Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
geglaubt, ich krieg es nicht mit, aber ich hab die Botschaft wohl verstanden. Eigentlich eine Frage. Gabriel, Nachtportier, bist du hetero oder homo?
Als würde es noch nicht reichen, dass die Leute mich angucken und sich fragen: Ist er nun braun oder gelb oder weiß oder was?
Wie schon erwähnt, es kümmert mich nicht groß, in welche Schublade mich die Leute stecken wollen, meinen Musikgeschmack ausgenommen. Aber fürs Protokoll: Vater von der helleren Seite des schwarzen Kontinents, Mutter aus dem Land der Mitternachtssonne mit einem Umweg über das Land der aufgehenden Sonne. Hetero.
War es nett oder gemein oder keins von beiden, als ich zugelassen habe, dass Ely mit mir flirtet, während du in diesen langen Sommerwochen deinen sterbenden Großvater besucht hast? Mitten in der Nacht hier mit Ely herumzuhängen war, als würde ich dich betrügen, aber nur um dich besser kennenzulernen, bevor ich loslegen konnte. Wenn Ely von dir erzählt hat, von dem Leben, das ihr miteinander geteilt habt, als ihr zusammen aufgewachsen seid, hab ich mir immer ausgemalt, ihr wärt so etwas wie eine androgyne Eloise im Plaza, mit jedem düsteren Korridor vertraut, mit allen Vorlieben der Bewohner, mit jedem Geheimnis. Ich wollte dein Herz mithilfe seiner Erinnerungen durchstöbern.
I wish that you were here with me to pass the dull weekend.
Ely hat das dauernd vor sich hingesungen, als du weg warst. Wenn er spät nachts noch allein bei mir in der Eingangshalle rumhing, nachdem er mit seinen Freunden durch die Clubs gezogen war. Er hat dich damit gemeint, nicht mich. Das war immer klar.
Natürlich wollte er was von mir, einfach mal probieren. Ein Portier wird nicht betrunken absichtlich-unabsichtlich bei den Briefkästen angerempelt oder um drei Uhr früh angerufen, um eine flackernde Glühbirne im Flur auszuwechseln, und denkt sich dabei nicht seinen Teil. Aber weiter ist Ely nie gegangen. Er hat mich nie direkt angemacht. Das solltest du wissen.
Hast du eine Ahnung, warum eine schottische Band einen Song über einen New Yorker Baseballspieler schreibt? Ich bin etwas beunruhigt. Ich hab das Gefühl, da könnte womöglich eine schottische Invasion der USA im Gange sein (unter Enthaltung von England und Wales). Belle and Sebastian sind Teil der Vorhut.
Achtung! Alarmbereitschaft!
Stück Nummer 4 The Jam: »The Bitterest Pill (I Ever Had to Swallow)«
Dieser Song ist für dich und Ely, mich und Lisa.
Du und ich, wir wissen beide, was es heißt, die bittere Pille schlucken zu müssen, die Leute wie Ely und Lisa uns verabreicht haben. Wir wissen beide, wie es sich anfühlt, vor Liebeskummer fast zu vergehen, weil man die Elys und Lisas auf dieser Welt liebt, die einen nicht so zurücklieben, wie man selbst sie liebt. Der bittersüße Nachgeschmack dieser Pillen ist nicht, dass sie dich nicht auf dieselbe Weise zurücklieben können. Sie wollen es einfach nicht. Sie wollen in ihren Köpfen diese Möglichkeit nicht zulassen. Sie wollen ihre Vorstellungen von Liebe nicht über die Grenzen ihrer eigenen Vorurteile hinaus ausdehnen - Geschlecht, Alter... (hier bitte endlos weitere willkürliche und unfaire Gründe einsetzen).
The love I gave hangs in sad-colored, mocking shadows.
Ätzend.
Stück Nummer 5 Fiona Apple: »Criminal«
Dieser Song ist für Bruce den Ersten.
Naomi, du warst wirklich ein böses, böses Mädchen. Du bist grob fahrlässig mit einem empfindsamenJungen umgesprungen.
Ich kenne dich eigentlich überhaupt nicht, aber ich habe das Gefühl, als könnte ich dir vielleicht vertrauen. Ich muss wohl der Meinung sein, dass jemand, der so viel lügt wie du, am Ende doch das Richtige tut - und sei es nur deshalb, weil du für dich schon sehr genau sortiert hast, was echt ist und was nicht. Ich weiß, dass du den Unterschied kennst.
Ich vertraue darauf, dass du diesem Jungen nicht einfach nur deswegen das Herz brichst, weil du es kannst.
Stück Nummer 6 Nada Surf: »Blizzard of ’77«
Dieser Song ist für meine Eltern.
Mein Vater war fünf Jahre alt, als er das erste Mal Schnee gesehen hat. Er war gerade erst in die USA gekommen. Es hatte in der Nacht einen Schneesturm gegeben, und als er am Morgen aufwachte, konnte er nicht mehr aus dem Fenster sehen. Erst als sein eigener Vater ihn auf die Schultern nahm, konnte er die unendliche weiße Fläche vor dem Haus überblicken. Der Schnee war höher als er selbst - mein Vater hatte Angst, dass der Schnee ihn ganz verschlucken würde, sobald er sich hineinwagte.
Weitere Kostenlose Bücher