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Naokos Laecheln

Naokos Laecheln

Titel: Naokos Laecheln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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haben wir uns das verdient. Meine Schwester wollte ein bißchen mit ihrem Freund ausspannen und ich mit meinem ein paar Tage verreisen und vögeln. Tschuldigung, ist mir so rausgerutscht.« Midori kniff die Lippen zusammen und kratzte sich am Ohr.
    »Macht nichts«, sagte ich. »Also seid ihr nach Nara gefahren.«
    »Ja, Nara hat mir schon immer gefallen.«
    »Und habt ihr?«
    »Kein einziges Mal«, stöhnte sie. »Kaum waren wir im Hotel und hatten das Gepäck abgestellt, kriegte ich meine Tage, daß es nur so rauschte.«
    Unwillkürlich mußte ich lachen.
    »Das ist überhaupt nicht zum Lachen. Eine Woche zu früh. Ich habt geheult wie verrückt. Das kam wahrscheinlich von dem ganzen Streß. Mein Freund wurde unheimlich stinkig. So ist er eben – aufbrausend. Aber schließlich konnte ich ja nichts dafür, ich habe ja schließlich nicht extra meine Tage bekommen. Bei mir ist es sowieso immer ziemlich schlimm, und an den ersten beiden Tagen hab ich zu nichts Lust. Da hält man sich besser von mir fern.«
    »Einverstanden, aber woher soll ich wissen, wann?« fragte ich.
    »Wie wär’s, wenn ich die ersten zwei oder drei Tage eine rote Mütze aufsetzen würde? Dann wüßtest du Bescheid.« Midori lachte. »Wenn du mich dann mit einer roten Mütze auf der Straße triffst, ergreifst du stehenden Fußes die Flucht.«
    »Wäre toll, wenn sich alle Frauen der Welt diese Methode zu eigen machen würden. Und was habt ihr ersatzweise in Nara unternommen?«
    »Was schon? Wir waren im Hirschpark, sind spazierengegangen und wieder heimgefahren. Grauenhaft. Wir hatten einen Riesenkrach, und seither habe ich ihn nicht mehr gesehen. Danach habe ich zwei, drei Tage in Tōkyō rumgehangen und beschlossen, mir allein eine nette Reise nach Aomori zu gönnen. Zwei Tage hab ich bei einer Freundin in Hirosaki übernachtet und anschließend eine kleine Rundreise nach Shimokita, Tappi und so gemacht. Es ist sehr schön da oben. Ich hab mal eine Landkartenbroschüre über die Gegend geschrieben. Warst du schon mal da?«
    »Nein.«
    »Jedenfalls«, sagte Midori, nahm einen Schluck von ihrem Tom Collins und schälte eine Pistazie, »habe ich die ganze Zeit an dich gedacht. Wie schön es wäre, wenn du dabei wärst.«
    »Warum?«
    »Wie ›warum‹?« Midori sah mich verständnislos an. »Was meinst du mit ›warum?‹«
    »Naja, warum du an mich gedacht hast.«
    »Weil ich dich gern habe. Darum! Aus welchem Grund denn sonst? Wer würde sich einen Menschen herbeiwünschen, den er nicht leiden kann?«
    »Aber du hast einen Freund, also brauchst du nicht an mich zu denken.« Langsam trank ich meinen Whiskey Soda.
    »Weil ich einen Freund habe, darf ich nicht an dich denken?«
    »Nein, so habe ich es ja gar nicht gemeint…«
    »Jetzt hör mir mal gut zu, Tōru.« Midori hielt mir ihren Zeigefinger unter die Nase. »Ich warne dich. In mir staut sich seit einem Monat alles mögliche an. Reize mich also nicht. Sonst fange ich an zu heulen, und wenn ich einmal angefangen habe, heule ich die ganze Nacht. Willst du das? Und wenn ich heule, werde ich zum Tier, ohne Rücksicht auf die Umgebung. Das kannst du mir glauben.«
    Ich nickte und hielt vorsichtshalber den Mund. Statt dessen bestellte ich noch einen Whiskey Soda und aß ein paar Pistazien. Zu den Schüttelgeräuschen eines Shakers, dem Klingen von Gläsern und dem Schaben einer Eismaschine sang Sarah Vaughn ein altes Liebeslied.
    »Seit dem Tampon-Zwischenfall hat sich unsere Beziehung sehr verschlechtert«, sagte Midori.
    »Dem Tampon-Zwischenfall?«
    »Hm. Vor etwa einem Monat waren wir mit fünf oder sechs seiner Freunde verabredet, und ich erzählte ihnen die Geschichte von einer Nachbarin, der bei einem heftigen Nieser der Tampon rausgeflutscht ist. Ist doch lustig, oder?«
    »Doch, eigentlich schon.« Ich mußte auch lachen.
    »Das fanden alle, außer meinem Freund. Der wurde wütend. Ich solle nicht so einen Dreck erzählen. Warum er nur so verklemmt ist?«
    »Hm«, machte ich.
    »Er ist wirklich ein netter Kerl, aber in dieser Hinsicht ist er total engstirnig. Es regt ihn schon auf, wenn ich etwas anderes als weiße Unterwäsche trage. Findest du das nicht auch engstirnig?«
    »Ist vielleicht Geschmackssache«, sagte ich diplomatisch. Insgeheim wunderte ich mich, daß so ein Typ sich ausgerechnet Midori zur Freundin erwählt hatte, doch diesen Gedanken behielt ich lieber für mich.
    »Und was hast du in der Zwischenzeit so gemacht?«
    »Nichts, das gleiche wie sonst.« Da fiel mir mein

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