Naomi & Ely - die Freundschaft, die Liebe und alles dazwischen
war ein Meilenstein erreicht. Nachdem ihre Freundschaft ihren absoluten Tiefpunkt erreicht hatte, nachdem sie sich die K.o.-Szene vor den Briefkästen geliefert hatten, wurde es richtig hässlich. Er hat danach noch einen Schritt auf sie zugemacht und ihr geschrieben: Hast du mir nicht noch was zu sagen? Die Antwort kam zwei Tage später:
Nein.
Da beschloss er, dass er ihr auch nichts mehr zu sagen hatte. Sie hatten einander nichts mehr zu sagen. Und so war es dann auch. Sie redeten nicht mehr miteinander.
Ely schwört hoch und heilig, dass das alles nichts mit mir zu tun hat, dass ihre Freundschaft viel zu wichtig gewesen sei, um wegen einem Jungen zu enden.
Ich hoffe, dass das stimmt.
Ich glaube es nicht.
Ich habe selbst versucht, mit Naomi zu reden. Sie ist nie rangegangen. Ich habe ihr auf die Mailbox gesprochen. Dass es mir leidtut, aber dass es zwischen uns nie richtig funktioniert hat. Dass ich das nicht gewollt hätte, aber es sei nun mal passiert und ich habe es tun müssen. Meine Entschuldigungen haben wahrscheinlich länger als unsere Beziehung gedauert. Die wenigen Male, die wir uns danach noch begegnet sind - zum Beispiel beim Bingo -, hat sie mich behandelt, als wäre ich für sie unsichtbar geworden, genauso wie Ely. Als wäre ich ein bloßes Anhängsel von ihm und mit ihm zusammen aus ihrer Gefühlswelt für immer verbannt.
Die »Schnupperkurs!«-Ausstellung ist nicht so überfüllt, wie wir befürchtet hatten. Am Eingang steht eine riesige Nase, durch deren Nasenlöcher man die Räume betritt. Obwohl die Leute um uns herum so ernst tun, als wären sie Geruchsprofessoren oder Nasenspezialisten, führen wir uns auf wie achtjährige Nasenpopel-Fetischisten.
»Ene mene Mopel, ich ess so gerne Popel!«, ruft Ely.
»Die sind so süß und saftig!«, rufe ich.
»Da wird man groß und kraftig!«, rufen wir beide.
Wir spielen mit einem überdimensionierten Flimmerhärchen und schlüpfen danach durch die Nasennebenhöhlen. Als wir wieder draußen sind, zieht mich Ely beiseite und sieht mich forschend an.
»Ich hab eine Frage«, sagt er und berührt mich dabei leicht am Arm. Die Geste ist das genaue Gegenteil von dem Bingo-Kuss. Unter dem Schein einer leuchtenden Schleimhaut mache ich mich darauf gefasst, was wohl als Nächstes kommen wird.
»Du musst mir nicht antworten, wenn du nicht willst«, fährt er fort, kommt noch näher heran und schaut mir tief in die Augen. »Aber ich... ich möchte gerne wissen... ob du... ob du mich auch lieben würdest... wenn mein Name Hans Glans wäre?«
Ich kann nicht anders, für mich ist alles zu spät, ich sage: »Ich würde dich sogar lieben, wenn dein Name Hanna Glandula wäre. Ich würde dich sogar lieben, wenn dein Name Unkel Furunkel wäre, von deinem anderen großen Schwellkörper mal ganz abgesehen.«
»Im Ernst?«, fragt er.
»Im Ernst«, sage ich.
So läuft das bei mir, so läuft das zwischen uns: auf unernste Weise ernst sein.
Und doch... liegt der wirkliche Ernst noch viel tiefer.
Der nächste Raum ist voller Duftproben und es wird lang und breit die Parfümherstellung erklärt. Es verstört mich etwas, als ich lese, was Ambra wirklich ist, aber ich komm schnell drüber weg. Dann stehen wir vor den Geruchsmasken, wo man seine Nase hineinstecken und verschiedene Gerüche einatmen kann. Alles andere ist ausgeblendet, so ähnlich, wie wenn man Kopfhörer aufgesetzt hat. Ich teste ein paar Gerüche und mir widerfährt das intensivste, stärkste Mandelerlebnis meines Lebens, jeder Mandelgeschmack auf der Zunge eingeschlossen. Dann wähle ich blödsinnigerweise Kaffee und kann den Morgen nicht mehr verdrängen. Der Morgen ist wieder da, und ich kann nicht ausblenden, was es für mich bedeutet.
Ich muss zu lange an der Kaffeemaske stehen geblieben sein, denn ich spüre Elys Hand auf meiner Schulter und höre ihn sagen: »Hey, sei vorsichtig - zu viel davon, und du kannst heute Nacht nicht schlafen.«
Ich ziehe meine Nase heraus. Aber auch wenn der Geruch sich danach verflüchtigt, die Gedanken tun es nicht. Irgendwie kreuzen wir uns beide, Ely und ich, denn er merkt was, und obwohl er nicht fragt: »Was ist los mit dir?«, spürt er sehr wohl, dass mit mir irgendetwas nicht in Ordnung ist, und er wird mich nicht in Ruhe lassen oder es wird ihm keine Ruhe lassen, bis er weiß, was vorgefallen ist.
Deshalb sage ich zu ihm: »Ich glaube, jetzt ist es raus. Heute Morgen mit meiner Mutter. Kann sein, dass das mein Outing war.«
Warum hatte ich eigentlich
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