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Narben

Narben

Titel: Narben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ihn auskundschaften wollen, kann ich mir anhören, was er zu sagen hat, und Ihnen dann berichten.«
    »Glauben Sie mir, ich bin nicht auf eine Begegnung mit ihm aus, aber wenn ich Sie als meinen Vertreter vorschicke, legt er mir das bestimmt wieder als Schwäche aus.«
    »Er weiß sowieso, daß ich mich um Sie kümmere. Und warum sollen wir uns überhaupt darum scheren, was er denkt?«
    »Das stimmt auch wieder. Nein, am besten, ich habe gar nichts mit ihm zu tun, weder direkt noch indirekt.«
    Auf dem Weg ins Haus änderte sie ihre Meinung.
    »Nein, vielleicht bin ich zu unflexibel. Eigentlich sollten Sie ihn doch aufsuchen, wenn Sie denken, es könnte etwas dabei herauskommen.«
    »Das kann ich nicht versprechen.«
    »Sind Sie nicht darauf gespannt, dem großen Dichter gegenüberzusitzen?«
    »Ich bin gespannt darauf, jemanden kennenzulernen, der so destruktiv ist.«
    »Als Studienobjekt meinen Sie?«
    Das meinte ich nicht, aber ich ließ sie weiterreden.
    »Nehmen Sie ihn unter die Lupe. Ich werde mich in der Zwischenzeit entspannen und versuchen, mich mit meinem Unterbewußtsein anzufreunden.«
    Ich war überrascht, Ruth und Bully zu Hause vorzufinden.
    »Die Elektriker sind nicht gekommen«, erklärte sie, »ihr Wagen ist liegengeblieben. Die Verputzer habe ich dann allein gelassen, weil ich dachte, ich könnte hier etwas arbeiten. Und danach könnten wir vielleicht ausgehen.«
    Sie legte ihren Kopf an meine Brust. »Wir sehen so wenig voneinander, in letzter Zeit.«
    »Wenn alles vorbei ist, werden wir uns für eine Weile verdrücken.«
    »Und wohin?«
    »Auf eine einsame Insel ohne Telefon und Fernsehen.«
    Ich spürte etwas an meinen Knöcheln. Bully glotzte an uns hoch und grunzte.
    »Aber mit Klimaanlage, damit es unserem Stinker nicht zu warm wird«, fügte ich schnell hinzu.
    Ruth lachte und beugte sich zu Bully hinunter. Er ächzte, rollte sich auf den Rücken und bot seinen Bierbauch zum Kraulen dar. Ruth kratzte ihn, und er brummte vor Wohlbehagen.
    Wenn nur alles so einfach wäre…

22
    Am selben Abend um halb zehn wurde es wieder kompliziert. Wir schauten uns einen schlechten alten Film an und lachten über die Dialoge, als das Telefon summte. »Ich habe hier jemanden, den du vielleicht treffen möchtest«, sagte Milo. »Wir sind ganz in der Nähe.«
    Er gab mir eine Adresse in Paradise Cove. »Eine Wohnwagensiedlung, nicht weit vom Sand Dollar.«
    »Da bist du jetzt?«
    »Genaugenommen bin ich in der Bar im Sand Dollar. Ich störe doch nicht?«
    Ruth setzte sich auf und flüsterte: »Ein Patient?«
    »Nein, es ist Milo. Er möchte mich mit jemandem bekannt machen.«
    »Jetzt sofort?« Ich nickte.
    »Dann verschwinde schon. Aber denk daran: Auf unserer Insel gibt es kein Telefon.«
    Die Straße zum Cove hinunter war unbeleuchtet. Hinter dem Sand Dollar erstreckte sich der Ozean wie eine schwarze Vinylplatte. Der Parkplatz war fast leer. Die Leuchtreklame schien frei in der Luft zu schweben.
    Ich bog rechts ab und fuhr eine kurze, steile Auffahrt zu den Wohnwagen hinauf. Ich sah Milos weißen Porsche und parkte daneben.
    Die Wohnwagen waren in einer Weise numeriert, die jeder Logik widersprach, deshalb dauerte es eine Weile, bis ich die Adresse fand, die Milo mir gegeben hatte. Sie gehörte zu einem weißen Happy Tourister mit Aluminiumverkleidung. Unter dem Vordach standen ein Holzkohlegrill und eine Reihe Blumenkübel.
    Ich klopfte, und Milo öffnete die Tür. Hinter ihm stand eine kleine, kräftige Frau Mitte Sechzig mit zobelblauen Dauerwellen.
    In ihrem kleinen, runden Gesicht steckten dunkle, schlaue Augen. Die Brille hing ihr an einer Kette um den Hals.
    Milo stellte uns vor. »Mrs. Barnard: Dr. Delaware, unser psychologischer Berater. Doktor: Mrs. Maureen Barnard.«
    »Mo Barnard«, sagte die Frau, während wir uns die Hände schüttelten.
    »Mo war mit Felix Barnard verheiratet«, erklärte Milo.
    Die Frau bestätigte die Verwandtschaft mit einem traurigen Nicken und führte uns in die Wohnecke, wo zwischen Fichtenmöbeln, goldenen Teppichen und weiß-goldenen Sitzmöbeln ein riesiger Fernseher thronte. Alles war makellos sauber und aufgeräumt.
    Mo Barnard setzte sich in einen Lehnsessel, Milo und ich teilten uns die Couch. Die Decke war sehr niedrig, und Milos massige Gestalt ließ den Raum noch kleiner erscheinen, als er in Wirklichkeit war. Auf dem Kaffeetisch stand eine Schale mit Karamelbonbons, aus der Milo sich auf Mos Einladung hin bediente.
    »Dr. Delaware hat uns erst auf den Fall

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