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Nana

Titel: Nana Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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dessen Nase fortwährend im Glase steckte, dachte an Gagas Tochter. Er erinnerte sich, daß er einst Lili auf den Knien gewiegt hatte. Die Kinder wachsen so schnell ... Die Kleine ist ordentlich stark geworden. Graf Muffat saß mit gerötetem Gesicht, in Gedanken versunken, da. Er hatte Georges lange angeblickt. Nach aufgehobener Tafel ging er, ein leichtes Fieber vorschützend, in sein Zimmer, um sich daselbst einzuschließen. Herr Venot eilte ihm nach, und es gab eine Szene im Zimmer. Der Graf warf sich auf sein Bett und verbarg schluchzend sein Haupt in den Kissen. Venot tröstete ihn milden Tones, nannte ihn seinen teuren Bruder und riet ihm, die göttliche Gnade anzurufen. Muffat röchelte vor Schmerz und hörte Venot nicht. Plötzlich sprang er vom Bett auf und rief:
    Ich gehe zu ihr, ich ertrag's nicht länger ...
    Gut, sagte der Greis; ich werde Sie begleiten.
    Als sie das Haus verließen, konnte man zwei Schatten im Dunkel der Allee verschwinden sehen. Fauchery und die Gräfin überließen jetzt allabendlich Daguenet gänzlich die Sorge, Estella bei der Bereitung des Tees behilflich zu sein. Auf der Landstraße eilte der Graf mit solcher Hast voraus, daß sein Begleiter ihm kaum zu folgen vermochte. Dieser hörte ganz außer Atem nicht auf, dem Grafen die besten Lehren über die Versuchungen des Fleisches zu erteilen.
    Muffat antwortete nicht, sondern stürmte in der stillen Nacht vorwärts. Vor La Mignotte angekommen, sagte er einfach:
    Gehen Sie, ich vermag nicht länger zu widerstehen.
    Nun denn, Gottes Wille geschehe, murmelte Venot. Ihre Sünde wird eine Waffe in seinen Händen sein.
    In La Mignotte gab es Streit beim Essen. Nana hatte einen Brief Bordenaves vorgefunden, in dem dieser ihr riet, der Ruhe zu pflegen. Es hatte ganz den Anschein, als ob ihr Fernbleiben ihn nicht zu sehr bekümmere; auch hörte sie, daß die kleine Violaine allabendlich vom Publikum zweimal gerufen werde. Als Mignon in sie drang, mit ihnen am folgenden Tage nach Paris zurückzukehren, wurde sie störrisch und erklärte, von niemandem Ratschläge anzunehmen.
    Sie hatte überhaupt bei Tische ein seltsam strenges Benehmen an den Tag gelegt. So erteilte sie ihrer Tante eine derbe Rüge, weil die arme Lerat sich irgendeinen freien Ausdruck erlaubt hatte. Niemand dürfe in ihrem Hause Schweinereien reden, meinte sie; nicht einmal ihre Tante. Dann verblüffte sie die ganze Gesellschaft durch ihre Anwandlungen eines ehrbaren Lebenswandels; sie sprach davon, ihrem Ludwig eine religiöse Erziehung zu geben und auch ihrerseits ein neues Leben zu beginnen. Als die Gäste lachten, verfiel sie in einen lehrhaften Ton und sagte, die Ordnung allein führe zum Wohlstande, und sie habe keine Lust, auf Stroh zu enden. Die Damen stießen Rufe der Überraschung aus und sagten, Nana sei ausgetauscht worden. Sie aber starrte träumerisch in die Luft, wo ihr das Bild einer sehr reichen und sehr verehrten Nana auftauchte.
    Man war eben im Begriff, zu Bett zu gehen, als Muffat erschien. Labordette war der erste, der ihn im Garten erblickte. Er begriff, was der Graf wolle, und tat ihm den Gefallen, Steiner abseits zu halten; dann führte er den Grafen bis zu Nanas Zimmer. Labordette benahm sich in solchen Angelegenheiten sehr geschickt; es schien seine höchste Freude zu sein, andere glücklich zu machen. Nana schien nicht überrascht zu sein, nur zeigte sie sich verdrossen über die Zähigkeit, mit welcher der Graf ihr nachstellte. Man müsse ernst sein im Leben, bemerkte sie salbungsvoll. Die Liebeleien seien eine dumme Geschichte und führten zu nichts. Dann empfand sie Gewissensbisse über die Jugend Zizis; wahrlich, sie hatte sich nicht anständig betragen. Sie wolle nun den besseren Weg betreten und einen Alten nehmen.
    Zoé, sagte sie der entzückten Kammerzofe, morgen früh packe die Koffer, wir kehren nach Paris zurück.
    Und sie schlief mit Muffat, allerdings ohne Vergnügen.
     

Siebentes Kapitel.
     
    Drei Monate später, an einem Dezemberabend, spazierte Graf Muffat in der Passage der Panoramen. Der Abend war sehr milde; ein Regenguß hatte eine Menge Leute in die Passage getrieben. Zwischen den Kaufläden drängte und schob sich die Menge; man kam nur langsam von der Stelle. Die verschiedenen Beleuchtungsmittel, weiße Kugeln, rote Lampen, ganze Reihen von Gasflammen schütteten Tageshelle über die lange Doppelreihe von Auslagen, in denen die Waren der Juweliere, der Zuckerbäcker, Modistinnen usw. ausgebreitet lagen. Weiter ragte ein

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