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Naokos Laecheln

Naokos Laecheln

Titel: Naokos Laecheln Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haruki Murakami
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Wenigstens hab ich heute ein ganz süßes Höschen an – rosa mit Spitzen. Und mit Rüschen.«
    »Auch das noch«, seufzte ich. Ich rannte in mein Zimmer zurück, wusch mir in aller Eile das Gesicht und rasierte mich. Dann zog ich ein blaues Button-down-Hemd und ein graues Tweedjackett an, rannte wieder nach unten und bugsierte Midori unbeschadet zum Tor hinaus. Mir stand der kalte Schweiß auf der Stirn.
    »Sag mal, holen die sich hier alle gelegentlich einen runter?« fragte Midori mit einem Blick auf die Wohnheimfenster.
    »Wahrscheinlich.«
    »Und denken sie dabei immer an Frauen?«
    »So wird’s wohl sein. Jedenfalls bezweifle ich, daß einer dabei an die Börse, an Verbkonjugationen oder an den Suezkanal denkt. Eher schon an Frauen.«
    »An den Suezkanal?«
    »Das war nur ein Beispiel.«
    »Dann denken sie wohl an bestimmte Mädchen?«
    »Wär’s nicht besser, du würdest deinen Freund danach fragen?« sagte ich. »Warum muß ausgerechnet ich dir an einem Sonntagmorgen solches Zeug erklären?«
    »Es interessiert mich eben. Außerdem wird er sauer, wenn ich ihn so was frage. Er würde sagen, solche Fragen stellt ein Mädchen nicht.«
    »Eine ganz vernünftige Ansicht.«
    »Aber ich möchte es eben wissen. Aus reiner Neugier. Denken Männer beim Masturbieren an ein bestimmtes Mädchen?«
    »Ich glaube schon. Ich zumindest. Was die anderen machen, weiß ich nicht.«
    »Du, Tōru, hast du dabei schon mal an mich gedacht? Antworte ehrlich, ich bin auch nicht beleidigt.«
    »Ehrlich gesagt, nein.«
    »Warum nicht? Findest du mich nicht attraktiv?«
    »Doch, du bist sehr attraktiv und sehr hübsch. Und dieser sexy Look steht dir sehr gut.«
    »Und? Warum denkst du dann nicht an mich?«
    »Erstens betrachte ich dich als gute Freundin, und das möchte ich nicht mit meinen sexuellen Phantasien vermischen. Zweitens…«
    »Gibt es eine andere, an die du denken solltest.«
    »Genau so ist es.«
    »Sogar in solchen Dingen hast du gute Manieren«, sagte Midori. »Das mag ich so an dir. Trotzdem, könntest du mir nicht mal einen kurzen Auftritt gönnen? In deiner sexuellen Phantasie oder deinen Tagträumen? Ich käme gern darin vor. Ich bitte dich darum, weil wir Freunde sind. Zu wem könnte ich denn sonst sagen: Wenn du heute abend masturbierst, denk doch bitte mal kurz an mich? Und ich möchte, daß du mir danach erzählst, wie es war. Was du gemacht hast und so.«
    Ich stieß einen Seufzer aus.
    »Du darfst ihn aber nicht reinstecken. Weil wir bloß Freunde sind. Ja? Du kannst alles tun und denken, was du willst, nur reinstecken darfst du ihn nicht.«
    »Ich weiß nicht, mit so vielen Einschränkungen hab ich’s noch nie gemacht.«
    »Wirst du aber an mich denken?«
    »Na gut, ich denke an dich.«
    »Du, Tōru? Ich will nicht, daß du glaubst, ich bin nymphoman oder frustriert oder ich will dich provozieren. Ich interessiere mich nur so für diese Dinge, weil ich doch auf einer Mädchenschule war, immer nur unter Mädchen. Was denken Männer und wie funktionieren ihre Körper? Das möchte ich rauskriegen, und zwar nicht aus der Sonderbeilage einer Frauenzeitschrift. Ich muß Fallstudien betreiben.«
    Ich stöhnte auf. »Fallstudien?«
    »Aber wenn ich mal was wissen oder ausprobieren möchte, wird mein Freund sauer. Und nennt mich eine Nymphomanin oder nicht ganz richtig im Kopf. Nicht mal Fellatio läßt er mich machen. Dabei würde ich das so gern ausprobieren.«
    »Hmm«, machte ich.
    »Haßt du Fellatio auch?«
    »Nicht direkt.«
    »Würdest du sagen, du magst es?«
    »Ja, könnte man sagen. Aber könnten wir dieses Gespräch vielleicht ein anderes Mal fortsetzen? Es ist so ein schöner Sonntagmorgen, und wir sollten ihn nicht mit diesem ganzen Gerede über Onanie und Fellatio verderben. Laß uns über etwas anderes sprechen. Ist dein Freund auch auf unserer Uni?«
    »Nee, auf einer anderen. Kennengelernt haben wir uns bei einer Schulveranstaltung. Ich war auf einer Mädchenschule, er auf einer Jungenschule, die haben manches gemeinsam veranstaltet, Konzerte und so. Da sind wir uns begegnet. Aber richtig zusammen sind wir erst seit dem Schulabschluß. Du, Tōru?«
    »Was denn?«
    »Kannst du nicht wenigstens ein einziges Mal dabei an mich denken?«
    Ich warf das Handtuch. »Also gut, ich versuch’s demnächst.«
    Wir fuhren mit der Bahn nach Ochanomizu. Da ich noch nicht gefrühstückt hatte, kaufte ich, als wir in Shinjuku umstiegen, an einem Stand ein dünnes Sandwich und trank einen Kaffee dazu, der wie

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