen Angaben der Verstorbenen versehen, hat sich mit der Fotografie auch die Abbildung des Toten durchgesetzt. Früher waren die Gesangsbücher voll von den bunten gefalteten Andenken. Heute liegen sie wohl eher zwischen Briefen, Fotos, Erinnerungsstücken und ermöglichen so auch nach Jahren einen kurzen Moment des Innehaltens.

    Nanas Sterbebildchen waren auf ihrer Beerdigung schnell vergriffen. Jeder wollte diese Aufnahme mitnehmen, die
wie kaum eine andere so viel vorwegnimmt. Fotograf Ron Maass erlebt an deren Entstehungstag eine besondere Nana:

    Ich war völlig baff, denn Nana hatte ich mir anders vorgestellt. Ich hatte erwartet, dass jemand, der so gegen den Krebs kämpft, ein starker Mensch sein müsste. Und dann sehe ich dieses Mädchen, die mit ihrer zarten Stimme und diesem zierlichen Körper überhaupt nicht zu meinem Bild passte.«

    Ron ist so überrascht, dass er zunächst gar keinen Zugang zu Nana findet. Er macht sich richtig Sorgen, hat Angst, das Shooting würde keine guten Bilder bringen. Von den Aufnahmen des ersten Sets hat er nicht mal eines bearbeitet. Doch dann, so Ron, wird es schlagartig anders:

    Ich blickte durch das Objektiv und sah ihre Angst, das Leid, das sie ertragen musste. Und den nahen Tod. Ich bekam eine richtige Gänsehaut, die Haare stellten sich mir auf. Mir wurde es kalt ums Herz, als würde mich jemand mit einem eisigen Griff packen. Da wollte ich Nana eigentlich nicht mehr fotografieren, sondern in den Arm nehmen.«

    Ron ist schockiert. Natürlich hatte er vorab mit Nana besprochen, was für Vorstellungen er hat. Er wolle sie bei seinem Shooting pur, ohne »Schnickschnack«. Ob es an seiner Sensibilität lag, an der Schwingung, die zwischen beiden entstanden war?
    Er jedenfalls hält eine Nana fest, die ihre Wahrheit kennt. Die weiß, was vor ihr liegt. Ron ist sich all dessen voll bewusst. Er kann kaum abdrücken. Und am liebsten möchte er Nana seine Fotos überhaupt nicht zeigen – lassen sie doch für Ron keinen Zweifel mehr zu.

    Ich spürte das dringende Bedürfnis, ihr zu helfen. Aber keiner kann ihr helfen. Sie wird sterben.«

    Ohne nur einen Augenblick zu zögern, wird sich Nana vier Monate später auf die Frage nach ihrem Sterbebild für Rons Foto entscheiden. Das Foto, das auch Coverbild dieses Buches ist.
    Für die Dankeskarte wählt die Familie ebenfalls ein Bild von Ron aus: das Porträt einer schönen, aber unendlich traurigen

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