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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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Herrschaft im Umlauf, die der vormalige Advokat im gräflichen Hause Muffat übte. Fauchery, ohne Zweifel gestört durch die Anwesenheit Venots, erzählte Daguenet und Georges allerlei Geschichten über den Ursprung von Venots Vermögen. Es stamme aus einem großen Prozeß, den er einmal für die Jesuiten zu führen hatte. Seither hatte dieser feine Herr sich mit Haut und Haar den Pfaffen verschrieben. Die jungen Leute spotteten über den kleinen Greis und fanden, daß er ein dummes Gesicht habe. Ein unergründlicher Venot, ein riesenstarker Venot, der im Dunkeln für die Klerisei arbeitet, war ihnen ein komischer Begriff. Doch sie schwiegen, als sie den Grafen am Arm Venots zurückkehren sahen, sehr bleich, mit geröteten Augen, als ob er geweint habe.
    Sie werden miteinander von der Hölle gesprochen haben, brummte Fauchery.
    Die Gräfin Sabine, welche diese Worte gehört hatte, wandte langsam den Kopf, und sie versenkten ihre Blicke ineinander, wie um einander lange zu prüfen, ehe sie den ersten Schritt wagten.
    Gewöhnlich suchte die Gesellschaft nach dem Essen eine Terrasse auf, welche die ganze Ebene beherrschte. Am Sonntag nachmittag herrschte ein köstlich heiteres Wetter. Gegen 10 Uhr hatte man Regen befürchtet, allein der Himmel bedeckte sich mit einem milchweißen Nebel, der im Sonnenlichte einem Goldstaube glich. Madame Hugon machte den Vorschlag, man solle in der Richtung auf Gumières bis zum Choueflüßchen eine Fußpromenade machen. Sie war trotz ihrer sechzig Jahre noch sehr rüstig und eine Freundin solcher Fußpartien. So kam die Gesellschaft, die den Vorschlag mit Freuden aufgenommen hatte, in ziemlicher Unordnung bei der Brücke an, die über das Flüßchen gelegt war. Fauchery und Daguenet mit den Damen Muffat bildeten die Vorhut; ihnen folgte der Graf und der Marquis an der Seite der Madame Hugon. Vandeuvres, sehr gelangweilt und bedächtig seine Zigarre rauchend, bildete den Schluß des Zuges. Venot ging lächelnd von einer Gruppe zur andren, gleichsam um alles zu hören.
    Der arme Georges ist in Orleans, sagte Madame Hugon wiederholt. Er will den alten Doktor Tavernier, der keine Krankenbesuche mehr macht, wegen seiner Migräne zu Rate ziehen. Er hat sich schon um 7 Uhr, als noch alles im Hause schlief, auf den Weg gemacht. Die kleine Reise wird ihn vielleicht zerstreuen. Sie unterbrach sich plötzlich und rief:
    Warum bleiben denn alle auf der Brücke stehen?
    In der Tat waren die Vorausgegangenen am Brückenkopfe stehen geblieben, als ob irgendein Hindernis im Wege stehe, obgleich die Bahn völlig frei war.
    Vorwärts! rief Graf Vandeuvres.
    Sie rührten sich nicht, sondern blickten starr nach einem herannahenden Gegenstande, den die andern noch nicht sehen konnten, weil der von dichtbelaubten Pappeln eingesäumte Weg hier eine Biegung machte. Man hörte indes das immer näher kommende Geräusch von Wagenrädern, untermischt von Gelächter und Peitschenknall. Plötzlich tauchten fünf Wagen auf, von denen die weißen, blauen und rosa Toiletten der Insassen weithin schimmerten.
    Was ist das? fragte Madame Hugon überrascht. Dann erriet sie allmählich und murmelte, entrüstet über diese Begegnung:
    Oh, dieses Weib! Gehen wir! ...
    Doch es war nicht mehr Zeit zu entkommen. Die fünf Wagen, die Nana und ihre Gäste zur Abtei von Chamont brachten, hatten die kleine hölzerne Brücke erreicht. Fauchery, Daguenet und die Damen Muffat mußten die Brücke wieder verlassen und nahmen mit den übrigen längs der Straße Aufstellung. Es war ein fröhlicher Zug. Das Gelächter in den Wagen hatte aufgehört, die Insassen der Fahrzeuge wandten neugierig die Köpfe zur Seite, man betrachtete einander gegenseitig in dieser Stille, die durch nichts als den gleichmäßigen Trab der Pferde unterbrochen war. Im ersten Wagen saßen Maria Blond und Tatan Néné, stolz zurückgelehnt wie Herzoginnen, voll Verachtung auf diese ehrbaren Frauen herabblickend, die zu Fuße gingen. Dann kam Gaga, die allein eine Bank einnahm und neben der La Faloise so vollständig verschwand, daß man nichts als seine Nase sah. Jetzt folgten Karoline Héquet mit Labordette, Lucy Stewart mit Mignon und seinen Söhnen und zuletzt in einer Viktoria, Steiner mit Nana, die den armen Zizi, der auf einem Klappsitz ihr gegenüber saß, gleichsam zwischen den Knien hielt.
    Diese letzte ist es, nicht wahr? fragte die Gräfin ruhig Herrn Fauchery, indem sie tat, als ob sie Nana nicht erkenne.
    Die Viktoria streifte sie fast, sie aber rührte

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