Naokos Laecheln
sind versiegelt«, rief Nagasawa, der inzwischen beim dritten Whiskey war. »Wenn der einmal beschlossen hat zu schweigen, ist nichts aus ihm rauszukriegen.«
»Wie schade.« Hatsumi schnitt ein kleines Stückchen von ihrer Pastete ab und führte es zum Mund. »Wir hätten uns so schön zu viert treffen können!«
»Ja, und uns betrinken können und die Partner tauschen.«
»Hör auf, so sonderbares Zeug zu reden.«
»Was heißt da sonderbar? Watanabe mag dich.«
»Das ist etwas ganz anderes«, sagte Hatsumi ruhig. »Er ist nicht so einer. Er ist ein ernsthafter, anständiger Mensch, das weiß ich. Darum hätte ich ihn auch gern mit einem Mädchen bekanntgemacht.«
»Trotzdem haben Watanabe und ich schon mal die Mädchen getauscht, stimmt’s oder hab ich recht?« sagte Nagasawa mit blasierter Miene, trank seinen Whiskey aus und bestellte einen neuen.
Hatsumi legte ihr Besteck nieder und tupfte sich mit der Serviette den Mund ab. »Ist das wahr?«
Da ich nicht wußte, was ich sagen sollte, schwieg ich.
»Erzähl’s ihr schon. Ist doch egal«, befahl Nagasawa. Langsam wurde es eklig. Manchmal wurde Nagasawa aggressiv, wenn er getrunken hatte. Das Dumme war, daß sich seine Aggressionen an diesem Abend gegen Hatsumi statt gegen mich richteten. Am liebsten hätte ich mich aus dem Staub gemacht.
»Ich würde die Geschichte gern hören. Scheint ja hochinteressant zu sein«, sagte Hatsumi.
»Wir waren betrunken.«
»Ist schon gut, Tōru. Ich mach dir doch keinen Vorwurf. Ich bin nur neugierig, was passiert ist.«
»Nagasawa und ich haben in einer Bar in Yotsuya was getrunken und uns mit zwei Mädchen angefreundet. Sie gingen auf eine Frauen-Uni und waren auch schon ziemlich blau. Am Ende sind wir in einem Hotel in der Nähe gelandet. Unsere Zimmer lagen direkt nebeneinander. Mitten in der Nacht hat Nagasawa an meine Tür geklopft und gefragt, ob wir die Mädchen tauschen könnten. Also ging ich in sein Zimmer und er kam in meines.«
»Und die Mädchen waren nicht sauer?«
»Sie waren so betrunken, daß ihnen alles egal war.«
»Es gab aber einen Grund«, sagte Nagasawa.
»Was für einen Grund?«
»Die beiden Mädchen waren zu verschieden. Die eine war hübsch und die andere reizlos. Das fand ich ungerecht – ich hatte die hübsche und Watanabe die häßliche. Deshalb haben wir getauscht. Stimmt’s nicht, Watanabe?«
»Doch, doch«, erwiderte ich. In Wirklichkeit aber hatte ich mich mit dem nicht hübschen Mädchen sehr gut verstanden. Ich konnte mich gut mit ihr unterhalten, und sie war ein nettes Ding. Nach dem Sex waren wir gerade dabei gewesen, es uns im Bett gemütlich zu machen und zu schwatzen, als Nagasawa auftauchte und tauschen wollte. Ich fragte sie, ob ihr das recht sei, und sie sagte ja. Wahrscheinlich glaubte sie, ich sei darauf aus, noch eine Nummer mit der Hübscheren schieben.
»Hat es denn Spaß gemacht?«
»Der Tausch?«
»Die ganze Sache.«
»Nicht sonderlich«, sagte ich. »Wir haben es eben einfach gemacht. Eigentlich habe ich keinen besonderen Spaß daran, auf diese Art mit Mädchen ins Bett zu gehen.«
»Und warum tust du’s dann?«
»Weil ich ihn dazu auffordere«, sagte Nagasawa.
»Ich habe Tōru gefragt«, fauchte ihn Hatsumi an. »Warum tust du so was?«
»Manchmal habe ich eben das dringende Bedürfnis, mit einem Mädchen zu schlafen.«
»Aber wenn du doch ein Mädchen hast, kannst du denn nicht mit ihr schlafen?« fragte Hatsumi nach kurzem Nachdenken.
»Das ist eine komplizierte Sache.«
Hatsumi seufzte.
Die Tür ging auf, und der Hauptgang – Ente für Nagasawa und Flußbarsch für Hatsumi und mich – wurde serviert. Nachdem die Kellner uns vorgelegt hatten, zogen sie sich zurück. Nagasawa säbelte sich ein Stück Ente ab, aß mit Appetit und trank Whiskey dazu. Ich nahm einen Happen Spinat, aber Hatsumi rührte ihr Essen nicht an.
»Weißt du, Tōru, ich habe ja keine Ahnung, warum deine Situation so ›kompliziert‹ ist, aber ich finde, diese Sauftouren passen nicht zu dir. Was meinst du?« Hatsumi legte die Hände auf den Tisch und sah mich an.
»Kann sein«, entgegnete ich. »Ich denke das manchmal selbst.«
»Warum hörst du dann nicht damit auf?«
»Manchmal sehne ich mich nach Wärme«, antwortete ich ehrlich. »Ohne die Wärme menschlicher Haut fühle ich mich oft unerträglich einsam.«
»Ich fasse zusammen, wie ich die Sache sehe«, unterbrach Nagasawa. »Watanabe hat ein Mädchen, aber aufgrund eines nicht näher spezifizierten Problems
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